Schattenschwingen - Die dunkle Seite der Liebe - Heitmann, T: Schattenschwingen - Die dunkle Seite der Liebe
unterstellt worden war. Dafür kümmerte sie sich um die verschiedensten Dinge, für die Asami keinen Kopf oder an denen er kein Interesse hatte. Konzentrationen von Energie nachspüren beispielsweise. »Da hat sie ihn gefunden. Sie hat ein Feuer am Wasser entzündet
und sich dann bis zu meiner Ankunft in die Dünen zurückgezogen.«
Das erklärte zumindest, wie Nikolai hatte wechseln können: Er hatte eins der Feuer unten am Wasser benutzt. Kurz sah ich vor mir, wie er sich von der unter dem Feuer schwelenden Asche angezogen gefühlt hatte. Genau wie ich vom Meer. Und dann diese Stimme, die ihn zum Wechsel ermutigt hatte … so lockend. Ich musste mich regelrecht schütteln, um den Eindruck loszuwerden.
»Warum hat Oriskalit die Hülle in der Brandung zurückgelassen? «
Noch immer weigerte sich Asami, mich anzuschauen. Eine Nachwirkung unserer Auseinandersetzung auf dem Eiland? »Weil sie ihn fürchtet«, erklärte er schlicht.
Ich trat näher an den bandagierten Leib. Da war nichts Unheimliches oder gar Beängstigendes auszumachen. Als Kastor und ich ihn im Vernichteten Gebiet hatten retten wollen, hatte ich ihn sogar berührt … und nichts gespürt. »Die Hülle ist leer, was soll der Zirkus also?«
Einer alten Gewohnheit gehorchend, seufzte Asami resigniert. »Vor uns liegen die Reste des größten Feindes, den die Sphäre je kennengelernt hat. Trotz der vereinten Kräfte war es den Schattenschwingen damals nicht möglich gewesen, ihn zu vernichten. Hätte Shirin ihn nicht in eine Falle gelockt, wären wir verloren gewesen. Das Weiße Licht war sein Kerker, aber dort ist er nun nicht mehr. Und da wunderst du dich, dass alle sich fürchten?«
Mit den Zehen stupste ich die Hülle an. Die Bandagen waren nass und rau, doch darunter befand sich allem Anschein nach ein Körper, dessen Verwesung bestenfalls gerade erst eingesetzt hatte. »Also auf mich macht das einen ziemlich toten Eindruck. Ich weiß ja nicht, was Shirin mit ihm angestellt hat, aber er hat es offenbar nicht überlebt. Lass
ihn uns auswickeln und den anderen beweisen, dass keine Gefahr von ihm ausgeht. Dann können sie ihre Verstecke in den Dünen aufgeben.«
Endlich sah Asami mich an, wenn auch alles andere als freundlich. »An dir prallt wohl alles ab, was ich dich lehre. Was habe ich dir gesagt? Kaum etwas offenbart sich auf den ersten Blick. Gerade bei einem Meister der Illusion ist nie etwas so, wie es scheint. Außerdem war Auswickeln das Erste, was ich versucht habe, nachdem ich ihn aufs trockene Land gezogen habe.«
»Du hattest also keine Angst davor, dass Ganze könnte eine Falle sein?«
»Kastor hat gesagt, er habe keine Spur des Schattens ausmachen können.«
Angesichts dieser Widersprüchlichkeit schüttelte ich nur den Kopf. Da sollte mal einer aus Asami schlau werden.
»Jedenfalls war ich nicht erfolgreich.« Asami zeigte mir sein Kurzschwert, ein Wakizashi, mit dessen Bernsteinklinge ich – oder vielmehr meine Haut – bereits Bekanntschaft gemacht hatte. Allerdings war sie dabei noch ganz gewesen. Nun war die Spitze abgebrochen und zeigte eine schartige Abbruchstelle. »Die Hülle ist durch einen starken Bann gesichert, den ich nicht durchbrechen kann. Wir brauchen Shirin, sie hat diesen Bann gewebt. Wahrscheinlich kannst du mir verraten, wo sie sich aufhält.«
Gar nicht gut. »Wer fragt mich das gerade: der Erste Wächter, eine aufgebrachte Schattenschwinge oder … der Asami, der…« Ich machte eine vage Bewegung mit der Hand, nur leider ließ sich der richtige Begriff nicht herbeiwinken.
Asami sah mich erwartungsvoll an, doch als ihm klar wurde, dass ich heillos feststeckte, schnaubte er durch die Nase. »Gut, ich bin der Asami, der Shirin nicht ans Messer liefern
wird, wenn du jetzt endlich mit der Sprache rausrückst, wo sie steckt. Meinetwegen musst du es mir auch gar nicht verraten. Ruf sie einfach.«
Ich beugte mich zu Asami, damit keine der anderen Schattenschwingen mithören konnte: »Leider ist Shirin komplett außer Reichweite. Meinst du, die Angelegenheit hat Zeit bis morgen?«
Asami stieß ein bellendes Lachen aus, das irgendwo zwischen Unglaube und Ausflippen pendelte. »Nein, tut mir leid. Wir haben keine Zeit. Wir müssen es wissen, Samuel! Hat der Schatten sich aufgelöst oder spielt er uns nur einen weiteren Streich, während er woanders seinen wahren Interessen nachgeht? Das hier ist das Wichtigste, was seit der Verbannung des Schattens in die Sphäre geschehen ist. Hier muss jetzt und auf der
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