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Schattenspäher

Schattenspäher

Titel: Schattenspäher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Sturges
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hatte, oder ob er seinem einzigen Gefährten nachtrauerte. Was auch immer der Grund war, er ließ seine schlechte Laune an Silberdun aus. Nicht nur fanden die praktischen Übungen jetzt noch öfter statt und gerieten immer schweißtreibender, Jedron übertrug ihm zu allem Überfluss auch einen Teil von Ilians Pflichten. Und so musste Silberdun neben dem kräftezehrenden Training auch noch das Essen kochen und die Böden schrubben. Gerade der rechte Zeitvertreib für den ehrenwerten Faelord von Friedbrück und Connach. Nicht dass er in der Vergangenheit seiner Stellung gerecht geworden wäre. Silberdun musste zugeben, dass der Titel nur für zwei Dinge zu gebrauchen war: um alle möglichen Frauen ins Bett zu kriegen und ihn mit gerade so viel Geld zu versorgen, dass er nicht in der Gosse landete. Dass die Leute sich vor einem verneigten, war schön und gut, doch er hatte mit den Jahren festgestellt, dass die Gesellschaft der einfachen Leute weitaus amüsanter war als die seiner Standesgenossen.
    »Reicht nicht!«, brüllte Jedron eines Morgens, als es Silberdun nicht gelang, den Turm innerhalb der Zeit zu erklimmen, die der Meister festgesetzt hatte. »Ihr besitzt die Gabe der Elemente, Schüler! Wenn Ihr also keine Haltegriffe vorfindet, dann erschafft Euch gefälligst welche! Macht sie aber so, dass niemand sie bemerkt.«
    Ein paar Tage später, während ihres abendlichen Kartenstudiums, schlug Jedron Silberdun aus heiterem Himmel mit einer zusammengerollten Stoffkarte. Sie traf Silberdun am Auge, sodass er einen ganzen Tag lang halbblind durch die Gegend stolperte.
    Zudem weigerte sich Jedron, über Ilian zu sprechen, wie auch über den Umstand, dass dieser einen Mann getötet hatte (oder die Frage zu beantworten, ob das Opfer der zweite Rekrut gewesen war). Ja, er erwähnte nicht einmal Ilians Namen. Am Tag nach dem Vorfall wurde Silberdun angewiesen, Ilian künftig das Essen zu bringen, während Jedron darüber befinden wollte, was mit seinem ehemaligen Vertrauten zu geschehen hatte.
    Der Keller war klein. In einer Ecke befand sich eine Zelle. Darin lag Ilian, zusammengeschlagen und blutüberströmt, nur mit einem Leinentuch bekleidet.
    Die Zellengitter bestanden aus nacktem kaltem Eisen. Als Silberdun noch ein junger Bursche gewesen war, hatte er gedacht, kaltes Eisen sei tatsächlich eiskalt. Doch man hatte ihn eines Besseren belehrt, als er im Internat eine Eisenstange berührt hatte. Das Fleisch an seinem Finger platzte unter der Berührung auf und zog sich zurück, wie um den Kontakt mit dem Metall zu vermeiden. Der belustigte Physiklehrer hatte sodann ausgeführt, dass das re, die magische Essenz, eine tiefe Abneigung gegen kaltes Eisen hege und unmittelbar von ihm abgestoßen würde. Silberdun trug bei diesem anschaulichen Experiment eine dicke Blase am Finger davon und war eine Woche lang nicht imstande, re zu benutzen.
    In der ersten Zeit nahm Ilian die Mahlzeiten, die hauptsächlich aus Brot und Wasser bestanden, schweigend von Silberdun entgegen und reichte ihm im Gegenzug seinen Aborteimer. Dabei schaute er Silberdun fragend in die Augen, sagte aber nie etwas.
    Dann, eines Morgens, als Silberdun ihm das Frühstück brachte, sprach Ilian.
    »Wie geht es ihm?«, fragte er, als er den kleinen trockenen Brotlaib durch die Gitter entgegennahm.
    »Was?« Silberdun war verwirrt.
    »Wie geht's Jedron? Was ist mit seinen Launen? Ist er immer noch so schwierig? Betrinkt er sich bis zum Umfallen oder ähnliches?«
    »Was kümmert es Euch? Wenn ich mich recht erinnere, habt Ihr uns noch vor wenigen Wochen umbringen wollen. Eure Fürsorge erscheint mir etwas fehl am Platze.«
    »Ich fühle mich Jedron zutiefst verbunden. Er ist mein ältester und treuester Freund. Doch Ihr müsst verstehen, dass er nicht mehr der ist, der er einst war. Er reagiert bisweilen irrational, paranoid. Als Mentor und ehemaliger Schatten ist er nach wie vor unerreicht, doch sein fortschreitendes Alter, die Isolation und die Schuldgefühle über das, was er getan hat, fordern ihren Tribut.«
    Silberdun dachte einen Moment über das Gehörte nach. Sprach Ilian die Wahrheit? Das Herz wurde ihm schwer. Wenn Jedron tatsächlich verrückt war ...
    »Ich sah, wie Ihr einen Mann getötet habt«, sagte Silberdun. »Und Ihr habt versucht, mich zu vergiften.«
    »Seid Ihr Euch dessen wirklich sicher?«, fragte Ilian. »Habt Ihr tatsächlich mit eigenen Augen gesehen, wie ich Eisenfuß tötete?«
    Eisenfuß. Der andere Rekrut. Silberdun versuchte

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