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Schattenspäher

Schattenspäher

Titel: Schattenspäher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Sturges
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schnell?
    Neben dem Fremden stand noch ein anderer Mann, doch Sela nahm ihn kaum wahr. Sie starrte den Fremden an, bis der seinen Blick von ihr losriss, doch bevor er das tat, entspann sich zwischen ihnen ein Faden in Rot, Orange und Gold. Als die Verbindung hergestellt war, hatte sie das Gefühl, als zerre der Faden an ihr, als zöge es sie förmlich zu ihm. Was natürlich töricht war; diese Fäden existierten doch nur in ihrer Vorstellung. Nie vermochte sie einen wirklich zu spüren oder gar zu sehen. Und doch ...
    Sie bemerkte, dass Everess sie seltsam ansah. »Hast du Silberdun schon kennen gelernt?«, fragte er.
    Silberdun. Der Fremde hieß Silberdun.
    »Daran würde ich mich gewiss erinnern«, sagte Silberdun und trat auf Sela und Everess zu. Der andere Mann verdrehte aus einem ihr unerfindlichen Grund die Augen. Egal, wie tief sie ins Gefühlsleben anderer auch einzutauchen vermochte, es gab immer wieder Reaktionen, die sie verblüfften.
    »Nun, in diesem Fall hat wohl niemand was dagegen, wenn wir die offizielle Vorstellung mit einem Schnäpschen verbinden«, meinte Everess. »Wo zum Teufel ist dieser Totengräber Paet?«
    »Hier.« Paet trat aus seinem Büro. Er mochte Everess nicht, das wurde Sela in der gleichen Sekunde klar. Dazu musste sie nicht einmal irgendeinen Faden zwischen den beiden auslesen. Und als sich schließlich einen Faden zwischen den zwei Männern manifestierte, da war er von grüner und brauner Farbe mit einem Hauch Violett, der von Everess ausging. Everess hatte Angst vor Paet, ein bisschen, doch Sela wusste, er würde es sich niemals anmerken lassen.
    Sie beobachtete, wie sich die Verbindungen aller anwesenden Männer zueinander formten. Es war ein faszinierendes Netz, das da entstand, aber Sela hatte keine Zeit, es zu analysieren, weil Everess nun jeden mit jedem bekannt machte. Der traurige, zornige Mann mit dem Gehstock war Paet. Der zuversichtliche, intelligente hieß Styg Falores, aber er wollte, dass man ihn Eisenfuß rief. Und der atemberaubende war Perrin Alt, Lord Silberdun. Ein Lord!
    »Lassen wir das mit dem Lord«, meinte Silberdun, als Everess seinen Titel bekannt gab. »Bitte nennt mich einfach Silberdun.«
    Sela musste sich ein dümmliches Grinsen verkneifen. Sie würde ihn nennen, wie immer er wünschte.
    In diesem Moment ergriff Furcht von ihr Besitz. Ganz gewiss war es nicht angemessen, dass sie derartige Gefühle für jemanden in Silberduns Position hegte. Wenngleich sie nicht mal wusste, in welcher Position sie eigentlich war.
    »Nehmt doch im Einsatzraum Platz«, sagte Paet. »Nun, da alle beisammen sind, ist's wohl an der Zeit, zu besprechen, worum es hier überhaupt geht.«
    »Wohl denn«, sagte Everess. »So mögt Ihr beginnen, Anführer Paet.« Es war dem Alten offenbar ein Anliegen, Paet einmal mehr zu verstehen zu geben, wer hier das Sagen hatte. Paet tat so, als hätte er den Wink nicht bemerkt, doch Sela wusste es besser.
    Sela ließ sich so weit wie möglich von Silberdun entfernt auf einem der Stühle nieder. Der Edelmann schien sie ostentativ zu ignorieren. Der Faden zwischen ihnen war so stark, dass sie fast seine Gedanken erspüren konnte. Sie trieb haltlos dahin wie auf offener See, versuchte sich auf etwas anderes als ihn zu konzentrieren und scheiterte kläglich.
    Plötzlich sah er sie an und hob eine Augenbraue. Er lächelte ein schwaches, fast unmerkliches Lächeln und schüttelte dann fast ebenso unmerklich den Kopf. Nein. Er hob die Hand in einer schnellen Bewegung, und der Faden zwischen ihnen verblasste. Dann war er fort, war Silberdun fort. Sie hätte fast auf ihrem Stuhl geschwankt angesichts dieses plötzlichen Verlusts. Sie senkte den Blick, und als sie ihn wieder ansah, lag ein seltsamer Ausdruck auf seinem Gesicht. Sie konnte nicht sagen, was es war. Trauer? Verwirrung? Neugier?
    Niemand hatte ihr jemals so etwas angetan. Es war entwaffnend und enervierend zugleich. Immerhin konnte sie sich nun auf das konzentrieren, was Anführer Paet ihnen zu sagen hatte. Dieser wandte sich nun in seiner Rede an alle Anwesenden.
    Paet saß auf der Kante eines Schreibtischs und sah abwechselnd Silberdun, Eisenfuß und Sela an. »Ich kann Euch gar nicht sagen, wie froh ich bin, dass Ihr drei heute vor mir sitzt«, begann er. Was seltsam war, denn Sela konnte mit Leichtigkeit spüren, dass er alles andere als glücklich war. Vielmehr entsprach sein Gefühl einer grimmigen Befriedigung. Andererseits hatte Sela erfahren müssen, dass die Leute nur selten

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