Schattenspur
merklich den Kopf bewegte, sagten ihm, dass sie sich nach einem Fluchtweg umsah. Um zur Tür zu gehen, musste sie an ihm vorbei.
„Erlauben Sie mir, dass ich Sie nach Hause begleite, Ms. Renard.“
Er hatte erwartet, dass sie ablehnen würde, aber sie nickte nach einem M o ment des Zögerns. Er nahm seinen Kaffee, als sie nach ihrem griff, und ging neben ihr zur Tür, die er ihr höflich aufhielt. Sie hielt den Kopf gesenkt und ihren Pappbecher umklammert, als wäre er ein Anker. Trotzdem ging sie zielstrebig voran. Wayne stellte wieder fest, dass sie eine sehr sinnliche Art hatte, sich zu bewegen, die ihn dazu verlockte, den Arm um sie zu legen und ihren Körper zu spüren. Er widerstand der Versuchung.
Sie bogen nach rechts in die Drayton Street ein und gingen ein paar Blocks schweigend weiter. Wayne trank zwischendurch seinen Kaffee und versuchte noch einmal, ihre Gedanken zu lesen. Wieder stieß er auf eine Mauer. Die s mal beließ er es dabei und verzichtete auf den Versuch, diese geistige Mauer mit größerer Willenskraft zu durchbrechen. Nicht nur, weil er davon übe r zeugt war, dass ihm das so wenig gelingen würde wie heute Nachmittag in der Wohnung ihrer Großmutter. Er hielt es nicht für klug, in ihr den Verdacht aufkommen zu lassen, dass ihre unweigerlich dadurch verursachten Kop f schmerzen in irgendeiner Form mit ihm zu tun haben könnten. Außerdem scheute er sich, ihr wehzutun.
„Sie müssen einen schrecklichen Eindruck von mir haben, Agent Scott.“
Sie zog ein Taschentuch aus der Tasche ihrer Jeans und versuchte, sich mit einer Hand die Nase zu putzen. Er streckte die Hand aus als Angebot, ihren Becher zu halten. Sie zögerte nur kurz, ehe sie ihm den reichte.
„Ganz und gar nicht. In Anbetracht der Umstände halten Sie sich ausg e zeichnet.“
Sie schnäuzte sich, tupfte sich die Augen und steckte das Taschentuch ein. Er reichte ihr den Becher zurück. Sie trank den Kaffee aus und warf den Becher im Vorbeigehen in einen Abfallbehälter an einer Straßenecke. Sie bogen in die Perry Street ein und erreichten zwei Ecken weiter die Abercorn Street. Das Haus, in dem sie wohnte, war das erste auf der linken Seite, de s sen Eingang ein Stück zurückversetzt war. Auf der gegenüberliegenden Str a ßenseite befand sich ein Friedhofspark. Joy schloss die Haustür auf.
„Ms. Renard, da ich schon mal hier bin, dürfte ich Ihnen noch ein paar Fragen stellen, die sich in der Zwischenzeit ergeben haben?“
Sie zögerte.
Er deutete an sich hinab. „Wie Sie sehen können, bin ich nicht im Dienst. Sie müssen also nicht mit mir reden. In dem Fall komme ich morgen mit meinem Partner und Officer Samuels zu einer offiziellen Befragung vorbei.“ Er sah ihr an, dass ihr die Aussicht noch weniger behagte. „Sie können auch gern eine Freundin oder Nachbarin dazu bitten, falls Sie sich scheuen, mit mir allein zu sein.“
Immerhin galt in manchen Gegenden nicht nur des Südens noch immer die Prämisse, dass ein Mann nur dann das Zimmer oder die Wohnung einer Frau betreten durfte, wenn er mit ihr liiert war, andernfalls schadete er ihrem Ruf.
Sie schüttelte den Kopf. „Sie haben wohl kaum unlautere Absichten, Agent Scott. Bitte kommen Sie herein.“
Sie ging voran und stieg die Treppe hinauf in den ersten Stock. Er merkte, dass sie subtil zögerte, als sie den Flur entlang zu ihrer Tür ging und sichtbar aufatmete, als sie die erreicht hatte. Er sah, dass die Tür einen unregelmäß i gen helleren Fleck aufwies, als wäre sie dort geputzt worden, der Rest aber nicht. Joy schloss die Tür auf, schaltete das Licht ein und bat ihn mit einer Handbewegung herein. Sie hängte ihre Jacke an die Garderobe und führte ihn ins Wohnzimmer. Wayne empfand ein Gefühl von Willkommen. Die in warmem Ockergelb gestrichenen Wände wurden aufgelockert von großblät t rigen Zimmerpflanzen, von denen eine mehrere tiefrote Blüten trug. Die Sitzgarnitur bildete mit verschiedenen Blautönen einen harmonischen Ko n trast dazu. Schränke und Tisch bestanden aus hellem Echtholz. Auf dem lag ein dickes Buch, dessen Ledereinband vom Alter glänzte und an einigen Ste l len geflickt, an anderen abgegriffen war. Joy nahm es hastig an sich und drückte es mit beiden Armen an ihre Brust.
„Bitte nehmen Sie Platz, Agent Scott. Mögen Sie einen Tee? Oder noch e i nen Kaffee?“
Er hielt den Starbucks-Becher hoch. „Danke, im Moment genügt mir der Rest von dem hier.“
Er setzte sich in den Sessel gegenüber der Tür und stellte
Weitere Kostenlose Bücher