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Schattenspiel

Schattenspiel

Titel: Schattenspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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Eßzimmer, die Bar und Davids Arbeitszimmer. Schlafräume, Bäder und Gästezimmer lagen im unteren Stockwerk.
    Diese Wohnung ist ziemlich groß, aber nicht einen Bruchteil so groß wie unser verschuldetes Schloß, und irgendwo werde ich hier den lieben David schon auftreiben, dachte Gina und schloß lautlos die Tür ihres Zimmers hinter sich. Im Gang brannte immer ein schwaches Licht, warm und gedämpft. Gina erinnerte sich an das bläuliche Licht in den Gängen von Saint Clare, das den Schülern nachts den Weg zu den Toiletten wies. Sie konnte den unangenehmen kalten Steinfußboden unter den nackten Füßen spüren, wenn sie mit flatterndem Nachthemd zum Klo gerannt war und zähneklappernd den Moment herbeigesehnt hatte, wenn sie wieder in ihr warmes Bett kriechen konnte. Hier war es natürlich auch nachts überall warm; weicher, goldfarbener Teppichboden breitete sich zu ihren Füßen aus. Gina hatte sich Parfum hinter die Ohren und in den Ausschnitt ihres Negliges gesprüht, die Haare gebürstet und die Lippen nachgezogen. Sie war noch immer die Schönste von allen, das hatte sie heute abend wieder gemerkt. Nicht einmal dieses junge Ding, diese Laura, konnte mithalten. Sie war frisch wie der Frühling, aber sie, Gina, war von geheimnisvollerer Art. Da sie nie daran gezweifelt hatte, daß sie von einem Mann bekommen konnte, was immer sie wollte, zweifelte sie auch heute nicht.

    Der weiche Teppich verschluckte jeden ihrer Schritte, als sie den Gang entlanglief.
     
    Mit müden, kraftlosen Bewegungen kehrte Laura in ihr Schlafzimmer zurück. Eine Weile starrte sie sich im Spiegel an, verfolgte mit den Augen die zarten Linien ihrer Wangenknochen, ihrer zerbrechlichen Nase, ihrer schmalen Lippen. Sie hatte geweint, und die Wimperntusche lief ihr in schwarzen Streifen bis zum Kinn hinab.
    »Ein verheultes, kleines Schulmädchen«, murmelte sie.
    Gina war in Davids Büro verschwunden. Die schöne, elegante, selbstbewußte Gina. Laura wünschte, sie wäre nicht hinterhergeschlichen und hätte nicht gelauscht.
    Aber hatte es irgendeinen Sinn, die Augen vor der Wahrheit zu verschließen?
    Das Telefon klingelte. Da die rote Lampe am Apparat aufblitzte, wußte Laura, daß der Portier anrief. Es war kein Dienstbote mehr in der Wohnung. Sie nahm den Hörer ab. »Ja?«
    »Miss Hart? Guten Abend. Die Leute vom Restaurant sind da und möchten das Essensgeschirr abholen. Ist es Ihnen recht, oder sollen sie morgen früh wiederkommen?«
    »Schicken Sie sie herauf. Ich komme zur Tür.« Sie legte den Hörer wieder auf und schaute noch einmal in den Spiegel. Unvermittelt fiel ihr ein, wie oft ihre Mutter wegen ihres Vaters geweint hatte. Arme Mum, dachte sie zärtlich.
    Unten im Flur sah sie Gina, die soeben von David zurückkam, und Steve, der gerade Marys Zimmer verließ. Es war ihm ganz offenbar peinlich, dabei bemerkt zu werden.
    »Mary und ich haben nur noch etwas besprochen«, murmelte er.
    Gina grinste. »Aber du mußt uns doch nichts erklären, Steve! Wir wissen, daß die Frauen dich lieben. Und du sie – solange sie standesgemäß sind!«
    Steve funkelte sie wütend an. »Wenn du schon immer ein so schnelles Mundwerk hast, dann Erzähl doch mal, weshalb du hier mitten in der Nacht durch die Gegend pilgerst, Gina!«

    »Ich hatte noch eine Unterredung mit David.«
    In diesem Moment langte Laura bei den beiden an, und sie sah so blaß und nervös aus, daß Gina mitleidig dachte: Armes Mädchen, du solltest dir einen netten Mann suchen, der dich nicht so schikaniert wie David, und dessentwegen du nicht immerzu weinen mußt!
    Laut sagte sie: »Es ging um eine alte Rechnung. Zwischen David und mir ist noch nicht alles beglichen. Gute Nacht miteinander. « Sie verschwand in ihrem Zimmer.
    »Gute Nacht«, murmelten Steve und Laura. Steve hatte es ebenfalls eilig, seine Zimmertür hinter sich zu schließen. Laura betrachtete einen Moment lang die verschlossenen Türen, dann setzte sie ihren Weg fort. Es war fünfzehn Minuten nach elf.
     
    Um halb zwölf hielt es Mary nicht mehr aus und wählte die Nummer ihrer Londoner Wohnung. Vorher hatte sie ein dutzendmal sechs Stunden zurückgerechnet: In Europa mußte es jetzt halb sechs nachmittags sein.
    Nervös lauschte sie auf das Läuten. Dabei fragte sie sich, ob sie eben zu abweisend zu dem armen Steve gewesen war. (Mary verbrachte einen großen Teil ihrer Zeit damit, sich mit Gedanken herumzuschlagen, ob sie zu diesem oder jenem Menschen auch wirklich nett genug gewesen war.) Steve

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