Schattenschwingen - Die dunkle Seite der Liebe - Heitmann, T: Schattenschwingen - Die dunkle Seite der Liebe
komisch, dass du mit solchen Tricks arbeiten musst, wenn ich dir angeblich nicht gewachsen bin«, dachte ich laut nach.
»Welche Tricks?«
Der Schatten stand plötzlich so dicht vor mir, dass ich die feinen Grübchen neben seinen zum Lächeln hochgezogenen Mundwinkeln erkennen konnte. Und mehr als das: Ich konnte sehen, wie er seine Kraft sammelte. Dieses Mal sollte ich der Druckwelle nicht standhalten können, aber es war ein anderer Gedanke, der mich handeln ließ: Die schneidende Aura würde Mila erreichen.
Ohne zu zögern, ließ ich meine Aura aufstrahlen. Als würde die Schleuse in meinem Inneren pulverisiert, drang die Energie aus mir hervor. Jedoch setzte ich sie nicht dazu ein, um den Angriff des Schattens abzuwehren. Ich nahm sie und formte einen Strahl aus ihr, den ich auf ihn schleuderte. Kurz blitzte es überrascht in seinen Augen auf, dann wurde er mit einem Schrei auf den Lippen zurückgeworfen.
Die Quelle in mir wurde von einem regelrechten Erdbeben
verschüttet, von einer Stärke, dass ich sie nicht einmal mehr ansatzweise spüren konnte. Mir war klar gewesen, dass man für diese Art Waffe einen hohen Preis zahlen musste, aber trotzdem überkam mich eine tiefe Trauer. Ich hatte die gerade erst in mir entdeckte Quelle verloren, indem ich ihr zu viel Kraft geraubt hatte, um eine andere Schattenschwinge zu richten.
Doch es war die richtige Entscheidung gewesen. In meinem künftigen Leben würde ich die Quelle nicht mehr brauchen.
Schwerfällig richtete ich mich auf und stellte mich über den am Boden liegenden Schatten. Der Strahl, in dem ein Großteil meiner Kraft steckte, ragte aus seiner Brust und drang langsam immer weiter in ihn ein. Ich musste mich beherrschen, damit ich nicht nach ihm griff und mir zurückholte, war mir gehörte. Der Schatten lag ausgestreckt auf dem Rücken, von einem Beben geschüttelt. Sein Gesicht war von Schmerzen verzerrt, sein Mund formte unablässig Worte, die unausgesprochen verhallten, während seine Aura um ihn herum zu Splittern zerfiel. Die schlanken Hände, die nicht ihm, sondern Nikolai gehörten, waren um den Strahl in seiner Brust gewickelt, obwohl sie an dessen Hitze verbrannten. Es gab nichts, was der Schatten gegen die Waffe ausrichten konnte, die immer tiefer in ihn eindrang.
»Du hättest dir besser überlegen sollen, ob deine eigenen Waffen nicht auch gegen dich verwendet werden könnten. Wenn du mir nicht so eindrucksvoll an Shirin vorgeführt hättest, wie man eine solche Waffe aus seiner Aura formt, dann wäre ich vielleicht nie dahintergekommen.« Huschte da etwa ein Lächeln über seine Züge oder bildete ich mir das ein? Ich wischte den Eindruck beiseite und sah mich um. »Ein guter Platz, um zu sterben. Oder sollte ich besser sagen: um ein echter Schatten zu werden, den die Sonne endgültig verbrennt?«
Ich erwartete keine Antwort. Der Strahl war bereits zu weit vorgedrungen. Nicht mehr lange, dann würde er sein Werk vollendet haben. Im Gegensatz zu Shirin würde zu ihm nämlich niemand kommen, um die Waffe zu ziehen, bevor sie ihn endgültig vernichtete. Nikolais Körper sah aus, als würde er von innen heraus brennen. Sogar die längliche Wunde über seinem Rippenbogen war mit goldenem Licht gefüllt, während sein schönes Gesicht mittlerweile in reglose Starre gefallen war.
Ohne eine Spur von Mitgefühl für den Sterbenden wendete ich mich ab und ging zu der schlafenden Mila hinüber.
»Sie träumt. Ich könnte sie mir jetzt nehmen«, hatte der Schatten gesagt. Auf diese Weise war er schon einmal seinem Schicksal entgangen. Indem er durch die Träume der Menschen entkommen war. Die Chance würde er jetzt nicht bekommen. Prüfend studierte ich Milas Gesicht, konnte aber keine Spur von Silber an ihr entdecken, nur sie selbst. Als besäße sie kein Gewicht, nahm ich sie in meine Arme und stieß mich vom Eiland ab. Ich warf einen letzten Blick zurück, doch dort war nur noch eine von goldenen Flammen umgebene Silhouette zu erkennen. Bald würde auch die ausgelöscht sein.
24
Gekommen, um zu bleiben
Langsamer, als es eigentlich meinem Fahrstil entsprach, fuhr ich Rufus’ Wagen auf das Grundstück der Levanders und stellte ihn vor dem Garagentor ab. Den Schlüssel im Zündschloss herumzudrehen, fiel mir ausgesprochen schwer. Kaum dass der Motor erstarb, hätte ich ihn fast auch schon wieder gestartet, um mit Highspeed zurück auf die Straße zu setzen und mich aus dem Staub zu machen.
Es dämmerte bereits. Die ersten Laternen in St.
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