Schattenschwingen - Die dunkle Seite der Liebe - Heitmann, T: Schattenschwingen - Die dunkle Seite der Liebe
Verhalten trug sicherlich zu ihrer Verstörung bei. Vielleicht hatte aber auch der Anblick des Rings alte Enttäuschungen wieder zum Leben erweckt. Denn genau so einen Ring hatte Shirin sich von ganzem Herzen von Ask gewünscht und niemals bekommen.
Der Nachdruck, mit dem Shirin eine Antwort einforderte, schien Nikolai zu verwundern, denn er zuckte beschwichtigend mit den Schultern. »Ich habe den Ring auf einem Eiland draußen auf dem Meer entdeckt und Samuel die Stelle gezeigt, weil ich ihm einen Gefallen tun wollte. Jemand hatte dort vor langer Zeit eine romantische Überraschung geplant, die dann niemals eingelöst worden ist. Das heißt: Zu guter Letzt ist sie doch eingelöst worden, nur auf andere Weise, als ursprünglich geplant. Ich habe mir so gewünscht, dass Mila diesen Ring trägt.«
Nikolai hielt abrupt inne, als wisse er nicht weiter, als hoffe er auf eine Stimme, die ihm soufflierte. Und eine Erklärung war bitter nötig, wenn man Kastors eisige Miene bedachte. Sollte Nikolai nicht gleich etwas Sinnvolles hervorbringen, würde der ansonsten stets beherrschte Grieche die Geduld verlieren. Ich hegte keinen Zweifel daran, dass die Standpauke auch ohne Stimmeinsatz beeindruckend ausfallen würde.
Doch so weit kam es nicht, denn Nikolai nickte unmerklich und sagte dann: »Es fällt mir schwer, Samuels alleinigen Besitzanspruch auf Mila zu akzeptieren, wo ich mich ihr durch den Ring auch in gewisser Weise verbunden fühle. Schließlich habe ich ihn entdeckt.« Er lächelte einnehmend, wobei er jedoch niemanden direkt anblickte. »Und dann sind da noch die Nachwehen meines langen Schlafs.
Ich habe mich immer noch nicht an das Hier und Jetzt gewöhnt. Die machtvolle Verbundenheit, die der Ring zwischen Mensch und Schattenschwinge schafft, ist da schlicht zu verlockend. Anders kann ich mir mein Verlangen nicht erklären.«
Obwohl Nikolais Blick hinter dem dichten Wimpernkranz verborgen lag, glaubte ich, echte Verwirrung darin auszumachen. Ja, bei diesem Auf und Ab, das er an den Tag legte, konnte einem schon schwindelig werden. Warum sollte es ihm da besser als uns anderen ergehen?
Auch Kastor war anzumerken, dass ihm Nikolais Verhalten ein Rätsel war, trotzdem ließ er diesen Erklärungsversuch für sich stehen. Mit gerunzelter Stirn blickte er zu Shirin, die immer noch einen aufgelösten Eindruck machte. Sogar ihre Lippen hatten alle Farbe verloren. Trotzdem nickte sie Kastor bekräftigend zu.
»Mach dir keine Sorgen. Ich werde tun, worum du mich gebeten hast, und mich um Nikolai kümmern, während du nach Samuel siehst. Das, was ihr entdeckt habt, kann solange warten. Ehrlich gestanden, fürchte ich mich vor dem Eintritt in die Sphäre. Wenn meine Auszeit also noch einen Moment andauert, soll mir das nur recht sein. Sowohl Nikolai als auch Mila sind bei mir in guten Händen. Lass dir Zeit mit Samuel. Wir brauchen ihn jetzt mehr als je zuvor. «
Kastor senkte den Kopf, als jagten ihm so viele Sorgen hindurch, dass dieser ganz schwer wurde. Dann richtete er sich auf und blinzelte mir freundlich zu, bevor er sich zum Gehen abwendete. Augenblicklich überkam mich das starke Bedürfnis, ihn aufzuhalten. Die Vorstellung, dass Nikolai blieb, verursachte mir Beklemmungen.
Ich wendete mich Shirin zu. »Was hat Kastor dir erzählt, dass du so elend aussiehst? Ihr habt beide sehr mitgenommen
gewirkt. Gibt es Neuigkeiten über den Unbekannten, nach dem ihr alle sucht?«
Shirin ließ das Tuch ihres Wickelkleides zwischen ihre Finger gleiten. »Es ist besser, wenn dich das nicht auch noch bekümmert.«
»Ach, komm schon. Dir setzt es zu und ich bin deine Freundin. Deine Hände haben eben gezittert wie Espenlaub und Kastor machte ebenfalls keinen besonders unbeschwerten Eindruck. Außerdem ist Sams Name in diesem Zusammenhang gefallen«, bohrte ich nach.
Shirin und Nikolai wechselten einen langen Blick, der mir wieder einmal deutlich machte, dass ich außerhalb ihres Kreises stand. Schattenschwingen-Angelegenheiten. Dabei konnte ich nicht einmal sagen, was sich zwischen den beiden abspielte. Wie ein gewöhnlicher Austausch erschien es mir jedenfalls nicht, dafür wirkte Shirin zu aufgewühlt und Nikolai eigenartig starr.
Langsam riss mir der Geduldsfaden. »Fein, dann eben nicht. Ihr zwei könnt ja im Garten lustwandeln oder euch sonstwie die Zeit vertreiben, bis Kastor wieder da ist. Ich muss jetzt jedenfalls los zu Lena, ansonsten streicht sie mich noch endgültig von ihrer Freundinnen-Liste.«
Obwohl ich
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