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Schattenspur

Schattenspur

Titel: Schattenspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mara Laue
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gewissen Widerstand entgegen, ließ sich aber ins Kissen drücken, als ihr Körper spürte, dass Wayne stärker war. Wie Dr. Singer gesagt hatte, richtete sie sich wieder auf, kaum dass er sie losließ, ohne sich abzustützen. Er fand das erstaunlich, denn für diese Bew e gung bedurfte es halbwegs gut entwickelter Bauchmuskeln. Die Frau war jedoch ein bisschen beleibt. Wayne tastete ihren Bauch ab und fand seinen Verdacht bestätigt. Ihre Bauchmuskeln waren dermaßen schwach ausgeprägt, dass sie diese Bewegung eigentlich nicht aus eigener Kraft hätte ausführen können, ohne sich abzustützen. Er hielt ihr einen Finger vor die Augen und bewegte ihn hin und her. Ihre Augen folgten der Bewegung nicht.
    Er holte tief Luft und setzte seine Gabe ein. Sein Geist tauchte in ein schwarzes Loch ein. Wo er normalerweise mentale Substanz spürte, in der sein Bewusstsein wie in Wasser schwamm, fiel er hier in die Dunkelheit, in der es keinen Halt und keine Orientierung gab. Erst recht nicht die Bilder, die er immer sah, wenn er mit einem anderen Bewusstsein in Kontakt trat. Ein Gefühl von Kälte und Verlorenheit überschwemmte ihn, eine Orienti e rungslosigkeit, die ihn so erschreckte, dass er sich hastig zurückzog. Er schauderte und brauchte eine Weile, bis er sich wieder gefangen hatte.
    Er nickte Dr. Singer zu. „Den Nächsten, bitte.“
    Travis blickte ihn fragend an. Wayne zupfte sich zweimal am rechten Oh r läppchen, ihr nonverbales Zeichen, dass mit ihm alles in Ordnung war.
    Der nächste Patient war ein Mann mittleren Alters, bei dem alles genauso war wie bei der Frau; ebenso bei der nächsten Patientin. Nicht so bei Alma Renard. Im Gegensatz zu den anderen lag sie auf dem Rücken, starrte aber ebenfalls ins Leere. Sie trug einen Kopfverband, den eine Schwester gerade gewechselt hatte.
    Als Wayne in ihren Geist eintauchte, erhielt er zunächst wie bei den and e ren den Eindruck von Leere und Dunkelheit. Doch etwas war anders. Er hatte das Gefühl, in einer leeren Halle zu stehen. Als er sich umsah und die Wände betrachtete, schienen sie sich zu bewegen. Als er genauer hinsah, e r kannte er einen Frauenkörper, der sich von der anderen Seite an, nein, in die Wand presste, die sich seinen Konturen anpasste, und versuchte, sie zu durchbrechen, sie aufzureißen. Als wäre ein Mensch dahinter gefangen und versuchte verzweifelt, sich zu befreien.
    Alma?
    Von einem Moment zum anderen tauchte ein Lichtfunken auf, huschte kurz hin und her, ehe er erstarrte. Wayne hatte den Ei n druck, als wäre das Licht seiner gewahr geworden. Was zum Teufel war das? Konnte das ein Rest von Alma Renards Geist sein? Ihre Seele? So oft er schon in das Bewusstsein anderer Menschen eingetaucht war, einer solchen Erscheinung war er noch nie begegnet. Das Licht kam näher und wurde gr ö ßer.
    Alma?
    Wer bist du?
    Wayne zuckte unter der Gewalt der Frage zusammen. Er hatte das Gefühl, als hätte jemand seinem Geist einen Faustschlag verpasst. Der kam zweifellos von dem Licht. Wayne fühlte sich ein paar Sekunden wie betäubt; nicht nur von dem Faustschlag, sondern von der Erkenntnis, dass das, was er als Licht wahrnahm, das Bewusstsein eines anderen Telepathen war. Eines Menschen, der dieselbe Gabe besaß wie er. Dessen war er absolut sicher, obwohl er nicht sagen konnte, woher er die Gewissheit nahm. Natürlich hatte er gewusst, dass er keinesfalls der einzige Telepath auf der Welt war. Aber bisher war er ke i nem anderen begegnet. Trotz allem Training, dem er sich nicht nur in Bezug auf seine Gabe unterzogen hatte und das ihn befähigte, auch in unerwart e ten Situationen reflexartig zu reagieren, lähmte ihn der Schock, zum ersten Mal in seinem Leben jemandem nahe zu sein, der war wie er. Sekunden sp ä ter wurde er sich der Gefahr bewusst, in der er sich möglicherweise befand, denn dieser Telepath konnte durchaus ein Feind sein, vielleicht sogar derjen i ge, der für Alma Renards Zustand und den der anderen drei veran t wortlich war.
    Bevor Wayne entscheiden konnte, was er tun sollte, ergriff der andere die Initiative.
    Sie gehört dir nicht! Verschwinde!
    Das letzte Wort wurde von einem so starken mentalen Kraftstoß begleitet, dass Waynes Geist schmerzhaft zurückgeschleudert und aus Alma Renards Bewusstsein hinauskatapultiert wurde. Für ein paar Seku n den sah er Sterne. Er stöhnte und presste die Hände gegen die Schläfen. Tr a vis legte ihm die Hand auf die Schulter.
    „Alles okay.“ Er merkte, dass Dr. Singer und die Schwester

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