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Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse - Heitmann, T: Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse

Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse - Heitmann, T: Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse

Titel: Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse - Heitmann, T: Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
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mir befand. Dann stürzte sich auch schon eine vollkommen aufgelöste Lena auf mich, blass wie ein Leichentuch.
    »Lena, Gott, ich bin so froh, dich zu sehen!« Nichts anderes kümmerte mich in diesem Augenblick.
    »Ich auch, aber wo sind wir? Ich flippe gleich aus, das ist doch alles nicht wahr, einfach unmöglich.« Lenas Fingernägel krallten sich in meine Schultern. Meinetwegen hätte sie mich auch durchschütteln können, ich war unsäglich froh, sie wiederzusehen. »Ich bin zu mir gekommen und … überall sind nur Wolken. Wolken! Was hält uns in der Luft, warum fallen wir nicht?«
    Da zerschnitt Nikolais Wutschrei die Luft und ließ uns beide verstummen.
    »Kastor, dieser Wahnsinnige!«, brüllte Nikolai, heiser vor Erschöpfung. Aus seinem Unterarm flossen schwarze Ströme, wo Kastor ihm einen Hieb mit dem Katana beigebracht hatte. Offenbar hatte der Bernstein die Wunde nicht verschlossen, während die Schnittstelle an meiner Hand weitgehend geschlossen war. Allerdings scherte sich Nikolai nicht um seine Verletzung; er war ein rasendes Ungeheuer, das unter keinen Umständen in die Knie gehen wollte. »Meine eigene, meine verflucht nochmal eigene Obsidianklinge zu benutzen, um die Pforte zu zerstören! Wenn ich bloß meine Hände an ihn legen könnte, dann würde ich ihn …«
    Wir erfuhren nie, was er Kastor angetan hätte, denn der Satz endete in einem weiteren markerschütternden Schrei. Hemmungslos offenbarte Nikolai seinen Zorn und seine Verzweiflung. Dabei bot er einen schrecklichen Anblick, von Kopf bis Fuß verrußt, seine Haut überzogen von glänzend schwarzen Rinnsalen, die aus kleineren Verletzungen herrührten. Ich hingegen hatte keine Blessuren davongetragen, weil er mich mit seinem Körper von der Vernichtung abgeschirmt hatte. Sein geschundener Körper war schrecklich anzusehen, aber seine Aura war noch viel schlimmer. Von ihr war nicht mehr übrig geblieben als ein beschädigter Strahlenkranz, dessen Farbe an verdrecktes Wasser erinnerte. Ich ertrug seine Nähe kaum, denn obwohl die Aura geschwächt war, drohten die Bruchstellen ihrer Strahlen meine Seele zu zerschneiden. Welche Teile seiner selbst auch immer Nikolai in die zusammenbrechende Pforte gegeben hatte, um uns die Flucht zu ermöglichen, es hatte ihn geschwächt, dadurch aber keineswegs ungefährlicher gemacht.
    Irgendwann verrauchte sein Zorn und auch Lenas Atmung beruhigte sich, nachdem sie zuvor vor lauter Panik beinahe zusammengebrochen war. Ihr setzte vor allem die veränderte Wahrnehmung in der Sphäre zu. Theoretisch mochte Lena die Existenz der Schattenschwingen akzeptieren, trotzdem war es etwas ganz anderes, plötzlich in eine Welt verschleppt zu werden, die jeglicher Farbe beraubt war und einem das Gefühl verlieh, ein Fremdkörper zu sein. Ein Fremdkörper, den lediglich ein Glasboden mitten im weiten Nachthimmel hielt.
    Zunächst ignorierte ich Nikolais unsichere Landung und sein Wanken, genau wie ich mich nicht um sein Stöhnen kümmerte und darum, dass sein Strahlenkranz von Rissen durchzogen wurde und an den Spitzen barst. Ich war mit meiner Freundin beschäftigt, wie es ihm erging, war mir herzlich egal.
    »Mila«, rief er mich, die Stimme kaum mehr als ein Raunen.
    »Fahr zur Hölle!«
    »Ich brauche deine Hilfe.«
    »Niemals.«
    Nikolai gab ein rasselndes Geräusch von sich, von dem ich nicht wusste, ob es ein Lachen oder Husten war. Es klang auf jeden Fall grauenhaft.
    »Der Boden, auf dem du und deine Freundin steht, baut auf meinem Willen auf. Wenn mein Wille schwindet, ist nichts mehr da, das eure sterblichen Knochen in der Luft hält. Wie stehen wohl eure Chancen, einen solchen Sturz in die Tiefe zu überleben?«
    Fiese Frage. Nicht gut natürlich. Also befreite ich mich aus Lenas Griff, die wild den Kopf schüttelte.
    »Geh nicht, er wird dir wehtun.«
    Daran hegte ich keinen Zweifel, aber mir blieb nichts anderes übrig. So, wie Nikolai aussah, würde es einem Wunder gleichkommen, wenn er wieder auf die Beine kam. Er blutete zwar aus vielen Wunden, aber sein eigentliches Problem war ein anderes. Die Aura der Schattenschwingen war ein Teil ihres Körpers, und seine Aura zersplitterte, nachdem ihre Verbindung zur Aschepforte gerissen war.
    »Wie kann ich dir helfen? Indem ich mein T-Shirt in Streifen reiße und Krankenschwester spiele? Eine lebende Steckdose für deine Aura bin ich nämlich leider nicht.«
    Nikolai streckte mir seine Hand entgegen.
    Voller Widerwillen starrte ich sie an. Damit hatte ich

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