Schattenschwingen - Die dunkle Seite der Liebe - Heitmann, T: Schattenschwingen - Die dunkle Seite der Liebe
immer noch knienden Ask und schlug mit den Fäusten auf ihn ein. Obwohl er keineswegs überrascht wirkte, wehrte er meinen Angriff nicht ab, sondern nutzte viel mehr die Gelegenheit, mir vor Augen zu führen, wie sinnlos mein Verhalten war: Meine Fäuste berührten ihn zwar, vermochten jedoch nichts auszurichten. Ihn umgab ein Schutz – im Gegensatz zu mir. Als er mir den Arm um die Taille legte und mich an sich zog, wich mir die Luft aus den Lungen, so heftig war der Aufprall gegen seine Brust. Augenblicklich versuchte ich mich befreien. Nutzlos. Ich war gefangen zwischen seinem Arm und seiner Brust. Wie ein Liebespaar waren wir ineinander verschlungen.
»Wusstest du, dass die Berührung eines Menschen sich in der Sphäre unbeschreiblich intensiv anfühlt?« Zum ersten Mal war seine Stimme sanft, allerdings mit einem leicht erregten Unterton, der mich noch panischer machte. »Es ist eure Sterblichkeit, die euch in unserer Welt zu anziehenden Sonnen macht, um die wir Schattenschwingen unentwegt kreisen. Wer könnte da widerstehen?«
Als Ask den Kopf senkte und ich seinen Atem an meiner Schläfe spürte, begann ich zu schreien. Er ließ mich gewähren, so wie er mir auch ausreichend Spielraum zugestand zu strampeln, bis ich erschöpft aufgab. Am ganzen Leib zitternd, lehnte ich gegen seinen Oberkörper.
»Auch wenn es dir schwerfällt, solltest du besser tief und
ruhig einatmen. Für das, was ich dir gleich abverlangen werde, brauchst du Kraft.«
»Egal, was du verlangst, ich werde es nicht tun.«
Davon einmal abgesehen, dass ich viel zu dicht an seinem Körper war, um tief einzuatmen. Allein bei der Vorstellung, sein Geruch könnte sich mir einprägen, wurde mir übel. Vor allem weil ich befürchtete, dass er nach etwas Wunderbarem duften würde, und ich wollte vermeiden, dass sich in meine Erinnerung an Ask irgendetwas Positives mischte. Falls ich das hier überleben sollte.
»Glaub mir, es wird dir Freude bereiten, weil du mich dabei verletzen darfst.«
»Nein.«
»Oh, doch. Und weißt du warum, meine Mila? Entweder tust du es aus freien Stücken, oder ich werde deinen Willen so beeinflussen, bis du glaubst, es freiwillig zu tun.« Seine Silberaugen glitzerten bedrohlich auf. »Es ist nur so, dass ich, sobald ich erst einmal damit anfange, einen menschlichen Geist umzuformen, nicht wieder damit aufhören kann. Es ist einfach ein zu berauschendes Gefühl. Und wenn ich mir dich so ansehe, fallen mir viele aufregende Dinge ein, die ich dich im Anschluss noch für mich tun lassen könnte. Natürlich würde dir alles ausgesprochen gut gefallen … Nein, das ist zu viel versprochen. Ehrlich gesagt, hängt es von meiner Stimmung ab, ob es dir gefallen wird oder nicht.«
Ich schluckte, als mir Shirins Erinnerungen an ihr Zusammensein mit Ask in den Sinn kamen, und noch mehr, als ich an das dachte, was mit Juna geschehen war. Er liebte besonders die dunklen und blutigen Töne auf der Farbpalette. In jeder Hinsicht.
»Nun, Mila«, setzte er nach. »Fügst du dich, oder überlässt du es mir, dich gefügig zu machen?«
Niemals zuvor war es mir so schwergefallen, eine Zustimmung auszusprechen. »Was soll ich tun?«
Ich konnte Asks Gesicht nicht sehen, sondern hörte nur das gleichmäßige Schlagen seines Herzens an meiner Wange. Dennoch war ich mir sicher, dass es völlig entspannt war. Warum auch sollte er ein siegessicheres Lächeln aufsetzen? Er hatte doch von vornherein gewusst, dass er diese Auseinandersetzung gewinnen würde. Ich war keine Herausforderung für ihn. Ganz und gar nicht.
»Du sollst das tun, was du am besten kannst: dich auf das Wesentliche konzentrieren, das eine Person ausmacht, und es zeichnen.«
Behutsam löste Ask die Umarmung und ließ seine Hände auf meine Schultern gleiten. Ich widerstand mühsam dem Bedürfnis, sie abzuschütteln. Stattdessen hob ich den Kopf und erwiderte seinen Blick. Es überraschte mich nicht, dass mein Spiegelbild nicht in den Silberscheiben seiner Augen widerschien. Ask verweigerte sich jeder Beeinflussung durch sein Gegenüber. Er nahm nur. Ich wehrte mich nicht, als seine Finger meinen linken Arm hinabwanderten und er meine Hand vor seine Lippen führte. Als er dem Bernsteinring einen kaum spürbaren Kuss aufhauchte, biss ich mir fest auf die Unterlippe, bis sie zu bluten begann. Ansonsten regte ich mich keinen Millimeter, obwohl die Reaktion des Rings wie ein Stromschlag durch meinen Körper jagte. Der silbrige Schimmer, den ich mit Ask zu verbinden
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