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Schattenschwingen - Die dunkle Seite der Liebe - Heitmann, T: Schattenschwingen - Die dunkle Seite der Liebe

Schattenschwingen - Die dunkle Seite der Liebe - Heitmann, T: Schattenschwingen - Die dunkle Seite der Liebe

Titel: Schattenschwingen - Die dunkle Seite der Liebe - Heitmann, T: Schattenschwingen - Die dunkle Seite der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
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an seinem roten Haarschopf, sodass er aussah wie ein Steckdosenopfer. Als ich erst einmal verwundert stehen blieb, anstatt ihn sofort einzulassen, wie er es offenbar erwartete, begann er wild zu winken. Ich winkte zurück. Gut, ich verhielt mich, als wäre ich schwer von Begriff. Aber es wollte mir nicht in den Kopf, dass Ranuken tatsächlich auf der Terrasse
meiner Eltern stand. Sam dort zu sehen, war eine Sache, aber Ranuken? Meinem Verständnis nach gehörte er schlicht in eine andere Welt, ganz gleich, ob er über seine eigene Pforte verfügte oder nicht.
    Endlich setzte ich mich in Bewegung und ging zu ihm nach draußen. »Sag bloß, du bist schon wieder aus der Sphäre ausgebrochen!«
    »Ausgebrochen … als wäre ich ein Affe im Zoo. Was ist denn das für eine lausige Begrüßung? Keine Umarmung? Ach, komm schon, Mila-Schatz.«
    Ranuken strahlte ungebrochen und breitete die Arme aus, als wolle er mich mit Schmackes an seine nackte Brust drücken. Unwillkürlich setzte ich einen Schritt zurück, weil mir seine Zudringlichkeiten in der Sphäre noch lebhaft in Erinnerung geblieben waren. Ihm offenbar auch, denn seinem Grinsen nach zu urteilen fand er meine Zurückhaltung ausgesprochen unterhaltsam. Der Kerl machte sich tatsächlich lustig über mich.
    Augenblicklich hatte ich mich wieder im Griff. Mit beiden Händen kräftig zupackend, umfasste ich seine Schultern und drückte ihm einen lauten Schmatzer auf die Stirn. »Ranuken, mein kleiner Freund, schön dich wiederzusehen. Vor allem im Garten meiner Eltern, die glücklicherweise gerade nicht anwesend sind.«
    »Weiß ich doch von Sam. Sonst wäre ich wohl kaum hier aufgetaucht. Und jetzt lass mich los, okay? Deine Fingernägel pieken.«
    Nun war es an mir, breit zu grinsen. Da Ranuken nicht nachtragend war, zuckte er einmal kurz mit der Schulter, dann deutete er auf die Eibenbüsche.
    »Obwohl es niemand zusteht, mir die Menschenwelt zu verbieten, bin ich natürlich nicht einfach bloß so hier. Moment. Wenn ich das richtig bedenke, wäre auch nichts dagegen
zu sagen, wenn ich bloß so vorbeigekommen wäre. Ich meine, wir sind doch Kumpel, oder?«
    Ich nickte zustimmend, was Ranuken sichtlich freute.
    »Das ist gut. Heute bin ich allerdings als Schutzengel unterwegs. Komm mal mit.«
    Hinter den Eibenbüschen, Sams und meinem Lieblingsort, saß Shirin auf der Bank und starrte ins Leere. Zum ersten Mal sah ich ihre dunkle Haut nicht in Schwarz-Weiß, sondern in Farbe, besser gesagt in einem tiefen Schokoladenbraun, fast zu perfekt, um wahr zu sein. Ihr Haar, das noch eine Nuance dunkler schimmerte, hatte sie nachlässig zusammengebunden. Sie war in ein gewebtes Tuch mit bunten Mustern gewickelt, das sie im Nacken geknotet trug. Bei dieser Technik blieb der Rücken frei, während der Rest bedeckt war. Eine für die Menschenwelt ausgehfein gemachte Schattenschwinge. Normalerweise trug sie ihre gewebten Tücher um die Hüfte geschlungen, jetzt sah es wie ein raffiniertes Strandkleid aus … oder vielleicht doch eher wie ein Schutzpanzer gegen die Kälte der Welt.
    Ich hatte Shirin seit der Versammlung in der Sphäre nicht mehr gesehen. Da hatte sie bewusstlos am Boden gelegen, und ihr Anblick war mir erschreckend nah gegangen. Auch jetzt kehrte mein Magengrimmen mit einem Schlag zurück. Shirin sah aus wie eine leblose Hülle. Von der geheimnisvollen Energie, die sie ansonsten stets umgeben hatte, war nicht einmal mehr ein Hauch zu entdecken. Sie wirkte vollkommen ausgebrannt, als wäre etwas in ihr zerbrochen.
    Es war mir unmöglich, eine Begrüßungsfloskel über die Lippen zu bringen. Stattdessen setzte ich mich neben sie und nahm ihre Hand. Kaum berührten wir uns, blinzelte sie und schaute mich an.
    »Es ist schön bei dir, Mila. So viel Blühendes. Man sieht
es dem Garten an, dass er geliebt wird. Das letzte Mal, dass ich einen Garten betreten habe, der von Menschenhand in ein Kleinod verwandelt worden ist, ist lange her. So lange, dass ich mich fast nicht mehr daran erinnern kann. Weil ich mich auch nicht erinnern will.«
    Ihre Worte gruben sich bei mir ein, aber noch mehr die Verlorenheit, die aus ihnen sprach. Wer verwehrte es sich, in der Erinnerung an einen glücklichen Ort zurückzukehren? Das war eine grausame Selbstkasteiung. Kein Wunder, dass Shirin alles von sich fernhielt, das ihr Wunden schlagen konnte. Davon hatte sie vermutlich schon mehr hinnehmen müssen, als sie ertragen konnte.
    »Shirin, warum kommst du nicht mit ins Haus? Der Garten ist

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