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Schattenspur

Schattenspur

Titel: Schattenspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mara Laue
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Wohnzimmer. Sie atmete auf. Hoffen t lich blieb er dort.
    Ihr stummes Gebet wurde erhört. Pete fragte etwas, das sie nicht verstand, weil der Wasserkessel zu pfeifen begann, und verwickelte Agent Scott in ein Gespräch. Sie goss den Tee auf und beaufsichtigte, wie er zog und sich die Blätter im Teenetz entfalteten, und nutzte die Zeit, sich wieder zu fangen.
    Was war nur mit ihr los, dass Agent Scott eine solche Wirkung auf sie ha t te? Dabei konnte sie nicht einmal sagen, wodurch die verursacht wurde. Sie spürte sie immer noch, obwohl er im anderen Raum saß. Sie zögerte den Moment, in dem sie den Tee ins Wohnzimmer bringen musste, lange genug hinaus, bis sie sich sicher war, ihm gegenübertreten zu können, ohne die Fa s sung zu verlieren oder wie vorhin zu verstummen.
    Als sie eintrat, standen die beiden Agents höflich auf. Pete, für den das eine völlig ungewohnte Geste war, blickte verständnislos von einem zum anderen, bis ihm der Sinn dämmerte, worauf er sich hastig erhob. Kia schenkte ihnen allen ein und setzte die Kanne auf ein Stövchen. Ihre Hände zitterten, als sie das Teelicht darunter anzündete, denn Agent Scott ließ kein Auge von ihr. Sie nahm Platz und strich ihren Glockenrock glatt.
    Die Männer setzten sich. Agent Scott nahm seine Tasse mit Untertasse und schnupperte am Tee. Kia gewann zunehmend den Eindruck, dass seine B e geisterung echt war und nicht nur eine Show darstellte, mit der er sie beruh i gen wollte. Er schlürfte einen Schluck und lächelte. Es wirkte selig. Und wi e so freute sie sich darüber, dass sie ihm offenbar eine Freude gemacht hatte?
    „Endlich ein wirklich guter Lavendeltee. Vielen Dank, Ms. Renard.“
    Er stellte die Tasse auf den Tisch. Wie ein Signal, dass Kias Schonzeit vo r bei war. Sie straffte sich.
    „Sie haben das bestimmt schon den Kollegen vom SCMPD erklärt, aber würden Sie uns bitte ebenfalls sagen, was sich gestern Abend ereignet hat? Wie Sie Ihre Großmutter gefunden haben.“
    Kia nickte. Zum Glück hatte sie sich die Story zurechtgelegt, bevor gestern Abend die Polizei aufgetaucht war. „Ich habe meine Großmutter wie fast jeden Abend nach der Arbeit zum Abendessen besucht.“
    „Sie arbeiten wo?“, wollte Agent Halifax wissen.
    „The Ballet School. Ich bin Tänzerin und Tanzlehrerin dort.“ Sie zuckte mit den Schultern. „Es war ein ganz normaler Abend. Wir haben uns nach dem Essen noch ein bisschen unterhalten. Gegen zehn Uhr bin ich nach Hause gefahren. Als ich dort ankam …“
    „Sie wohnen wo?“, unterbrach Agent Scott.
    „229 Abercorn Street. Mit dem Auto sind es nur fünf Minuten von hier. Als ich zu Hause ankam, habe ich festgestellt, dass ich meine Tasche mit dem Hausschlüssel hier liegen gelassen hatte. Also bin ich zurückgekommen. Die Ladentür stand offen und Großmutter saß im Krampf erstarrt in ihrem Se s sel im Beratungszimmer. Ich habe sofort die Polizei und den Notarzt ger u fen.“ Sie rieb ihre Oberarme.
    Agent Halifax machte sich Notizen, während Scott schluckweise seinen Tee trank und Kia nicht aus den Augen ließ.
    „Wie lange waren Sie schätzungsweise weg?“
    Sie blickte auf die Tischdecke, um Scott nicht ansehen zu müssen. „Nicht länger als eine Viertelstunde. Ich habe zwar niemanden gesehen, aber ich vermute, dass der Einbrecher mich kommen gehört hat und geflohen ist. Da nichts gestohlen wurde – soweit ich das beurteilen kann –, habe ich ihn wohl bei seinem Raubzug gestört.“
    „Wir vermuten“, warf Pete ein, „dass der Kerl sich hinter dem Tresen ve r steckt hat, als er Joy kommen hörte, gewartet hat, bis sie im Beratungsraum war und dann durch die Vordertür verschwunden ist. Weder der Laden noch die Wohnung haben einen Hinterausgang.“ Er beugte sich über den Tisch und tätschelte Kias Arm. „Mensch, Joy, du hast verdammtes Glück gehabt.“
    Mehr als Pete ahnte, denn sie wagte nicht, sich auszumalen, was passiert wäre, wenn sie mit Louis zusammengetroffen wäre. Er hätte sie weder umg e bracht noch ihr das angetan, was er mit ihrer Großmutter gemacht hatte. Aber er hätte sie gezwungen, mit ihm zu gehen. Oder auch nicht. Denn um sein Ziel zu erreichen, über den gesamten Bizango von Haiti zu herrschen, was er nur durch sie erreichen konnte, musste sie sich den Petro angeloben. Freiwillig. Wenn er sie zwang, mit ihm zu gehen, würde sie nur noch mehr Widerstand leisten. Das wusste er. Deshalb hätte er ihr sein Ultimatum in dem Fall mündlich gestellt, statt schriftlich, wäre

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