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Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse - Heitmann, T: Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse

Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse - Heitmann, T: Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse

Titel: Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse - Heitmann, T: Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
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Füße.
    Unsere Blicke trafen sich.
    »Setz den Ring ein, sonst stirbt Samuel!«, wies Nikolai mich an, dann wehrte er den nach vorn schnellenden Kastor mit einem Tritt ab.
    Der Ring! Meine letzte Chance, Sam in seinem Zustand zu erreichen. Nur wie? Wie sollte ich ihn – um Himmels wil-len – einsetzen?
    Sam beherrschte die Fähigkeit, über unsere Ringe zu mir durchzudringen, um Welten besser als ich. Und selbst wenn ich genauso gut darin wäre wie er, konnte ich mich unmöglich auf diese Kunst einlassen, während er immer weiter davonglitt. Er war nicht einfach bewusstlos, es war spürbar, dass das Leben aus ihm wich. Das konnte unmöglich bloß an dem Schlag liegen, den Kastor ihm verpasst hatte. Nein, es war das unvollendete Symbol, es vergiftete ihn, brachte ihn allmählich um … falls es das nicht schon getan hatte. Der schwache Widerhall seines Pulses konnte in Wirklichkeit auch reine, verzweifelte Einbildung sein.
    Du musst etwas tun, etwas, das so stark ist, dass es Sam zurückholt, sagte ich mir. Du musst ihn aufrütteln, ihn durch den Ring etwas fühlen lassen, das ihn in seinen Körper zurückzwingt.
    Was bedeutete Sam am meisten auf dieser Welt?
    Kaum hatte ich diese Frage formuliert, begriff ich, was zu tun war. Unsere Liebe bedeutete ihm mehr als alles andere, das hatte er bereits unter Beweis gestellt. Hierin lag meine einzige Chance.
    Widerstrebend ließ ich von Sam ab und griff nach dem Katana, das sogleich für mich zu singen begann. Ich konzentrierte mich auf den Ring, sendete ein »Ich liebe dich«, auch wenn es ungehört verklang. Dann setzte ich die messerscharfe Klinge über meinem Fingerknöchel an, um mich von dem Ring zu befreien. Es brauchte nicht mehr als einen entschlossenen Schnitt, so scharf war die Klinge, und der Ring versank samt meinem Finger in der dichten Ascheschicht, die den Boden bedeckte.
    Die Verbindung zwischen Sam und mir war zerschnit-ten.
    Wenn selbst das ihn nicht erreichte, dann erreichte ihn gar nichts mehr.
    Während der Schmerz nach meiner Selbstverstümmelung mich fast ohnmächtig werden ließ, schlug Sam die Augen auf.
    Ich wollte auflachen, ihm zurufen, dass ich ihn liebte, auch wenn der Ring nicht länger an meiner Hand steckte. Dass es nur ein Trick gewesen war, um ihn zu erreichen.
    Dazu kam ich jedoch nicht.
    Der Schmerz fror jede meiner Regungen ein und ich brachte kaum noch die Kraft auf, mich aufrecht zu halten. Während die Geräusche gedämpft zu mir durchdrangen, verschwamm alles vor meinen Augen, wurde verzerrt, sodass ich nur mit Mühe erkannte, wie Sam sich auf den Unterarm stützte. Mir war, als würden seine Lippen Worte formen, die mich jedoch nicht erreichten. Ich brauchte sie nicht zu verstehen, ich erkannte auch so sein nacktes Entsetzen.
    Schau, wollte ich sagen. Der Schnitt ist nicht schlimm, er blutet nicht einmal, die Hitze der Klinge hat ihn sofort geschlossen. Doch so weit kam ich nicht, ich sackte in mich zusammen und spürte im nächsten Moment einen eisernen Griff um meinen Brustkorb. Jemand hielt mich umfangen.
    »So ist es richtig: schlaf«, sagte Nikolai, und ich wurde gegen meinen Willen in den schwarzen Tunnel der Bewusstlosigkeit gerissen.
    ∞∞
    Sam
    Nein!
    Ich erwachte aus einem schrecklichen Traum, nur um zu erkennen, dass er Wirklichkeit war: Mila hatte unsere Verbindung durchtrennt und lächelte mich zugleich liebevoll an. Wie war das möglich? Da stößt sie mich mit aller Macht zurück, dass es mich bis ins Mark erschüttert, und lächelt dabei? Ich bekam es einfach nicht zusammen. Einen Moment lang glaubte ich sogar, den Verstand verloren zu haben, weil das, was ich fühlte und dachte, das Gegenteil der Realität war: Der Bernsteinring steckte nicht länger an Milas Hand, was nichts anderes bedeutete, als dass sie mich nicht mehr liebte.
    Dann erst sah ich Milas verletzte Hand, die sie vor ihre Brust hielt. Ich starrte und starrte, und erst jetzt begriff ich, was sie offenbar mit meinem Katana getan hatte. Vollkommen unmöglich.
    Und doch … wir waren getrennt. Oder richtiger: Die Verbindung, die die Bernsteinringe zwischen uns gestiftet hatten, war durch mein eigenes Katana gewaltsam durchschnitten worden. Die Ringe sind nur eine Spielerei aus der Sphäre, hielt ich mir vor Augen, während es mir vor lauter Schwäche kaum gelang, mich aufzurichten. Es half jedoch nichts, mir kam es trotzdem so vor, als hätte Mila aufgehört, mich zu lieben. Allein die Vorstellung war so grauenhaft, dass ich dachte, mein Herz

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