Schattenspäher
der kleinsten Gefühlsregung kontrollieren; sie musste sich dessen nicht einmal vergegenwärtigen.
Mabs Privatsekretär Ta-Hila schrak zusammen, als das Trio erschien; natürlich hatte er ihre Ankunft nicht voraussehen können. Mab wusste, dass die Bel Zheret ihm einen Schauer über den Rücken jagten, aber das gehörte zu ihrem Job.
Hund, Katze und Natter standen vor ihr und verbeugten sich nicht. Die Verbeugung war eine Geste der Unterwerfung, eine unnötige Bekundung für die Bel Zheret, die ihr von Natur aus ergeben waren.
»Sprecht«, sagte sie.
»Einer Eurer Magier aus der Geheimen Stadt, ein Reisender namens Timha, ist verschwunden«, sagte Hund. »Er verließ die Stadt, um zur Beerdigung seiner Mutter zu gehen, und kehrte bislang noch nicht zurück.«
»Wer hat seine Reise genehmigt?«
»Meister Valmin hatte ein Bittgesuch an den Leutnant der Wache gestellt, der für die Sicherheit der Stadt verantwortlich ist.«
»Ich verstehe.«
»Möchtet Ihr, dass der Leutnant stirbt?«
»Durchaus, doch tötet ihn nicht. Es liegt kein Nutzen darin.« Mab wandte sich an Ta-Hila. »Sorgt dafür, dass dieser mildtätige Leutnant mit weniger verantwortungsvollen Aufgaben betraut wird; versetzt ihn an einen Ort, wo seine Großzügigkeit ein gutes Licht auf mich werfen wird.«
Ta-Hila nickte und machte sich eine Notiz.
»Wisst ihr, wo sich dieser Reisende Timha aufhalten könnte?«
»Nein«, erwiderte Hund lächelnd. »Dies stellt uns momentan noch vor ein Rätsel. Ein fleischiges Rätsel.«
Mab wünschte, sie könnte derartige Vorkommnisse genauso genießen wie ihre Kreaturen. Sie waren erschaffen worden, auf dass sie ihre Aufgabe liebten und niemals verzagten. Furcht und übergroße Belastung wirkten auf einen durchschnittlichen Fae zwar motivierend, konnten aber auch zu Fehlern führen. Die Bel Zheret hingegen machten so wenig Fehler wie möglich.
»Dieser Vorfall könnte als Erklärung für einen weiteren dienen«, sagte Mab. »Einer meiner Kontaktleute aus der Seelie-Regierung ließ mich wissen, dass sich drei Schatten auf meinem Territorium aufhalten.«
»Tatsächlich?«, sagte Katze. »Nur zu gern würde ich einen von ihnen töten. Heißt einer von ihnen zufällig Paet?«
»Das weiß ich nicht«, sagte Mab. »Und mein Kontakt konnte auch nichts zu ihrer Mission sagen. Doch ich glaube, eure Nachricht enthüllt uns den Charakter dieser Mission, oder nicht?«
Die Bel Zheret nickten.
»Hier, das Folgende muss nun getan werden.« Mab händigte den Dreien ihre schriftlichen Anweisungen aus. Dann verließen die Bel Zheret die Gemächer, ohne dazu aufgefordert worden zu sein. Sie wussten, wann sie zu gehen hatten.
Nachdem gewisse Aktionen eingeleitet worden waren, widmeten sich Hund, Katze und Natter ihrem wohlverdienten Gemetzel in der Geheimen Stadt. Es wurde ein wundervoller Nachmittag. Flüchtende und schreiende Opfer überall. Eine gar köstliche Jagd durch die knochenbleichen Straßen der Geheimen Stadt. Heißes Blut, das sich über kalte weiße Steine ergoss. Einfach herrlich.
Jetzt stand Hund mit seinen Begleitern in Meister Valmins Studierstube. Die wenigen Magier, die ihre »Behandlung« überlebt hatten, hingen an ihren Fingerspitzen von der Decke herab. Leider war Meister Valmin nicht darunter. Er hatte sich kurz vor ihrem Eintreffen das Leben genommen. Ein Zeichen für Weitblick, wie Hund annahm, wenngleich er sie dadurch um einen zusätzlichen Spaß gebracht hatte.
Endlich hatte das Bitten und Flehen ein Ende. Verzweiflung war schon aus ästhetischer Sicht etwas durch und durch Unschönes. Doch unter der Verzweiflung lag eine erlesene Resignation, für die sich der ganze Aufwand lohnte.
Katze labte sich an einem der Magier, knabberte an dessen Fingern. »Der hier ist ein heiliger Mann. Das kann ich schmecken. Ein frommer Chthoniker vermutlich. Als Arkadier hätte er es nie auf diesen Posten geschafft.«
»Ich mag fromme Männer«, sagte Hund. »Sie besitzen einen vorzüglichen Geschmack und das bestimmte Etwas, das sich nur schwer beschreiben lässt.«
»Sie schmecken fast so gut wie Kinder«, sagte Katze kauend.
25. KAPITEL
Ein Unglück ist keine Tragödie.
Auf ein Unglück nicht vorbereitet zu sein,
das ist eine Tragödie.
- Unseelie-Sprichwort
»Das ist Wahnsinn«, sagte Silberdun.
Er, Eisenfuß und Sela standen mitten in der Station, die als »Portale von Mabs glorreicher Union« bekannt waren. Sie befanden sich im Herzen des Unseelie-Territoriums.
»Ich muss zugeben«, sagte
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