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Schattenschwingen - Die dunkle Seite der Liebe - Heitmann, T: Schattenschwingen - Die dunkle Seite der Liebe

Schattenschwingen - Die dunkle Seite der Liebe - Heitmann, T: Schattenschwingen - Die dunkle Seite der Liebe

Titel: Schattenschwingen - Die dunkle Seite der Liebe - Heitmann, T: Schattenschwingen - Die dunkle Seite der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
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eindeutig am Ende. Erst nachdem ich mich vergewissert hatte, dass der Anruf nicht etwa von meinen Eltern oder gar unserer Rektorin, sondern von Lena kam, nahm ich ihn an.
    »Schulschwänzerin!«, krakeelte Lena mir fröhlich ins Ohr. »Das fängt ja gut an. Kaum sind deine Eltern aus dem Haus, wirfst du auch schon deine Lebens- und Leistungseinstellung über Bord. War mir schon klar, dass das mit dem braven Mädchen bloß gespielt war. Vermutlich hast du es mit Mr Nachtaktiv so richtig knallen lassen und kommst heute nicht mehr auf die Beine.«
    »Sei nicht eklig«, forderte ich sie nur halb entrüstet auf. Denn ein wenig Recht hatte sie ja.
    »Mila macht blau, die kleine …«
    »Es reicht! Hörst du? Mir geht es echt nicht gut, mein Magen ist ein einziger Knoten. Das Letzte, was ich jetzt gebrauchen kann, ist eine fiese Freundin. Ich brauche Zuneigung und Verständnis.«
    Lena kicherte. »Ist ja gut, ich will dich doch nicht quälen. Na ja, höchstens ein Kleinbisschen. Aber die Bauchweh-Nummer nehme ich dir nicht ab. Ich wette, sobald du dir eingestehst, dass du einfach mal einen Tag freimachen wolltest, sind die gleich vorbei. Da passt es auch ganz gut, dass ich erst morgen mit Sack und Pack bei dir anrauschen kann.
Mein-Gott-Walter hat nämlich das Vorsprechen fürs neue Theaterstück vorverlegt. Ausgerechnet auf einen Freitagnachmittag, wo wir eh alle schon kaputt sind und nur noch ans Wochenende denken. Wieder einer von seinen typischen taktischen Haken, damit wir keinen Widerstand gegen seine Tyrannei leisten können.«
    Christian Walter, Lehrer für Geschichte und Musik, war der Leiter unserer Schultheatergruppe, wobei Leiter ein viel zu schwaches Wort für seine Tätigkeit war. Zirkusdirektor hätte viel besser gepasst, nicht nur wegen seiner dramatischen Ader, die ihm seinen Spitznamen eingebracht hatte. In Ausnahmesituationen waren es nämlich stets die Schüler, die die Nerven behielten und ihren zu Schnappatmung neigenden Lehrer runterholen mussten.
    Lenas Gedanken schienen in eine ganz ähnliche Richtung zu gehen: »Das wird heute bestimmt wieder so eine Ausnahmesituation, die sich bis in den späten Abend hinzieht. Du weißt ja, welche Diskussionen die Besetzung jedes Mal mit sich bringt. Mein-Gott-Walter muss ja unbedingt immer komplett gegen den Willen der Truppe besetzen wollen. Ohne viel Gelabere und Hände-über-dem-Kopf-Zusammenschlagen geht bei dem nix. Wird bestimmt ein Heidenspaß, aber danach bin ich tot.« Obwohl Lena stöhnte, klang es ganz danach, als erwarte sie die Party des Jahrhunderts. Das Theater um das Theaterspielen war zweifelsohne das Beste an der ganzen Sache. »Bist du dir sicher, dass du dieses Jahr nicht doch mitmachen willst?«, hakte sie nach. »Zu zweit wäre das sicherlich super. Shakespeares Was ihr wollt – das ist doch quasi unser Motto.«
    »Da muss ich nicht einmal eine Sekunde lang drüber nachdenken: Ja, ich bin mir sicher, dass ich nicht mitmachen will. Absolut und unumstößlich sicher. Mein Leben ist Drama genug und zum Totlachen komisch ist es auch«,
hängte ich schnell an, bevor Lena mir mit dem schlagenden Argument, dass Was ihr wollt eine locker-flockige Komödie war, kommen konnte. »Also kommst du erst morgen?«
    »Ja, aber nur, wenn dein Bruder das Haus bis dahin nicht in eine Lustgrotte verwandelt hat. Ich habe keinerlei Bedarf, Rufus mit zwei Freundinnen gleichzeitig im Arm in sein Zimmer verschwinden zu sehen.«
    »Keine Sorge«, beruhigte ich sie umgehend. »Der hat andere Dinge um die Ohren. Den Don Juan von St. Martin hat das Haus der Jugend auf dem Gewissen, für solche Mätzchen fehlt ihm die Kraft. Ich hätte nie gedacht, dass Zwölfjährige so heftig anstrengend sein können – und Rufus übertreibt nicht, der ist abends richtig platt.« Und was die unternehmungslustigen Zwerge nicht schaffen, erledigt mein Freund, wie ich in Gedanken hinzufügte. »Dann komm doch morgen zu einem späten Frühstück vorbei.«
    »Damit du Mr. Nachtaktiv noch rechtzeitig verabschieden kannst, was?«
    Mit einem »hä, hä« beendete ich das Gespräch. Wenigstens waren mittlerweile meine Bauchschmerzen verschwunden. War das Rumflachsen mit Lena doch zu etwas gut gewesen.
    Ich irrte gerade auf der Suche nach einer Beschäftigung, die nichts mit Schlafen oder Essen zu tun hatte, durch unseren Wohnraum, als es an der Terrassentür klopfte. Draußen stand – gut sichtbar im hellen Tageslicht – Ranuken und grinste mich über das ganze Gesicht an. Der Wind zerrte

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