Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schattenspiel

Schattenspiel

Titel: Schattenspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
Vom Netzwerk:
ließ, vielleicht war es auch ein Versuch, der Trostlosigkeit zu entfliehen, die seit Mummies Tod noch düsterer über der Wohnung lastete als früher. Manchmal konnte sie das Gestammel ihres Vaters, seine gelallten, unverständlichen Äußerungen kaum mehr ertragen. Sein Schnarchen ließ die Wohnung erzittern. Sie hatte die Hände auf die Ohren gepreßt und plötzlich gedacht: Warum gehe ich eigentlich nicht ins Plaza? Wahrscheinlich dauert es nicht lange, und ich muß sowieso zurück, aber für kurze Zeit könnte ich es doch ausnutzen.
    An der Rezeption wurde sie freundlich empfangen. »Miss Hart? Mr. Baker hat schon alles arrangiert. Dürfen wir Sie zu Ihrer Suite geleiten?«
    Die Suite bestand aus einem Wohn- und einem Schlafzimmer und einem luxuriösen Bad mit großer, in den Boden eingelassener Marmorwanne. Auf dem Bett – in dem leicht fünf Menschen nebeneinander Platz gehabt hätten – lagen viele Päckchen, große und kleine, alle mit glänzendem Papier und großen bunten Schleifen umwickelt. Auf dem Tisch in der Mitte des Zimmers leuchtete ein gewaltiger Blumenstrauß, daran lehnte eine Karte.

    »Liebe Laura, ich hoffe, es ist alles zu Ihrer Zufriedenheit. Es macht mir Spaß, Sie ein wenig zu verwöhnen, und ich wünsche mir, daß Sie meine Geschenke annehmen. Jason Baker.«
    »Ich wüßte zu gern, wer Mr. Baker ist«, murmelte Laura. Der dicke Mann hatte nach ziemlich viel Geld ausgesehen. Das Mädchen, das sie aufs Zimmer begleitet hatte, machte große Augen. »Sie wissen nicht, wer Mr. Baker ist? Das ist einer der reichsten Männer hier im Osten. Ihm gehört eine Fastfood-Kette.«
    »Oh...« Laura hatte keine Ahnung, daß das Mädchen ein Trinkgeld erwartete, und nickte ihm nur freundlich zu. Die andere wartete noch einen Moment, dann verließ sie mit schnippischer Miene das Zimmer.
    Laura machte sich daran, die Pakete auszupacken. Seidene Strumpfhosen kamen zum Vorschein, Abendschuhe mit goldgefärbten Riemchen und bleistiftdünnen Absätzen, cremefarbene seidene Unterwäsche, ein dunkelgrünes Neglige, das nur aus Spitzen bestand, ein kurzes, schwarzes Cocktailkleid, ein langes Abendkleid aus nachtblauem Samt, ein paar seidene Tageskleider und zwei helle Kostüme. In einer samtgepolsterten Schmuckschatulle lag ein schweres goldenes Collier. Laura ließ ihren abgetragenen Mantel auf den Boden fallen, zog ihre Kleider aus und schlüpfte in das Neglige. Noch nie zuvor hatte sie etwas so Feines auf ihrer Haut gespürt. Sie stieß einen leisen Laut der Überraschung aus, als sie sich im Spiegel erblickte. Dieses schöne, zarte Geschöpf... weiß schimmerte die Haut durch die Spitzen... auch ihr Gesicht schien verändert, so viel vornehmer. Mit zitternden Händen legte sie das Collier um ihren Hals. Wie schwer, wie kühl das Gold war! Jetzt sah sie aus wie die Frauen auf dem Fest neulich. Unnahbar und edel. Sie ließ eine ihrer langen Haarsträhnen durch die Finger gleiten. Sie könnte ein Bad nehmen, mit viel Schaum, und sich dann die Haare waschen.
    In diesem Moment wurde an die Tür geklopft. Laura dachte, es sei noch einmal das Zimmermädchen und öffnete, ohne zu zögern. Vor ihr stand Jason Baker.
    »Ich sehe, Sie freunden sich bereits mit den schönen Seiten des
Lebens an«, sagte er und tupfte sich den Schweiß von der Stirn. »Hier, bitte sehr.« Er reichte ihr eine große, weiße Schachtel.
    Als Laura die Schnüre löste, kam ihr ein schimmernder dunkelbrauner Nerz entgegen. »Mr. Baker...«
    »Jason.«
    »Jason, das ist alles... ich meine, dieser Pelz, das Collier, die Kleider, das kostet ein Vermögen. Und dieses Zimmer...«
    »Für mich ist das kein Vermögen. Ich werde Ihnen noch viel mehr schenken. Autos, Häuser, Reisen in die ganze Welt. Was Sie wollen.«
    »Jason, das kann ich doch nicht annehmen. Das alles hier...« Sie blickte an dem hauchfeinen Neglige hinunter und zum erstenmal wurde ihr bewußt, wie nackt sie vor dem fremden Mann stand. »Das belastet mich! Es ist zuviel!«
    »Es ist nicht zuviel. Nicht für eine so schöne Frau. Nicht für eine Frau mit solch einem Körper.« Er legte plötzlich beide Arme um sie und zog sie zu sich heran. »Ich habe eine Frau, Liebling, aber sie bedeutet mir nichts mehr. Dich habe ich begehrt, seitdem ich deine Bilder gesehen habe. Ich möchte alles für dich tun, dir jeden Wunsch erfüllen. Wir könnten ein wunderbares Leben haben. Ich habe Geld, und du hast deine Schönheit. Gib mir deine Schönheit, und du kannst all mein Geld haben.

Weitere Kostenlose Bücher