Schattenspiel
und einem Rührei fühlte sie sich bereits besser. Sollte sie an ihrer neuen Kriminalgeschichte arbeiten? Später, entschied sie. Erst würde sie einen Spaziergang mit Lord machen. Es regnete zwar noch immer, aber die frische Luft würde ihr guttun. Während sie ihren Ölmantel und die Gummistiefel suchte, fing das Telefon wieder an zu klingeln. Gestärkt wie sie jetzt war, nahm sie den Hörer ab.
»Ja?«
»Gina?« Es war David.
Sie atmete tief. »Ja, hier ist Gina.«
»Mein Gott, ich versuche schon seit Stunden, dich zu erreichen! Ich müßte eigentlich längst am Flughafen sein. In einer dreiviertel Stunde geht mein Flieger nach New York!«
»Dann laß dich nicht aufhalten.«
»Gina!« Es klang flehend. »Ich wollte mich entschuldigen. Ich habe mich unmöglich aufgeführt gestern abend. Ich kann es nur dadurch erklären, daß ich vollkommen betrunken war, und...«
»David, ich wollte gerade spazierengehen«, unterbrach Gina.
»Ich verstehe, daß du böse auf mich bist. Ich weiß auch nicht, warum... es kann wirklich nur am Alkohol gelegen haben. Ich habe viel Ärger gehabt in der letzten Zeit. Und die junge Frau, mit der ich gestern abend bei euch war, möchte unbedingt...«
»Das interessiert mich alles wirklich nicht!«
»Sie ist wie eine Klette, redet von nichts anderem als vom Heiraten, und ich weiß nicht, was ich ... «
»Ruf die Kummerkastentante von Cosmopolitan an«, riet Gina kühl. »Ich kann dir nicht helfen.« Sie legte auf. Idiotischerweise nahm sie noch einmal ab, als es gleich darauf wieder klingelte. »Was denn noch?« fragte sie gereizt. Es war jedoch nicht David. Es war Johns Vater.
»Ah — Miss Loret selber.« Er hatte sie sonst immer Gina genannt. »Gut, daß ich Sie erreiche. Ist John da?«
»Er ist in seiner Kanzlei.«
»So. Vielleicht sollten wir dann miteinander reden. Was ist dran an dem, was in der Zeitung steht?«
»Nichts.«
»Aha. Dann hat David Bellino sich das aus den Fingern gesogen! «
»Er hat eine harmlose Sache, die zudem Jahre zurückliegt, aufgebauscht. Er war betrunken und wußte nicht, was er redet.«
»Alles sehr unschön. Für John kann das gefährlich werden.«
»John sieht das anders.« Nur nicht aufregen, Gina, beschwor sie sich im stillen, ganz ruhig!
Die Stimme des alten Eastley klang drohend. »Ja. John ist leichtsinnig. Das ist er immer gewesen, schon zu Veroniques Zeiten. Er begreift nicht, was auf dem Spiel steht. Heute früh erklärte er mir, sie beide hätten noch immer die Absicht, am 20. August zu heiraten. Stimmt das?«
»Ja.« Sie fing leicht an zu zittern.
»Das ist unmöglich. Unmöglich! Ich hoffe, Sie verstehen mich. John hat eine glänzende Zukunft vor sich. Wir alle, seine ganze Familie, haben viel in ihn investiert. Wir lassen uns das nicht zerschlagen. Wenn Sie auch nur eine Spur von Verantwortungsgefühl haben, sehen Sie das ein und lassen ihn gehen!«
Ihn gehen lassen? Was redete der Alte?
Gina merkte, wie die Wut in ihr emporkroch. »John und ich«, sagte sie so beherrscht wie möglich, »sind die einzigen, die darüber zu entscheiden haben. Und wir haben uns entschieden. Wir werden heiraten.«
Leise erwiderte er: »Glauben Sie nicht, das wird sich eines Tages rächen? Wenn John seine Zukunft, seine Karriere verliert, dann wird er Sie irgendwann dafür verantwortlich machen. Er wird es Ihnen nicht verzeihen.«
»Das können Sie meine Sorge sein lassen.«
»Ich will Ihnen etwas sagen, Miss Loret. Das lasse ich auch Ihre Sorge sein. Was aus Ihnen wird, ist mir vollkommen gleichgültig.
Aber meinen Sohn lasse ich von Ihnen nicht kaputtmachen. Ich werde alles tun, um diese Heirat zu verhindern!«
»Tun Sie, was Sie wollen«, sagte Gina. Auf der anderen Seite wurde aufgelegt. Idiot, dachte sie wütend und verletzt. Als es wieder klingelte, schrie sie fast in den Hörer. »Ja?«
Es war Natalie. Sie rief aus New York an und schien ziemlich aufgeregt. »Gina! Ich habe die Zeitung gelesen und wollte mich gleich bei dir melden. Was hat dieser Scheißkerl David jetzt schon wieder verbrochen?«
In kurzen Worten berichtete Gina von den Ereignissen des vergangenen Abends. Sie merkte dabei, wie müde und bedrückt ihre Stimme klang. »Ich hoffe, das alles hat keine Folgen für John. Wir wollen am 20. August heiraten. Aber ich bin mir nicht mehr sicher, ob wir das wirklich tun sollten.«
»Wie kommt David auf seine Anschuldigungen?«
Gina zögerte. »Erinnerst du dich an St. Brevin? Damals, gleich nach dem Examen?«
Auf der
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