Schattenspur
durch darüber geworfene Quilts verdeckt wurde, die jedoch in ihren Farben nicht einheitlich waren, weshalb sie ein sehr buntes Bild ergaben, das jedem Betrachter Flickschust e rei ins Gesicht schrie. Die dunklen Anzüge, die weißen Hemden und farblich abgestimmten Krawatten der Agents wirkten in dieser Umgebung sehr el e gant und deplatziert.
„Nehmen Sie bitte Platz, Gentlemen. Ich setze schnell das Teewasser auf, dann bin ich für Sie da.“
Während Agent Halifax und Pete es sich in Sesseln gemütlich machten, blieb Agent Scott stehen.
„Erlauben Sie mir, Ihnen behilflich zu sein, Ms. Renard. Ich würde gern s e hen, wie Sie den Tee zubereiten. Jeder hat eine andere Methode, die, wie Sie wissen, neben dem verwendeten Wasser sehr zum Gelingen des Tees be i trägt.“
Sie konnte gerade noch verhindern, dass ihr eine spontane Ablehnung en t schlüpfte. Sie wollte unter keinen Umständen mit diesem Mann allein sein und konnte nicht einmal sagen, warum. Das Gefühl von Licht, das sie in seiner Nähe empfand, verstärkte sich mit jeder Minute. Obwohl es sich durch und durch angenehm anfühlte, machte es ihr Angst. Er spürte das wohl, denn er lächelte beruhigend.
„Ich versichere Ihnen, ich beiße nicht. Auch wenn FBI-Agents in dem Ruf stehen, unausstehliche Arschlöcher zu sein, sind wir doch nicht ganz so schlimm. Außerdem würde unsere Chefin uns persönlich teeren und federn, sollte es Beschwerden über uns geben, weil wir unsere Zähne zu etwas and e rem gebraucht hätten als zum Essen.“
Pete warf den Kopf zurück und lachte aus vollem Hals. „Mann, ich wusste nicht, dass ihr FBI-Leute so viel Humor habt.“
Beide Agents grinsten.
„Auch wir sind Opfer von nicht totzukriegenden Vorurteilen“, stellte Agent Halifax fest.
Auch Kia musste lachen. „Kommen Sie.“ Sie machte eine Kopfbewegung zur Küche hin und ging voraus.
Scott folgte ihr. Sie hatte erwartet, dass er sich mit allen Anzeichen von Verachtung umsehen würde, denn die Küche musste auf jemanden wie ihn, der einen wahrscheinlich maßgeschneiderten Anzug trug, noch ärmlicher wirken als das Wohnzimmer. Schließlich gab es hier keine mode r nen Geräte, sondern nur uralte, für die garantiert keine Ersatzteile mehr exi s tierten und niemand sich noch mit deren Reparatur auskannte. Die Tapete blätterte an einigen Stellen, und der Küchenschrank wäre eine wertvolle Antiquität gew e sen, wenn er nicht voller Beulen, Scharten und Holzwurmtunneln gewesen wäre.
Doch Agent Scott gab mit keiner Miene oder Geste zu verstehen, dass ihn die Einrichtung störte. Was wahrscheinlich daran lag, dass er kein Auge von Kia ließ und seine Umgebung kaum bemerkte. Sie setzte Wasser in einem zerbeulten Kessel auf dem Gasherd auf und holte die Teekanne, hängte ein Teesieb hinein und öffnete die Box.
Agent Scott hielt seine Nase darüber und sog mit geschlossenen Augen den Duft ein. „Hm, verführerisch. Ich weiß schon jetzt, dass mir der Tee schm e cken wird.“ Er blickte in die Box. „Hier brauche ich wirklich keine Lupe, um den Lavendel zu finden. Wie viele Löffel nehmen Sie?“
„Keinen Löffel. Fünfmal fünf Finger voll auf einen Liter Wasser.“ Sie griff mit den Fingerspitzen in den Tee, klemmte ihn dazwischen ein und hielt ihn ihm hin, damit er sehen konnte, welche Menge fünf Finger voll bedeutete.
Er nickte. „Erscheint mir wie zwei Teelöffel.“
Sie ließ sie ins Netz gleiten. „Ich lasse ihn nicht länger als drei Minuten zi e hen. Der Tee ist recht kräftig im Geschmack. Bei längerem Ziehen würde er bitter werden, obwohl die Menge für einen Liter vergleichsweise gering ist.“
Sie schloss die Box und holte Tassen und Untertassen aus dem Schrank. Auch die Tassen wirkten wie Flickwerk, denn es gab keine zwei, die zueinanderpassten. Großmutter stand auf dem Standpunkt, dass es Ve r schwendung wäre, eine intakte Tasse oder anderes Geschirr wegzuwerfen, nur weil man keine anderen Teile mehr besaß, die dazu passten. Geschirr war ihrer Me i nung nach zum Benutzen da, nicht, um identisch auszusehen. Kia stimmte ihr darin zu. Trotzdem machte der Mangel sie jetzt verlegen.
Sie wünschte sich nicht nur deshalb, dass Agent Scott sie allein ließ, so n dern auch, damit sie sich nicht so verunsichert fühlte. Wenigstens für ein paar Minuten. Warum hatte sie immer noch dieses Lichtgefühl bei ihm, das ei n fach nicht aufhörte? Sie stellte das Geschirr auf ein Tablett. Zu ihrer Erleic h terung nahm er es und trug es ins
Weitere Kostenlose Bücher