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Schattenspiel

Schattenspiel

Titel: Schattenspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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mußt dich sofort von ihr trennen!«
    »Vater, weil ein betrunkener Mann eine bösartige Verleumdung ausgesprochen hat...«

    »Was heißt Verleumdung? Wo Rauch ist, muß auch Feuer sein, so denken die Leute! Verdammt, ich habe es gewußt, ich habe es gespürt, daß es einen dunklen Punkt in ihrer Vergangenheit geben muß! Habe ich es dir nicht gesagt? Habe ich nicht gleich ...«
    »Vater«, unterbrach John den Redefluß, »es ändert sich durch diese Geschichte überhaupt nichts. Gina und ich fliegen übermorgen nach Europa, wie geplant. Und wir werden am 20. August in Wien heiraten.«
    Schweigen aus San Francisco. Dann kam es krächzend: »Was sagst du da?«
    »Glaubst du, ich gebe etwas auf das Gerede eines New Yorker Emporkömmlings oder auf das eines Zeitungsschmierfinken?«
    »Du wirst etwas auf das Gerede der Leute geben müssen , wenn du hochkommen willst!« schrie Eastley und warf den Hörer auf die Gabel.
    Zehn Minuten später rief er wieder an. »Du wirst nicht heiraten! Ich verbiete es dir!«
    »Ich lasse mir von dir nichts verbieten, Vater«, erwiderte John, und diesmal war er es, der abrupt auflegte.
    Er ging ins Schlafzimmer zurück, wo eine übernächtigte Gina im Sessel kauerte, die Beine angezogen, eine Wolldecke um die Schulter gelegt. Mit müden Augen starrte sie in den gleichförmig fallenden Regen hinaus. Die durchwachte Nacht, in der sie und John Stunde um Stunde geredet hatten, war ihr anzusehen. Ihr Make-up hatte sich verschmiert, die Haare waren zerwühlt. Sie fing gerade an, das dritte Päckchen Zigaretten zu rauchen.
    »Liebling«, sagte John zärtlich, »ich muß jetzt leider in die Kanzlei. Du solltest duschen oder ein Bad nehmen und dann in aller Ruhe frühstücken. Trink einen starken Kaffee, und dann mach dir einen gemütlichen, faulen Tag. Oder pack schon ein paar Sachen ein für die Reise. Und geh nicht ans Telefon.«
    Sie blickte hoch. »John, wir können nicht so tun, als wäre nichts passiert.«
    »Wir haben auch nicht so getan. Wir haben die ganze Nacht darüber geredet. Du hast mir erzählt, wie das damals war, und ich glaube es dir, und ich finde es auch überhaupt nicht schlimm.
David Bellino hat nur einen sehr ungünstigen Zeitpunkt gewählt, um seinen großen Auftritt zu inszenieren, weil im Moment jeder von Natalie Quint redet.« Nach einer kurzen Pause fügte John hinzu: »Er ist ein Verbrecher.«
    Das Telefon schrillte ohne Unterlaß.
    »Vielleicht sollten wir doch...«, meinte Gina.
    »Nein. Das ist nur Dad, der Dampf ablassen will. Das können wir uns ersparen.«
    »John, ich will nicht, daß du dich meinetwegen mit deinem Vater zerstreitest. Und ich will nicht, daß du meinetwegen...«
    »Darling, jetzt mach dich doch nicht verrückt. Solche Dinge werden erst aufgebauscht und dann ganz schnell vergessen. Komm, schau nicht so traurig! Ich komme heute früher aus der Kanzlei, und wir haben den ganzen Abend für uns!« Er gab ihr einen Kuß und lächelte, aber als er das Zimmer verließ, dachte er: Verfluchte Scheiße!
    Gina raffte sich endlich auf, ging ins Bad, duschte und zog sich an. Während sie versuchte, ihr bleiches Gesicht ein wenig zurechtzumachen, ging der Abend durch ihr Gedächtnis und die Nacht. David. Seltsam, sie hatte gewußt, was kommen würde. Von dem Tag an, wo er sie hier besucht hatte, hatte sie es gewußt. War es David Bellinos Bestimmung, alles kaputtzumachen, was er anfaßte? Jetzt auch sie?
    John hatte sich fabelhaft verhalten. »Es ist nicht schlimm«, hatte er ihr die ganze Nacht über versichert. »Ich liebe dich, Gina. Ein Mann wie David Bellino kann unsere Liebe nicht zerstören. Wenn wir als Mr. und Mrs. Eastley aus Europa zurückkehren, haben sich hier die Wogen geglättet und alles ist vergessen. «
    Sie verließ das Bad, Rouge auf den Wangen, die Lippen geschminkt, die Haare frisch gefönt. Sie sah wieder halbwegs normal aus. Auf dem Gang begegnete ihr das Hausmädchen Emmy. Sie schien verlegen und neugierig.
    Natürlich, dachte Gina, sie hat die Zeitung ja auch gelesen.
    »Mr. Eastley sagt, wir sollen nicht ans Telefon gehen«, sagte sie, »aber das dauernde Klingeln macht einen ganz verrückt!«

    Offenbar fürchtete John, es könnten Journalisten anrufen und das Personal zum Plappern verleiten. Wer wußte, was ein Mädchen wie Emmy alles erzählte, wenn es sich damit wichtig machen konnte?
    »Vielleicht kann man die Klingel leiser stellen«, sagte Gina, »und wer immer anruft, er wird es irgendwann aufgeben.«
    Nach zwei Tassen Tee

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