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Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse - Heitmann, T: Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse

Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse - Heitmann, T: Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse

Titel: Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse - Heitmann, T: Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
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ich muss sie zurückbringen, zu ihren Eltern, in die Welt, in die sie gehört. Das Gleiche gilt für Rufus. Also lass endlich von mir ab!«
    Shirin presste ihr Gesicht an meine Brust, bis es wehtat. »Das werde ich, aber gewähre mir bitte einen Augenblick. Ich will dir etwas geben, das dir hilft, Nikolai zu überwinden. Er muss getötet werden, unbedingt. Sein Tod, das ist es, worauf es ankommt, für Mila, für dich und für alle anderen Schattenschwingen.« Mit diesen Worten öffnete sie ihre eigenen Schwingen, die nicht mehr als ein Gebilde aus grauschwarzem Spinngewebe waren, und gab mich frei. »Ich bin mir nicht sicher, ob es mir gelingt oder ob ich vorher zerbreche, aber darauf kommt es nicht an«, sprach sie leise, wie zu sich selbst.
    Shirins eben noch vor Anspannung zerfurchte Stirn glättete sich und der harte Zug um ihre Lippen wich. Etwas hatte sich in ihr gelöst und schenkte ihr Frieden. Seltsamerweise versetzte mich genau das in Unruhe. Ich musste an meinen Wunsch denken, mich auf den Meeresgrund ziehen zu lassen, damit der Kampf, in den Nikolai mich gezwungen und der mich schon so viel gekostet hatte, endlich vorbei war. Es war die Sehnsucht nach Erlösung, nach einem Ende, sogar um den Preis, verloren zu haben.
    Nun war ich derjenige, der Shirin an sich reißen wollte, aus der plötzlichen Ahnung heraus, sie schon bald zu verlieren. Doch Shirin entzog sich mir trotz ihrer Kraftlosigkeit erstaunlich geschmeidig.
    »Hör mir zu«, forderte sie mit der ihr eigenen Autorität, mit der sie seit Jahrhunderten ihre Schützlinge im Zaum gehalten hatte. »Vielleicht verstehst du es nicht, aber du musst mir glauben, dass ich dir dankbar dafür bin, dass du die Sphäre aus ihrem Schlaf geweckt hast, obwohl dadurch alte Wunden aufgerissen und neue geschlagen wurden. Es gab keinen Frieden, sondern nur einen Waffenstillstand. Das hier ist die einzige Chance auf Freiheit, die wir haben. Du wirst Nikolai töten, egal was passiert, versprichst du mir das?«
    Ich nickte stumm, denn diesen Entschluss hatte ich ohnehin gefasst.
    »Sag, dass du es versprichst, unabhängig von dem, was noch kommen mag. Sein Tod muss an erster Stelle stehen.«
    Ungeduld stieg in mir auf. »Ich verspreche dir, dass ich Nikolai töten werde. Ich wäre längst dabei, wenn du mich nur lassen würdest.«
    Shirin lächelte mit einer Wärme, die ich nie zuvor an ihr erlebt hatte. »Ja, das wirst du, denn du wirst stärker sein als er. Ich werde dich stärker machen. Es ist mein letztes Geschenk an dich.« Dann fasste sie an ihren linken Rippenbogen, und bevor ich recht begriff, was sie tat, öffnete sie die Wunde, in der Nikolais umhüllte Klinge steckte.
    Schlagartig begriff ich: Sie wollte die Klinge ziehen.
    »Nein!«, schrie ich und streckte mich ihr entgegen, doch Shirin schloss ihre Schwingen und stürzte ins Wasser, bevor ich sie zu packen bekam. So rasch ich konnte, folgte ich ihr, durchschnitt ein eiskaltes Wellental, tauchte ein in die Schwärze und sah … nichts. Shirins Aura war kurz davor, zu erlöschen, ich konnte sie in dem dunklen Treiben nicht ausmachen.
    Tu es nicht! Ich will diese Klinge nicht, verdammt!
    Meine Nachricht verklang unbeantwortet.
    Ich ließ meine Aura aufblenden, doch das Wasser war zu aufgewühlt, es gelang mir nicht, zu ihr durchzudringen. Erst ein silbriges Leuchten zeigte mir schließlich, wo sie war. Mit einigen Schwimmzügen gelangte ich zu ihr, erkannte im Schein meiner Aura, die auf das Silberlicht traf, den Ausdruck von Wärme auf ihrem Gesicht, dem weder das eisige Wasser noch die Schmerzen, die sie empfinden musste, etwas anzuhaben vermochte.
    Was hast du getan? Ich berührte ihre Schulter und glaubte, Sand anstelle von verkühlter Haut unter meinen Fingerkuppen zu spüren.
    Das einzig Richtige , erwiderte Shirin und überreichte mir einen silbrigen, spitz zulaufenden Stab. Endlich .
    Ihre eben noch tiefdunkle Haut verlor an Farbe, wurde porös, als wäre sie mit Sand überzogen. Dort, wo ich eben noch ihre Schulter umfasst gehalten hatte, löste der Widerstand sich auf. Ihre Gestalt zerfiel, wurde von der Meeresströmung davongetragen, wurde verstreut … und doch stand sie noch vor mir, als hätte das Wasser freige-legt, was sie in ihrem Kern wirklich war: eine so hell leuchtende Gestalt, dass ich ihren Anblick kaum ertragen konnte.
    Eine Lichtwandlerin.
    Shirin hatte ihren Körper abgestreift und würde fortan als reines Lichtwesen die Sphäre durchstreifen.
    Zum letzten Mal warf sie mir einen

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