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Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse - Heitmann, T: Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse

Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse - Heitmann, T: Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse

Titel: Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse - Heitmann, T: Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
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Blick zu und lächelte, dann wandte sie sich ab und durchteilte die Fluten mit der gleichen Leichtigkeit, als würde sie durch die Luft schreiten. Mich ließ sie allein zurück mit der Waffe, die sie letztendlich getötet und ihr zugleich zu einem neuen Leben verholfen hatte.

34 Hinter Glas
    Der Kampf unter den Schattenschwingen tobte und färbte den Himmel in den Farben eines mächtigen Gewitters, während sich irgendwo hinterm Horizont mit brennendem Rot ein neuer Tag ankündigte. Im Auge des Sturms, dort wo Blitze wie hinter Nebelschleiern zuckten und andere Lichtquellen explodierten, stand zweifelsohne Nikolais Festung. Beim Blick in die sich bedrohlich auftürmenden Wolken empfand ich einen übermächtigen Sog, als entspräche es der Natur jeder einzelnen Schattenschwinge, dort oben zu sein und sich der Auseinandersetzung zu stellen.
    Nichts anderes hatte ich vor, als ich aus dem Meer auftauchte.
    Ein lebloser Körper, ohne eine Spur von Aurenglanz, fiel aus den Wolken, drehte sich um die eigene Achse, die Schwingen weit geöffnet, zumindest das, was von ihnen übrig geblieben war. Grotesk flatterten sie im Zugwind wie gebrochene Rabenflügel, dann stürzte der Leichnam ins Wasser. Es war Gyula, das Gesicht vor Entsetzen verzerrt, während der Tod bereits begann, seine Hülle mit Blattgold zu überziehen. Kurz fragte ich mich, welche Pforte ihm wohl gedient hatte, dann zwang ich mich in die Luft.
    Auf meinem Weg hinauf zur Spiegelfeste stürzten weitere im Kampf verwundete oder gar tödlich verletzte Schattenschwingen an mir vorbei – alte und junge, darin nahmen sie sich nichts. Ich registrierte ihren Fall, mehr nicht. Genauso hielt ich es mit den Kämpfenden, die sich voller Wut und Verzweiflung umkreisten, mit Waffen oder den nackten Fäusten nach ihren Gegner hieben und sie die Macht ihrer Aura spüren ließen. Ich sah Solveig, die wie eine Wahnsinnige mit Gyulas zerbrochenem Speer nach Asami schlug, der ihr geschickt auswich und ihr trotz ihres brutalen Angriffs keinen Streich mit dem Katana versetzte. Es war unmöglich zu sagen, ob er sie absichtlich verschonte oder ob ihre Verbissenheit ihn herausforderte und er den Kampf mit ihr genoss. Weiter weg von mir hielt eine zerbrechlich wirkende Schattenschwinge, deren ungewöhnlich kupferfarbenes Haar ich im Gegensatz zu ihrem Namen nicht vergessen hatte, gegen Jasons brutale Attacke an, der sie nicht mehr lange standhalten würde. Es drängte mich, ihr zur Hilfe zu eilen, weil auch ich schon einmal Jasons Rücksichtslosigkeit ausgeliefert gewesen war, aber stattdessen hielt ich auf die gut sichtbare Bruchstelle der Spiegelwand zu. Dort drin fand mein Kampf statt, nicht hier draußen. Und je eher es so weit war, umso besser für uns alle.
    Die Silberfassade der Festung spiegelte auf wundersame Weise die Auseinandersetzung wider, ohne das Geschehen eins zu eins abzubilden, wie man es von einem Spiegel eigentlich erwarten würde. Vielmehr hatte es den Anschein, als nähme sie ihre Umgebung auf, um sie zu etwas Neuem zusammenzusetzen, sodass der Betrachter die Täuschung nicht bemerkte. Ich sah Wolken, kämpfende Schatten und leuchtende Auren. Aber Juna, die sich gerade einen Kampf mit zwei jüngeren Schattenschwingen lieferte und dabei trotz ihres Alters einen erstaunlich wehrhaften Eindruck machte, spiegelte sich nicht. Ohne die Macht des Katanas wäre es mir unmöglich gewesen, diesen geheimen Ort zu finden. Was auch immer Nikolai geschaffen hatte, es war mehr als eine Feste, die besonders raffiniert vor ihrer Umgebung verborgen lag. Wie viel mehr sie war, würde ich schon sehr bald herausfinden, schwante mir.
    Vor mir erstreckte sich die Bruchstelle, die die Bernsteinklinge in das Spiegelglas geschlagen hatte, ein hoher Spalt, der sich noch einige Meter als Riss fortfraß. Als ich mich der Bruchnaht näherte, erspähte ich zu meiner Überraschung mein Spiegelbild, wie ich im Anflug war, der Körper gezeichnet von Prellungen und Schnitten und umgeben von einem Strahlenkranz, der mir selbst unwirklich erschien, so hell leuchtete er.
    Es war allerdings nicht meine Aura, deretwegen ich mich spiegelte, sondern es lag an der Klinge, die Shirin sich aus ihrem Herzen gerissen hatte und die nun, einem Kurzschwert gleich, in meinem Obi steckte. Wo sie aus dem schwarzen Stoff hervorschaute, sah sie aus wie flüssiges Silber, das von einer durchsichtigen Phiole gehalten wurde. Ich trug ein Stück von Nikolai bei mir, und deshalb hieß die Festung mich willkommen. Für

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