Schattenschwingen Bd. 1 Schattenschwingen
überhaupt packte - Freund oder Feind. Ich wurde regelrecht begraben unter einem Haufen Leiber, Schattenschwingen, die versuchten, mich zu fassen - um mich zu befreien oder zu attackieren, konnte ich nicht sagen, das Chaos war zu groß. Ich schrie vor Wut und schlug um mich, aber es gelang mir nicht, mich zu befreien. Vielmehr erhielt ich einen brutalen Schlag in den Nacken, dass schwarze Flecken vor meinen Augen tanzten.
Als ich wieder zu mir kam, lag ich mit dem Gesicht auf dem Boden, einen festen Druck zwischen meinen Schulterblättern, vermutlich von einem Knie, während um mich herum ohrenbetäubender Kampfeslärm herrschte. Mein Kopf wurde an den Haaren hochgerissen und ich blickte einem vor mir knienden Asami ins Gesicht, der aus einer Platzwunde auf seiner Wange blutete und dessen Haar ihm nun offen und zerzaust über die Schultern hing, sodass die Spitzen den Boden berührten. Seine Schwingen hatte er ausgebreitet wie einen schwarzen Schutzwall, den allem Anschein nach auch niemand durchdringen konnte. In der Hand hielt Asami nicht länger das Schwert, sondern eine Klinge, die so lang war wie mein Unterarm und ebenfalls bernsteinfarben schimmerte.
»Das alles hast du dir selbst zu zuzuschreiben«, knurrte er mich an. »Lass ihn auf keinen Fall hochkommen, Jason«, sagte er dann zu der Schattenschwinge, die auf meinem Rücken saß, woraufhin diese den Druck so sehr verstärkte, dass mein Schmerzensschrei im sandigen Grund erstickte.
Unterdessen zwang Asami meinen rechten Arm zur Seite und setzte die Klinge an, die mühelos durch das Leder meiner Armschiene glitt. Der Schmerz, als sie mein Fleisch zerschnitt, war nichts im Vergleich zu dem, was Asami mir noch anzutun gedachte. Was mein Vater nicht vollbracht hatte, würde diese verbohrte Schattenschwinge nun zu Ende führen. Voller Verzweiflung spannte ich jeden einzelnen Muskel in meinem Körper an, aber es gelang mir nicht, Asamis festem Griff etwas entgegenzusetzen. Selbst als ein Fallender gegen seine ausgebreiteten Schwingen prallte, ließ er nicht eine Sekunde nach. Die Armschiene wurde fortgerissen und mein Arm so gedreht, dass die gezeichnete Seite zuoberst lag.
Mit aller Kraft wandte ich mich um, damit ich das Schrecklichste, das ich mir vorstellen konnte, auch sah. Wie die raue Erde mir dabei die Haut zerkratzte, bemerkte ich mittlerweile ebenso wenig wie das Knie in meinem Rücken oder die blutende Wunde an meinem Arm. Asami brauchte nur einmal mit der Klinge ausholen, und mit einem Schnitt wäre der Bannspruch vollendet, der mir meine Freiheit für alle Zeit rauben würde.
Ich sah noch, wie die Klinge im richtigen Winkel angesetzt wurde, doch da verharrte sie, einen Hauch über meiner Haut. Erst jetzt bemerkte ich, dass rundherum Stille eingekehrt war. Jene Stille, die eintritt, bevor ein Blitz den Nachthimmel zerreißt.
Der Druck in meinem Rücken ließ erst nach, dann verschwand er vollends. Ich zögerte keine Sekunde und stemmte mich auf die Beine. Keuchend taumelte ich von Asami weg, der sich ebenfalls aufgerichtet hatte, die Klinge vergessen in der Hand haltend. Ich wollte schon nach ihr greifen, da schlug eine Art mentaler Blitz in meinen Kopf ein, brutaler, als ein echter es je vermocht hätte. Es war Mila! Ich konnte sie spüren bis in den entferntesten Winkel meines Ichs hinein, als wäre sie eine Schattenschwinge mit der Fähigkeit, mich über ihre Aura zu berühren. Mit der Macht, mich und alle anderen zu verletzen. Dabei war mir die Energie, die sie gebrauchte, mehr als vertraut, denn es war meine eigene - jene Kraft, die mir die Körperlosen erst vor wenigen Momenten geraubt hatten.
Während ich auf die Knie sank, durchflutete mich eine Erkenntnis: Diese Gewalttat kam nicht wirklich von Mila, sie wurde von jemandem benutzt, um die Macht der Körperlosen zu bündeln. Jemand, der wusste wie man ihnen die Energie, die sie aus mir gesogen hatten, raubte. Jemand, der sich mit der Magie der Schattenschwingen auf eine Art auskannte, wie sie seit dem Krieg gewiss in Vergessenheit geraten war. Dann wurde mein Geist von Schatten umschlungen und fortgerissen.
32
Schattenhände
Mila
In dem Moment, als Ranuken mich am Rand des Fichtenwaldes absetzte, stieß ich seine Arme, die mich fest umschlungen hielten, beiseite. Zwar sah ich auf dem Hof vor der Ruine nichts anderes als ein undurchdringliches Wirrwarr aus Kämpfenden, doch ich wusste nur allzu gut, dass im Herzen dieses Tumults Asami gerade dabei war, seinen grausamen Plan in die Tat
Weitere Kostenlose Bücher