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Schattenschwingen Bd. 1 Schattenschwingen

Schattenschwingen Bd. 1 Schattenschwingen

Titel: Schattenschwingen Bd. 1 Schattenschwingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
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umzusetzen. Das konnte ich nicht zulassen, auf keinen Fall.
    »Mila, wo zum Teufel willst du denn hin?« Ranuken streckte die Hand nach mir aus und ich wich ihm geschickt aus, was ihn nur lauter fluchen ließ. »Da kannst du nichts ausrichten, ich flieg da jetzt rein, verstanden!«
    Nein, ganz und gar nicht. Das war mein Sam, den dieser Asami verstümmeln wollte. Ich stürmte mit dem festen Willen los, mir einen Weg durch diesen Wahnsinn zu kämpfen, doch es gelang mir gerade einmal, die Bäume hinter mir zu lassen, als unvermittelt ein Körperloser vor mir auftauchte und mich aus leeren Augenhöhlen anstarrte. Fast wäre ich in dieses schemenhafte Wesen hineingelaufen, doch ich bremste im letzten Moment ab und stürzte. Ich muss zu Sam!, dachte ich noch. Dann war alles wie mit einem Fingerschnipsen ausgeknipst.
    Um mich herum wurde es vollkommen schwarz, weich und angenehm. Kein Geräusch vermochte die bleierne Stille, die mich umfing, zu durchdringen. Die Zeit schien sich auszudehnen, während ich in Finsternis schwebte oder vielleicht auch fiel - ich konnte es nicht sagen. Warum auch? Hier war nichts von Bedeutung, nur der tiefe Schlaf, der mich einlullte. Die Sorgen und die Wut, die eben noch mein Herz zum Rasen gebracht hatten, waren fort und hatten nicht einmal eine Spur hinterlassen. Ich trieb dahin, ohnmächtig und ausgeliefert. Und so bemerkte ich auch nicht, wie sich die ersten Schatten in die mich umgebende Finsternis hineinschlichen, wie sie Weiß ins Schwarz mischten, wenn auch kaum sichtbar. Sie umtanzten mich wie Schemen, die man nur aus den Augenwinkeln wahrnimmt, und machten mich schwindelig, bis ich nur noch samtene Schwerelosigkeit um mich herum fühlte.
    Dann war ER da. ER flüsterte mit Worten auf mich ein, die ich nicht verstand, aber ich konnte mich auch nicht gegen seine Verführung wehren. ER umringte mich mit seinen Schattenhänden, wand sich so eng um mich, dass ich glaubte, jeden Moment mit ihm zu verschmelzen.
    Auch wenn es unmöglich war, so kannte ich ihn doch, diesen Namenlosen, hatte seine Berührung bereits gespürt, wenn auch nur flüchtig. Damals, als ER schon einmal nach mir gegriffen und Sam mich von ihm befreit hatte. In meinen Albträumen und bei dem Bild, das ich von Sam gemalt hatte, als er fort war. Nun beherrschte ER mich und ich fand nicht den Willen, mich gegen ihn zu wehren. Warum überhaupt sich wehren? Was war verkehrt daran, im Schatten gefangen zu sein, sich darin zu verlieren? Unter seiner Berührung verwandelte ich mich in ein Gefäß, das zum ersten Mal gefüllt wurde. Energie durchflutete mich, jene klebrige unheilvolle Energie, die die Körperlosen umgab. Und doch wohnte ihr etwas Vertrautes inne, etwas, das tief in meinem Unterbewusstsein die Erinnerung an Sam weckte. Bevor die Energie mich jedoch zerreißen konnte, entlud sie sich wie ein Gewitter, trieb von mir fort und alles Dunkel wurde wieder in Helles getaucht. Aufgelöst in reines Weiß. Nein, nicht alles: Für den Bruchteil eines Herzschlags sah ich noch zwei dunkelgraue Augen, die auf mich gerichtet waren, eindringlich und voller beunruhigender Vorfreude, bevor das Licht sie bannte.
    Mit einem Angstschrei auf den Lippen kam ich zu mir, ausgestreckt auf dem Waldboden liegend, im Hinterkopf ein grauenhaftes Pochen. Da, wo ich aufgeschlagen war, vermutlich auf einem Stein. Obwohl mein Körper mich unmissverständlich aufforderte, liegen zu bleiben, richtete ich mich auf und wurde prompt mit Übelkeit und einem noch schlimmeren Pochen belohnt. Zu meiner Verwunderung war der Kampfeslärm, der mir vor meinem Sturz noch in den Ohren geklungen hatte, vollkommen verebbt. Auf dem Platz vor der Ruine herrschte Stille, nur ein schwaches Keuchen drang mir in die Ohren. Das war wohl mein eigenes. Widerwillig öffnete ich die Augen, davon überzeugt, den Blick vor Schmerzen bestimmt nicht scharf stellen zu können. Doch vor meinen Augen zeichnete sich alles ausgesprochen klar ab. Trotzdem blinzelte ich einige Male, weil ich kaum glauben konnte, was ich da sah.
    Von den Körperlosen, die den Waldrand gesäumt hatten, war keine Spur mehr zu sehen. Der ganze Hof war übersät mit regungslosen Schattenschwingen, die in einem Knäuel übereinander lagen, als wären sie nichts anderes als Marionetten, deren Bänder mit einem Schlag durchgeschnitten worden waren. Von dem Strahlen, das eben noch eine jede von ihnen umgeben hatte, war nur noch ein schwacher Abglanz zu entdecken. Nicht weit von mir entfernt konnte ich Shirin

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