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Schattenspäher

Schattenspäher

Titel: Schattenspäher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Sturges
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andrehen wollten.
    Silberdun dirigierte sie durch die Menge und verscheuchte dabei die fliegenden Händler, als mache er das jeden Tag. Als sie über eine breite Brücke auf die äußere Plattform zugingen, blies ihnen von unten eine warme Brise entgegen. Dabei wurde Selas Rock in die Höhe gehoben, und jetzt begriff sie auch, warum Paet ihr vor der Abreise geraten hatte, ein eng sitzendes Unterkleid anzuziehen.
    Sela spürte, wie beim Anblick ihrer nackten Waden Eisenfuß hinter ihr eine Sekunde lang stutzte. Sie lächelte. Das Band, welches sie mit Eisenfuß verband, war ein erfreuliches Ding. Er fand sie hübsch und mochte sie, aber das war es auch schon. Sein umherstreifender Blick heftete sich auch an die anderen jungen Frauen in Haus Schwarzenstein, doch sie respektierte er als Kollegin. So zumindest interpretierte sie das Gefühl, das sie von ihm empfing, denn sie tat ihr Bestes, mit ihrem Talent nicht zu tief in seine Privatsphäre vorzudringen.
    In Silberdun hingegen vermochte sie überhaupt nicht zu lesen.
    Mabs Verachtung lag direkt vor ihnen. Es war ein langes, elegantes Passagierluftschiff mit nur einem Mast. Sela hatte wenig Ahnung von diesen Dingen, doch der Schiffskörper schien mit Blick auf Schnelligkeit hin konstruiert worden zu sein, in jedem Fall wirkte es schnittig.
    Sie zeigten dem Mann, der vor dem Luftschiff stand, ihre Fahrscheine. Der warf nur einen kurzen Blick darauf und winkte sie dann auf die Rampe, die auf das Hauptdeck hinaufführte, ohne ihnen auch nur ins Gesicht zu sehen.
    »Viel Vergnügen«, nuschelte er, als sie an ihm vorbeigingen.
    An Bord führte sie ihr Weg durch ein stattliches Aufgebot an Hafenarbeitern und Deckhelfern, die zügig die Fracht verluden. Auf dem Oberdeck lungerten ein paar Soldaten auf Freigang herum, schwatzten und rauchten. Eine junge Familie mit vier kleinen Kindern machte sich auf den Weg unter Deck. Silberdun winkte Sela zu sich und deutete auf die schmale Treppe, die hinter ihm nach unten führte. Dann nahm er ihr die Handtasche ab.
    »Nach dir, Liebling«, sagte er. Sie und Silberdun gaben sich im Feindesland als Frischvermählte aus; er war Buchhalter, sie die Tochter eines Gastwirts. Eisenfuß reiste als Silberduns Bruder mit ihnen. Das Trio befand sich auf der Rückreise von einem Urlaub in Mag Mell. Sela hatte die Idee schrecklich romantisch gefunden, als Silberdun sie ihnen vorschlug, doch die Realität hatte sie rasch wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt und ihr klargemacht, wie peinlich ihre Fantasien doch gewesen waren.
    Am Fuß der Treppe angekommen, legte Silberdun ihr einen Arm um die Schulter. Es fühlte sich gut an, doch Sela konnte sich nicht entscheiden, ob sie es nun mochte oder nicht.
    Die Hauptkabine bestand aus ein paar Dutzend Sitzreihen mit weichen Ledersesseln. Durch die weiten Fenster ergoss sich gerade das helle Morgenlicht ins Schiffinnere. Silberdun führte sie in den hinteren Bereich der Kabine, wo das Trio gegenüber der jungen Familie Platz nahm.
    »Guten Tag allerseits«, begrüßte sie der Mann, ein netter Bursche mit lachenden Augen. Seine Frau nickte ihnen freundlich zu, dann kümmerte sie sich wieder um die Kinder.
    Sela machte es sich in dem Sessel bequem und spürte plötzlich, wie die Strapazen der langen Reise ihren Tribut forderten. Noch bevor Mabs Verachtung abgelegt hatte, war sie eingeschlafen.
    Sela weiß aus den Büchern, dass der sechzehnte Geburtstag für ein Faemädchen etwas ganz Besonderes ist. Es ist der Tag, an dem sie zur Frau wird. Die Vetteln hatten ihr ein tolles Geschenk versprochen, und Sela kann kaum erwarten, es zu sehen. Das einzige Geschenk, das sie bisher erhalten hatte, war der mechanische Vogel von Lord Tanen gewesen. Der Vogel, den er kurz darauf einfach zertreten hatte. Sie hatte die Vetteln gefragt, ob ihr Geburtstagsgeschenk so sein würde wie dieser Vogel, doch sie hatten ihr gesagt, sie solle nicht töricht sein. Mädchen wie sie hatten keinen Geburtstag.
    Der Tag kommt, und Sela erwacht schon im ersten Licht des Tages. Sie legt eines der besonderen Gewänder an. Die Vetteln haben ihr erklärt, wie man es richtig trägt. Zum Tanz in der Stadt. Sie hatte gelernt, wie man Schuhe und Ohrringe passend auswählt, wie man das Haar mit Blendwerkskämmen aufsteckt und wie man sich die Lippen und Augenlider schminkt. Sie weiß, wie man die Quadrille und Tarantella tanzt und wie man einen Fächer hält. All diese Dinge würden ihr später einmal nützlich sein, wenngleich sie nicht

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