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Schattenspiel

Schattenspiel

Titel: Schattenspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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Bellino bist und an einer großen Tafel dinierst... stell dir vor, was für Augen die Leute machen, wenn du das Besteck falsch hältst!«
    Sie starrte auf ihren Teller, tat, als sei sie völlig konzentriert auf ihr Fleisch, aber bei sich dachte sie feindselig: Wenn du wüßtest, wie kalt es mich läßt, was die Leute denken!
    Zwischen dem Tag, da Mum gestorben war, und heute lagen sieben Monate. Vor sechs Monaten waren ihre Bilder im »Hustler« erschienen. Bis heute verstand sie nicht, warum das nackte Mädchen mit der Löwenmähne und den schläfrigen Augen einen solchen Rummel ausgelöst hatte. Sie fand alle anderen Frauen in dem Magazin schöner, blond und niedlich, mit kleinen Stupsnäschen und vollen Lippen.
    »Pah!« hatte Barry gemacht, als sie ihn darauf ansprach. »Das sind Zuckerpuppen, eine so fad wie die andere. Da sieht jede gleich aus. Und übertreffen können sie einander nur in der Dummheit ihres Gesichtsausdruckes. Du hast ein Gesicht, Laura, und abgesehen davon auch einen vollendet schönen Körper.«
    Plötzlich hatte sie Angebote von anderen Fotografen und von anderen Zeitschriften bekommen. Eine Model-Agentur hatte sich gemeldet und ein Produzent, der erotische Filme drehte. Laura hatte, völlig benommen, erst einmal abgewehrt.
    »Ich muß mir das noch überlegen... ich weiß nicht, was ich tun soll...«
    Es schien, als überwältige sie das neue Leben. Auf einmal sorgte man für sie, sie wurde eingeladen, beschenkt, in Kreise eingeführt, von deren Existenz sie gehört, die sich vorzustellen sie jedoch nicht in der Lage gewesen war. Irgendein Verlag –
Laura hatte keine Ahnung, ob er mit dem »Hustler« zu tun hatte – lud sie zu einer Party ein, und sie erschien dort in einem Kleid, das Mum in ihrer Jugend getragen hatte, und alle starrten sie an. Noch nie war Laura etwas so peinlich gewesen. Das Kleid hing wie ein Sack an ihr, es bestand aus einem dunklen Stoff, der mit kleinen Streublumen bedruckt war und hatte einen viereckigen Ausschnitt, einen Lackgürtel und kleine Puffärmel. Dazu trug sie ihre schwarzen, etwas derben Straßenschuhe. Alle anderen Frauen hatten teure, schicke Partykleider an, trugen kostbaren Schmuck und dufteten nach guten Parfums. Laura litt den ganzen Abend über Höllenqualen, hielt sich an ihrem Sektglas fest und bildete sich ein, jeder würde über sie tuscheln. Als sie gerade beschlossen hatte, sich unauffällig davonzustehlen, trat ein Mann an ihre Seite, ein kleiner, dicker, der sich ständig mit einem Taschentuch die Schweißperlen von der Stirn wischte und seine Gläser immer halb ausgetrunken abstellte, ehe er sich ein neues nahm.
    »Miss Hart, ich habe Ihre Bilder im ›Hustler‹ gesehen«, sagte er ohne Umschweife. »Sie sind eine sehr schöne Frau. Sie müssen nur etwas ausgestattet werden für das neue Leben, das Sie jetzt führen.« Er sah an ihrem Kleid hinunter, schüttelte sich, als er bei den Schuhen anlangte. »Würden Sie mir erlauben, Ihnen ein paar Sachen zu schenken?«
    »Ich weiß nicht... ich...«
    »Größe 38 nehme ich an? Okay. Wo kann ich Ihnen das Zeug hinschicken?«
    Zögernd nannte Laura ihre Adresse. Der Dicke schüttelte sich wieder. »Das ist natürlich nicht die richtige Umgebung für Sie. Ich werde Ihnen eine Suite im Plaza mieten.«
    »Das geht nicht«, protestierte Laura.
    Der Dicke schnaubte. »Hören Sie, Miss Hart, Sie brauchen jetzt ein bißchen exklusiven Lebensstil. Für den Anfang war das eine ganz hübsche Geschichte, das naive Mädchen aus der Bronx, völlig mittellos und arm, mit nichts ausgestattet als mit einem hinreißenden Gesicht und einem höchst sinnlichen Körper... «

    Sinnlicher Körper, dachte Laura verächtlich, wenn der wüßte, wie wenig sinnlich ich bin!
    »Aber das hat sich schnell ausgereizt, und dann ist ein Auftritt wie der heutige in einem solchen Kleid nicht mehr originell, sondern nur noch unmöglich. Man wird Sie blitzschnell abschieben, und über Nacht sind Sie vergessen. Also, was ist?«
    Laura hätte am liebsten geantwortet, daß sie sich in der New Yorker High Society völlig fehl am Platz und äußerst unwohl fühle, aber aus irgendeinem Grund bekam sie den Mund nicht auf.
    Ihr Gegenüber schien das als Zustimmung zu werten. »Morgen abend können Sie ins Plaza umsiedeln, Miss Hart. Eine Suite wird auf Sie warten.«
    Ich werde das morgen entscheiden, dachte Laura und verschwand erleichtert.
    Vielleicht war es Neugier, was sie am nächsten Abend tatsächlich zum Central Park South laufen

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