Schattenspiel
habe«, sagte David, »und um dir meine Freude zu beweisen...« Er zauberte eine kleine, samtbezogene Schachtel aus seiner Jackettasche und reichte sie Laura. Sie öffnete sie, und vor ihr lag eine weißgoldene Uhr, verziert mit kleinen Saphiren und Diamanten.
»Cartier«, erklärte David, »und zwar natürlich eine von den signieren. «
»David...«
»Du sollst wissen, wie kostbar du mir bist, kleine Laura. Aber bitte – du hast schon wieder das Besteck vertauscht. Könntest du...«
»Ja, David.« O Gott, eines Tages werde ich davonlaufen!
New York, 29. 12. 1989
1
»Wann haben Sie Ken wiedergesehen?« erkundigte sich Gina.
Laura wandte sich um. »Wie kommen Sie darauf, daß ich...«
»Sehr einfach«, mischte sich Kelly ein, »da Sie und Ken gemeinsam den Einbruch hier in der Wohnung geplant haben, müssen Sie einander ja irgendwann gesehen haben.«
»Das ist eine Unterstellung, Inspektor!« fauchte Laura.
»Das hatte ich nicht gemeint«, erklärte Gina, »nach allem, was Laura erzählt hat, ist mir klar, daß sie Ken liebt. Sie liebte ihn auch noch, als sie mit David zusammenlebte und völlig in seinen Bann gezogen wurde. Sie waren abhängig von David, nicht wahr, Laura? Keineswegs in ihn verliebt!«
Laura schaute niemanden an, sie sah zum Fenster hinaus. »Ich wollte nicht so enden wie meine Mutter und June.«
»Und was verband Sie mit Ken?« erkundigte sich Kelly.
Laura antwortete nicht.
Ein Januartag war es gewesen, am Anfang dieses Jahres, ein Tag, an dem ein wärmerer Wind durch die Straßenschluchten von Manhattan brauste und den Schnee schmelzen ließ. Nur zwei Wochen zuvor hatten sie Andreas Bredow beerdigt, der in der Neujahrsnacht einem Herzinfarkt erlegen war, und Laura war mit Sack und Pack in das feudale Penthouse in der Fifth Avenue umgesiedelt. Sie schlug sich seitdem mit dem Gefühl herum, ersticken zu müssen, denn hatte sie in ihrem eigenen Appartement noch völlig unbehelligt ihren eigenen Rhythmus leben können, so sah sie sich hier auf Schritt und Tritt von Hausmädchen und anderen Dienstboten verfolgt und beäugt. Früher hatte sie gern stundenlang auf dem Sofa gesessen und Musik gehört, hier hatte sie den Eindruck, die schnippischen jungen Mädchen schauten
sie verachtungsvoll an, wenn sie sie bei einer derart nutzlosen Tätigkeit ertappten. David arbeitete den ganzen Tag, aber was sollte sie tun? Als sie mit ihm darüber sprach, lachte er. »Weißt du, was die Frauen anderer reicher Männer machen? Die sitzen den ganzen Tag bei der Kosmetikerin oder beim Friseur, oder sie engagieren sich für irgendeine gute Sache. Ich weiß, auf die Dauer füllt dich das bestimmt nicht aus, aber bis wir uns etwas überlegt haben, könntest du es dir doch richtig schön machen. Laß dich verwöhnen, bade ein bißchen im Luxus. Du hast es verdient. «
Sie war darauf nicht näher eingegangen, aber das Käfiggefühl hatte sich verstärkt, und besonders schlimm war es an dem Morgen gewesen, als sie den Anruf bekam. Ein Hausmädchen – eine kleine Person, mit spitzer Nase, namens Lily – brachte ihr den Apparat ins Bad, wo sie vor dem Spiegel stand und ihr schönes Gesicht betrachtete. Ob sie doch eines der vielen Angebote annehmen und als Fotomodell arbeiten sollte? Noch gab es Angebote von Agenturen. Aber David mochte das nicht. »Dein Gesicht und dein Körper gehören mir, Laura. Kannst du nicht verstehen, daß ich etwas, was ich liebe, nicht mit anderen teilen möchte?«
»Ich müßte ja keine Nacktbilder machen. Es gingen auch Modefotos... «
»Ich möchte es nicht.«
»Ein Anruf für Sie, Madame. Der Herr hat seinen Namen nicht genannt. Ich soll nur ausrichten, er sei ein Freund von Ken.« Lily sagte es mit einem anzüglichen Unterton. Sie machte nie einen Hehl daraus, daß sie dieses junge Ding aus der Bronx, das durch Nacktfotos im »Hustler« zu zweifelhaftem Ruhm gelangt war, absolut nicht als Respektsperson empfand.
»Es ist gut, Lily. Sie können gehen.« Ihre Stimme klang heiser, als sie in den Hörer sprach. »Ja?«
»Laura Hart?« Der Anrufer war mindestens ebenso heiser wie sie. »Hier spricht Joe. Ich bin ein Freund von Ken. Sie kennen ihn?«
»Ja. Ja, natürlich.« Joe... Joe... der Name sagte ihr nichts.
»Ken und ich haben uns beim Entzug kennengelernt. Wir sind Freunde.«
»Wie geht es Ken?« Schon während sie diese Frage stellte, hatte sie ein komisches Gefühl, mehr noch: Sie hatte Angst.
»Schlecht. Um nicht zu sagen, beschissen.« Joe hustete, es klang,
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