Schattenspur
Gegenwart verzichten. Aber wir sind zwei weiße Agents in einer Stadt, in der über die Hälfte der Bevölkerung schwarz ist – da brauchen wir einen Einheimischen, dem die Leute vertrauen. Außerdem zeigt das dem Chief, dass wir wirklich kooperativ sind und seine Hilfe zu schätzen wissen.“
Auch das war eine Prämisse, auf die Cecilia O’Hara großen Wert legte. G e rade im Hinblick auf die Brisanz der Fälle, mit denen das DOC zu tun hatte, konnten sie es sich nicht leisten, die örtliche Polizei zu brüskieren. Nicht, wenn es sich vermeiden ließ, was leider nicht immer der Fall war.
Travis hatte sich und Wayne auf der Fahrt zum Memorial University Medical Center bei dessen Leiter angekündigt, weshalb sie bei ihrer Ankunft von ihm und einem Anwalt der Klinik empfangen wurden. Wayne unterdrückte ein Lächeln. Die meisten Leute in Dr. Jonas Beulahs Position fühlten sich derart unsicher, wenn das FBI auftauchte, dass der Ruf nach einem Anwalt schon ein Reflex war. Dennoch reichte der Klinikchef ihnen die Hand, als sie in sein Büro geführt wurden.
„Was verschafft mir den unerwarteten Besuch des FBI, meine Herren?“
„Die Klinik hat sich in keiner Weise etwas zuschulden kommen lassen“, b e tonte der Anwalt, der sich als Morris Porter vorgestellt hatte.
„Davon gehen wir aus“, versicherte Wayne. „Wir untersuchen die vier Fälle plötzlich auftretender Katatonie. Sie könnten mit einem Fall zusammenhä n gen, den wir bearbeiten. Wir wollen uns nur vergewissern, ob es unser Fall ist oder nicht. Wenn nicht, sind wir sofort wieder weg.“
„Und wenn es Ihr Fall ist?“ Porters Stimme triefte vor Misstrauen.
„Dann werden wir geeignete Maßnahmen ergreifen, um zu verhindern, dass noch mehr Menschen auf diese Weise zu Schaden kommen. Alles andere unterliegt der Geheimhaltung.“
„Wir müssen uns die Patienten ansehen“, ergänzte Travis. „Außerdem brauchen wir sämtliche Krankenunterlagen, vor allem die Ergebnisse der Blutuntersuchungen.“
„Die unterliegen der Schweigepflicht“, pochte Porter auf die Rechte der Klinik und der Patienten.
„Nicht in unserem Fall.“ Travis zog ein Dokument aus der Tasche und reichte es dem Anwalt.
Porters Augen wurden groß. „Ein Beschluss vom Bundesgericht.“ Er blic k te sie schockiert an. „Der ermächtigt Sie, auch die vertraulichsten Informat i onen zu erhalten.“
Wayne lächelte gewinnend. „Wir gehören zur Special Cases Unit. Deshalb haben wir umfassende Sonderbefugnisse. Ihnen sollte jedoch klar sein, dass wir alles, was wir erfahren, vertraulich behandeln. Uns kommt es darauf an, Ihren Patienten zu helfen, wenn wir das können, nicht irgendwem ans Bein zu pinkeln.“
Porter wurde rot. Er reichte Travis den Beschluss zurück.
Dr. Beulah nickte. „Dr. Erica Singer ist für diese Fälle zuständig. Sie wird Sie umfassend unterstützen.“
„Vielen Dank, Doktor.“
Beulah beorderte die Ärztin in sein Büro und wies sie an, Waynes und Tr a vis’ Anweisungen zu befolgen. Erica Singer, eine attraktive Schwarze, schien davon nicht sehr erbaut zu sein, führte sie aber in ihr Büro und händigte i h nen ohne zu zögern die Akten aus. Sie bot ihnen Platz an und setzte sich hinter ihren Schreibtisch.
„Ich weiß nicht, wie weit Sie mit der medizinischen Terminologie vertraut sind, Agents, deshalb erlaube ich mir, Ihnen das Wichtigste allgemeinve r ständlich zu erklären. Und das ist, dass ich keine Erklärung dafür habe, was die Leute in diesen Zustand versetzt hat. Sie sind auf ihre Grundfunktionen reduziert und reagieren nur noch bedingt auf äußere Reize. Ähnlich wie ein Mensch in tiefer Meditation. Nur kommt ein Meditierender irgendwann wi e der raus aus der Trance und bleibt nicht tagelang darin stecken.“
Wayne sah von dem Bericht auf, den er las. „Sie meinen, die Leute befinden sich im Wachkoma?“
Erica Singer schüttelte den Kopf. „Das apallische Syndrom, also Wachk o ma, wird immer durch eine Schädigung des Gehirns verursacht, stumpfes Trauma oder zu langer Sauerstoffmangel, manchmal auch Schlaganfall, anha l tende Unterzuckerung oder eine Überdosis Insulin. Wir haben alle möglichen Tests gemacht, wie Sie den Berichten entnehmen können. Das Gehirn ist bei allen völlig in Ordnung. Außer Mrs. Renard, der Patientin, die gestern Abend eingeliefert wurde, hat keiner eine äußere Verletzung. Am Anfang, so haben die Angehörigen behauptet, haben sich die Leute in einer krampfartigen Sta r re befunden. Mrs.
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