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Schattenschwingen - Die dunkle Seite der Liebe - Heitmann, T: Schattenschwingen - Die dunkle Seite der Liebe

Schattenschwingen - Die dunkle Seite der Liebe - Heitmann, T: Schattenschwingen - Die dunkle Seite der Liebe

Titel: Schattenschwingen - Die dunkle Seite der Liebe - Heitmann, T: Schattenschwingen - Die dunkle Seite der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
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sah aus, als sei er in Asche gewälzt worden. Wie hatte ich mich nur derart täuschen können?
    Neugierig musterte ich sein erstarrtes Gesicht. Die außergewöhnlich feinen, fast engelsgleichen Gesichtszüge machten es schwer, sein Alter zu schätzen. Vielleicht war er so alt wie ich, vielleicht aber auch nicht. Die Ebenmäßigkeit seines Erscheinungsbildes fesselte mich. Mein Verstand sagte mir, dass es sich bei Nikolai um ein Kunstwerk handeln musste, weil ein solcher Grad an Perfektion bei einem lebenden Wesen einfach unvorstellbar war. Dann entdeckte ich einen feinen Riss seitlich auf seiner Stirn, als hätte seine Hülle einen Sprung. Vorsichtig berührte ich die Stelle mit meinen Fingerspitzen, das unangenehme Gefühl, das mich dabei überkam, ignorierend.
    »Was ist dir denn passiert, Nikolai?«, flüsterte ich, während
ich den Spalt in der Hülle auslotete. In einem Moment ertastete ich etwas, das sich wie gesprungener Ton anfühlte, dann hatte ich plötzlich Narbengewebe unter meinen Fingern. Und auch die Hülle war mit einem Schlag nicht mehr kalt und hart, sondern fühlte sich ausgesprochen lebendig an. Instinktiv goss ich meine Aura in den Riss auf der Stirn des Jungen, und zu meiner Überraschung versackte das helle Licht darin.
    Einen Moment später öffnete Nikolai seine Lider und sah mich aus hellgrauen Augen an, während sich seine ungewöhnlich blasse Aura auszubreiten begann.
    Im Hintergrund setzte Kastor gerade zu einer Attacke auf Asami an. »Ich muss mich korrigieren: Dir liegt nicht wirklich etwas an Samuels Wohlergehen, ansonsten hättest du uns gleich geholfen, anstatt abzuwarten, bis er ernsthaft in Schwierigkeiten steckt. Vermutlich hat dir der Ausgang unserer Unternehmung ein selbstzufriedenes Lächeln aufs Gesicht gezaubert. So konntest du uns nicht nur deine Beschützerqualitäten vor Augen führen, sondern auch zeigen, wie unbedacht unser Vorgehen war.«
    »Wie kannst du es nur wagen, mir so etwas zu unterstellen? Als mich der Ruf des Schwertes erreicht hat, bin ich unverzüglich zu euch vorgedrungen. Ich hätte dich als Wächterfutter zurücklassen sollen.«
    Asami sprach ausnehmend ruhig, was nichts Gutes bedeutete. Trotzdem konnte ich mich vom Anblick des langsam erwachenden Jungen, der gerade seine Mundwinkel zu einem betörenden Lächeln anhob, nicht abwenden.
    »Du hättest einfach mal von Anfang an etwas richtig machen sollen, Japaner!« Im Gegensatz zu Asami gab Kastor sich nicht die Mühe, seine Wut zu kaschieren.
    »Nikolai ist aufgewacht«, ließ ich die beiden Streithähne wissen, während ich seine Wange streichelte, wie man es
wohl bei einem kleinen Kind tun würde. Und genauso wirkte er auch auf mich: wie ein Kind, unschuldig und sanft. Unter meiner Berührung begann die graue Hülle zu bröckeln und fiel schließlich wie Staub von ihm ab.
    Nikolai schüttelte die Reste seiner Hülle ab, dann streckte er die Hand aus und streichelte meine Wange, als sei er mein Spiegelbild. Ein kalter Schauer durchfuhr mich und ich musste mich zwingen, nicht zurückzuweichen, sondern sein Lächeln zu erwidern. Bildete ich mir das ein oder wohnte der Berührung dieses berückend schönen Jungen die Ahnung von etwas Dunklem inne? Ich starrte auf den silbrigen Abdruck, den der Riss seiner Hülle auf seiner Stirn hinterlassen hatte. Was soll’s? Wir tragen alle unsere Narben, sagte ich mir und berührte flüchtig die Narbe seitlich meines Auges, die mein Vater mir in der Nacht beigebracht hatte, in der meine Mutter das Haus verlassen hatte.
    Mit einem Schlag hatte Kastor seine Auseinandersetzung mit Asami vergessen und kniete sich neben dem Jungen nieder. Dabei strahlte er eine Erleichterung aus, die mich meine ablehnenden Gefühle sofort bereuen ließ. Wer auch immer dieser Nikolai sein mochte, für Kastor war er von großer Bedeutung. Und Kastor neigte dazu, sich seine Freundschaften sorgfältig auszusuchen. Sanft den Kopf schüttelnd, betrachtete er den Jungen, der sich gerade auf den Rücken drehte und kräftig streckte, um die letzten Reste von Taubheit zu verscheuchen.
    »Was machst du nur für Sachen, Nikolai?«, war das Einzige, das Kastor hervorbrachte.
    Asami, der sich mit verschränkten Armen ein Stück von uns entfernt hingestellt hatte, schnaubte abfällig. Was mich ziemlich verwunderte, denn eigentlich hätte ich darauf getippt, dass er keine Chance ungenutzt lassen würde, um Kastor einen reinzuwürgen. Offensichtlich brachte er jedoch
genug Verständnis auf, um dieses

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