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Schattenschmerz

Schattenschmerz

Titel: Schattenschmerz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rose Gerdts
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Die beiden Brüder waren deshalb so sehr auf der Hut, bloß niemandem aufzufallen. Vor allem nicht der Polizei.»
    «Wir müssen Farids Wohnung und seine Sachen in Hamburg durchsuchen», warf Steenhoff ein.
    «Das haben wir gestern noch veranlasst», erwiderte Jan Schneider eilig. «Aber bei der ersten Durchsicht der Hamburger Kollegen ist nichts Verdächtiges zutage gekommen. Wenn du einverstanden bist, könnte Hans nach der Besprechung hinfahren und die Sachen noch mal sichten.»
    Steenhoff nickte anerkennend. Jan Schneider würde eines Tages eine wichtige Rolle in der Mordkommission spielen. Der hoch aufgeschossene Mann konnte schnell denken, einen komplizierten Sachverhalt präzise analysieren, und er scheute sich anderseits auch nicht davor, sich im entscheidenden Moment auf sein Bauchgefühl zu verlassen.
    «Wenn bei Farids Vernehmung heute Morgen nichts Überraschendes herauskommt, müssen wir ihn wohl laufenlassen», kündigte Steenhoff an. «Im Augenblick spricht viel für und wenig gegen ihn. Das heißt für uns aber auch, dass wir nach neuen Anknüpfungspunkten suchen müssen.»
    Er sah sich in der Runde um. Die Gesichter der Kollegen wirkten ernst und erschöpft zugleich. Das Feuer, das sich gestern noch in ihnen widergespiegelt hatte, als die niedersächsischen Fachleute mit dem IMSI -Catcher ins Präsidium kamen, war verschwunden.
    ‹Wir haben auf die falsche Fährte gesetzt›, dachte er müde.
    Es war die erste Sackgasse, in die sie gelaufen waren. Weitere würden folgen, das ahnte er. Wie so oft, wenn ein Tötungsdelikt nicht in den ersten 24 Stunden geklärt werden konnte. In solchen Fällen brauchte es viel Geduld und Hartnäckigkeit.
    Vergeblich suchte Steenhoff beides in sich. Vielmehr fühlte er sich nach sechs Tagen permanenter Anspannung vollkommen kraftlos. Die Befürchtung, dass die Täter weitermachen würden, erhöhte den Druck. Am liebsten wäre er nach Hause gefahren, hätte sich in sein Zimmer zurückgezogen und Saxophon gespielt. Doch stattdessen sagte er mit gespieltem Elan: «Okay, Leute. Also alles zurück auf Los. Lasst uns Ideen sammeln. Wo können wir weitermachen?»
    Er versuchte, so viel Zuversicht wie möglich in seine Stimme zu legen. Mit forschen Schritten ging er an die Flip-Chart und sah seine Kollegen der Reihe nach an.
    An Petersen blieb sein Blick hängen. Ihr konnte er nichts vormachen. Sie wusste genau, wie ihm zumute war. Vielleicht war das der Grund, warum sie sofort den Ball aufnahm.
    «Der Täter oder die Täter haben uns eine Menge Dinge am Tatort zurückgelassen», begann sie. «Sobald wir von den Kriminaltechnikern erfahren, wie die selbstgebaute Sprengfalle aufgebaut ist, ergeben sich daraus vermutlich neue Ermittlungsansätze. Falls der Sprengstoff nicht selbst zusammengemischt wurde, sollten wir die typischen Unternehmen systematisch abklappern und fragen, ob bei ihnen eingebrochen wurde.»
    «Typische Unternehmen?», fragte Frederike Balzer skeptisch nach.
    «Ja, ich denke da ans Technische Hilfswerk, an Firmen, die für Wrackbeseitigung zuständig sind, nautische Betriebe oder Bergbauunternehmen», erwiderte Petersen.
    Frederike Balzer runzelte die Stirn.
    «Der Bericht der Kriminaltechnik soll heute Nachmittag fertig sein», warf Steenhoff ein. «Wie weit seid ihr denn mit der Herkunft der Landmine aus dem Park gekommen?», wandte er sich an zwei jüngere Beamte in der Sonderkommission.
    «Wir telefonieren seit Tagen alle denkbaren Stellen ab», antwortete einer der Männer.
    «Aber es gibt unzählige Hilfsorganisationen und Institutionen, die in Frage kommen und ihre Mitarbeiter mit Sprengfallen und Minen in Krisengebieten vertraut machen», warf der andere ein. «Die wenigsten greifen bei ihren Schulungen jedoch auf echtes Anschauungsmaterial zurück. Viele behelfen sich mit Film- und Fotomaterial.»
    «Welche Region habt ihr bislang abgedeckt?»
    «Den größten Teil Norddeutschlands.»
    «Das reicht nicht», sagte Steenhoff bestimmt. «Ich werde euch noch zwei Leute geben, die euch bei der Arbeit unterstützen.»
    Die beiden nickten erleichtert.
     
    Nach der Besprechung fuhren Frederike Balzer und Jan Schneider ins Krankenhaus, um Motjaba mit Hilfe eines Dolmetschers zu befragen.
    Petersen und Steenhoff wollten ihr Glück erneut mit Farid versuchen.
    Farid wurde an der Seite eines stadtbekannten Strafrechtlers ins Zimmer geführt. Der Jurist war Ende 40, wirkte aber mit seinen früh ergrauten Haaren deutlich älter. Um seine Augen schien stets ein

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