Schattenspur
beruhigende Wirkung auf seine Gesprächspartner. Ganz besonders auf die weiblichen. Es verfehlte seine Wirkung auch bei Schwester Susan nicht, die es beinahe entspannt erwiderte.
„Aber Sie kennen jemanden, der uns darüber Auskunft geben kann.“
Sie nickte. „Joy Renard. Almas Enkelin. Wenn jemand Bescheid weiß, dann sie.“ Sie deutete auf den Beutel. „Zumindest wird sie Ihnen sagen können, was Alma mit diesem Beutel bezwecken wollte. Und bitte, vergraben Sie ihn anschließend. Oder lassen Sie das Joy tun. Bitte.“
Er neigte zustimmend den Kopf. „Versprochen.“ Er nickte Dr. Singer und Travis zu und stand auf. „Wir sind erst mal hier fertig. Haben Sie vielen Dank für Ihre Unterstützung. Sie haben uns sehr geholfen.“ Er reichte den beiden Frauen seine Visitenkarte. Das tat auch Travis. „Sollte sich der Zustand der Patienten verändern, geben Sie uns bitte sofort Bescheid. Und natürlich auch, falls es noch weitere Fälle geben sollte.“
„Selbstverständlich, Agents“, versicherte Dr. Singer. „Aber ich bete zu Gott, dass es nicht noch mehr Opfer geben wird.“
„Das tun wir auch, Doktor“, versicherte Travis. „Glauben Sie mir, das tun wir auch.“
Sie verabschiedeten sich und verließen die Klinik.
Travis sah Wayne mit einem amüsierten Gesichtsausdruck von der Seite an. „Seit wann trägst du einen Medizinbeutel? Ist mir da was entgangen?“
Wayne grinste und schüttelte den Kopf. „Ich habe tatsächlich mal einen g e tragen. Er hat mir geholfen, meinen Weg zu finden. Als ich mich beim FBI beworben habe und angenommen wurde, wusste ich, dass ich ihn nicht mehr brauche, und habe ihn abgelegt.“
Travis schüttelte ebenfalls den Kopf. „Ich lerne doch immer noch was über dich dazu.“
„Ja, ich sehe zu, dass es mit mir nie langweilig wird.“
Travis wartete, bis sie im Wagen saßen und er das Navigationsgerät auf die 202 East River Street programmiert hatte, ehe er Wayne auffordernd ansah. „Was hast du bei Mrs. Renard wahrgenommen, das dir schlagartig Kop f schmerzen verursacht hat?“
Wayne atmete tief ein. „Eine … Präsenz. Ein – ich glaube, es war ein and e rer Telepath. Ich dachte zuerst, es wäre Alma Renards Geist, aber dieses“, er suchte nach Worten, „andere Bewusstsein gehörte ebenso wenig zu ihr wie meins.“ Er rief sich ins Gedächtnis, was er gefühlt und wahrgenommen hatte. „Wem immer dieses Bewusstsein gehört, er hatte entschieden was dagegen, dass ich Alma kontaktieren wollte. Er hat mir eine Art mentalen Faustschlag verpasst; anders kann ich das nicht nennen. Dadurch wurde mein Kontakt zu ihr unterbrochen. Und das war ziemlich schmerzhaft.“ Er rieb sich die Schl ä fen. „Ein bisschen tut es immer noch weh.“
Travis lenkte den Wagen durch den in Richtung Fluss dichter werdenden Verkehr. „Es war also ein Mann.“
„Was meinst du?“
„Du hast ‚er’ gesagt. Demnach ist dieser andere Telepath ein Mann?“
Wayne überdachte das. Er hatte von dem anderen Bewusstsein eine i m mense Kraft gespürt, eine Macht, die etwas Kriegerisches an sich hatte, etwas Dominantes, und die ihn entfernt an die Aura erinnerte, die er bei Sam fühlte. Dennoch war sie völlig anders. „Ich weiß es nicht. Da ich noch nie Kontakt zu einem anderen Telepathen hatte, kann ich das nicht einschätzen.“ Und möglicherweise – nein, wahrscheinlich sogar war dieser Telepath ihr Gegner. „Da war noch etwas. Bei den anderen war gar nichts mehr. Also kein B e wusstsein. Bei Mrs. Renard auch nicht. Aber ich habe eine Frauengestalt wahrgenommen, die aus einer …“ Er suchte erneut nach Worten. „Als wäre sie in einer dicken Gummischicht gefangen, aus der sie auszubrechen ve r suchte. Ich konnte sie nicht kontaktieren. Und da ich keine Erfahrung damit habe, ob sich Telepathie noch zu was anderem benutzen lässt, als nur Geda n ken zu lesen, wusste ich nicht, ob ich diese … dieses Wesen, Geist, gefang e nes Bewusstsein irgendwie erreichen kann. Und dann kam der andere.“
„Wie geht es dir damit, dass du zum ersten Mal einem anderen Telepathen begegnet bist?“
Wayne war Travis dankbar, dass er fragte. Sein Partner war der einzige Mensch, dem er nahe genug stand, um mit ihm über solche Dinge zu reden. „Ist ein seltsames Gefühl. Irgendwie beruhigend, nach dem theoretischen Wissen nun die Gewissheit zu haben, dass ich nicht der einzige gedankenl e sende Freak auf der Welt bin.“
„Wir sind keine Freaks. Wir sind …“
„Professor Xaviers begabte
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