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Schattenspieler (German Edition)

Schattenspieler (German Edition)

Titel: Schattenspieler (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dr. Michael Römling
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einige abgemagert
und mit gebrochenem Willen aus den Lagern zurückgekehrt
waren, saßen die anderen immer noch irgendwo ein
oder waren gar nicht mehr am Leben. Bergmann hatten sie
nicht erwischt. Er war abgetaucht, bevor sie seinen Namen
aus einem der anderen herausgefoltert hatten. Er hatte weiterkämpfen
wollen. Und weil er keine Familie hatte, war ihm der
Abschied leichtgefallen. Er hatte sich nach Moskau absetzen
können und war dort der Gemeinde der deutschen Exilkommunisten
beigetreten. Frustrierende zehn Jahre lagen hinter
ihm: Stalins Geheimpolizei misstraute ihnen und ihre Träume
von einer besseren Welt hatten sich spätestens mit dem Krieg in
Luft aufgelöst oder waren zu fiebrigen Rachegelüsten erstarrt.
Und dennoch gehörte Bergmann nach wie vor zu denen, die
glaubten, dass sich aus diesem Land noch etwas machen ließ.
Darum hatte er auch nicht einen Augenblick gezögert, als man
ihm den Sonderauftrag angeboten hatte. Weit hinter der Front
war er in deutscher Uniform mit dem Fallschirm abgesprungen
und hatte sich an die Fersen von Sommerbier geheftet,
der nun mit einem völlig überladenen Lkw vor ihm durch die
Dunkelheit fuhr.
    Sie kamen nur langsam voran. Bergmann wusste nicht, was
sie transportierten, aber es musste etwas sehr Wichtiges sein,
wenn sie in Moskau so scharf darauf waren. Und etwas sehr
Großes und Schweres. Achtundzwanzig Kisten, die offenbar
eigens für diese eine Ladung gezimmert worden waren. Er
selbst hatte sie nicht gesehen. Einer der sowjetischen Kontaktleute
hatte ihn vorgestern in heller Aufregung angefunkt und
nach Weimar beordert. Dort hatte er sich weisungsgemäß an
der Ausfallstraße auf die Lauer gelegt, nachdem er die Schlüssel
für das Krad und die gefälschten Papiere für die Kontrollpunkte
aus dem toten Briefkasten geholt hatte. Schließlich
war der Lkw gegen Abend dort vorbeigerollt. Bergmann hatte
schemenhaft die beiden Fahrer in ihren schwarzen SS-Uniformen
hinter der Scheibe gesehen. Dann hatte er das Krad angeworfen,
eine Minute gewartet und sich an ihre Fersen geheftet,
immer nordwärts, auf Magdeburg zu, dann bei Bernburg
auf die Straße nach Dessau. Sie schienen nicht gut vorbereitet
gewesen zu sein, denn sonst hätten sie gewusst, dass dort die
Elbbrücke abgebrannt war. Nach einigen Umwegen waren sie
kurz hinter der Stadt an einen Kontrollpunkt geraten und
hatten nach einem kurzen Palaver mit dem Posten die Fahrt
wieder aufgenommen. Bergmann hatte man dort ohne Fragen
durchgewinkt.
    Er hätte zu gern gewusst, was die da vorn jetzt redeten in
ihrem Führerhaus. Hatten sie einen Auftrag? Oder schafften
sie auf eigene Faust das beiseite, was da in den Kisten auf der
Ladefläche schlummerte? Was in aller Welt war so bedeutend,
dass man es bei Nacht und Nebel wegschaffen musste? Waffen,
vermutete Bergmann. Vielleicht Prototypen für irgendwelche
neuen Raketen, mit denen sie den Krieg noch gewinnen wollten,
diese Wahnsinnigen. Raketen, dachte Bergmann, das ist
es. Die kopieren unsere Leute dann in Moskau und schicken
sie nach Berlin mit schönen Grüßen. Aber das würde wohl
nicht mehr nötig sein. Berlin, das ist der Schutthaufen bei
Potsdam, witzelten die Leute schon.
    Der Lkw passierte einen kleinen Ort und bog dann nach
links ab. Bergmann ließ das Krad ausrollen, um den Abstand
zu vergrößern. Sie durchquerten ausgedehnte Weideflächen.
Ab und zu kamen ihnen jetzt Fahrzeuge entgegen, lauter Militärlaster,
dazwischen ein paar Panzer, die sich langsam dahinwälzten.
Und dann erschien plötzlich ein matt schillerndes,
breites Band auf der linken Seite. Die Elbe. Auf der anderen
Seite verrieten vereinzelte Lichtpunkte, dass da eine Stadt lag.
Bergmann hatte die Karte im Kopf. Das war Wittenberg.
    Als Nächstes kam eine Brücke in Sicht, die an einigen Stellen
taghell erleuchtet wurde. Im Näherkommen erkannte Bergmann,
dass unten auf dem Wasser kleine Boote dümpelten,
in denen Männer im gleißenden Flutlicht Fliegerbomben an
den Brückenpfeilern befestigten. Auf der Brücke selbst waren
einige Soldaten damit beschäftigt, Scheinwerfer auszurichten.
An einem Kran schaukelte eine weitere Bombe, während einige
Pioniere in den Booten mit den Armen fuchtelten und in
unfreundlichem Ton Kommandos nach oben schrien.
    Der Lkw hielt jetzt direkt vor der Brücke an einem Militärlaster,
neben dem zwei junge Soldaten standen. Einer von
ihnen gab dem Fahrer ein ungeduldiges Zeichen. Neben der
Auffahrt zur Brücke standen mehrere Lastwagen kreuz und
quer geparkt, und

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