Schattenspur
Plan war perfekt. Er musste nur noch Kiangas Sturheit überwinden. Sie würde sich noch ein paar Tage que r stellen, aber spätestens am Neumondtag würde sie kommen. Sie hatte ein zu mitfühlendes Herz. Noch. Das würde sich ändern, sobald sie den Petro g e hörte. Der Dienst für die dunklen Götter tötete automatisch jede dieser ve r achtenswerten Schwächen.
Louis lächelte zufrieden. Dass ausgerechnet Almas Tätigkeit als Lebensb e raterin mit dem Anfertigen etlicher Ouanga-Beutel für ihre Kunden ihm jetzt den Weg zu seinen Opfern wies, empfand er als ausgleichende Gerechtigkeit. Leute, die an die Macht der Ouanga glaubten, ließen sich leichter die Seele rauben.
Er runzelte die Stirn, als ihm im Nachhinein etwas auffiel. Bei seinem let z ten Opfer hatte er das Gefühl gehabt, als wäre der Mann nicht allein gewesen. Als wäre er in dem Moment, in dem Louis seine Seele raubte, mit einer and e ren Seele verbunden gewesen. Kianga? Nein, er hätte gemerkt, wenn sie es gewesen wäre. Es musste jemand anderes gewesen sein. Jemand, der ebenfalls über besondere Fähigkeiten verfügte. Wer? Jemand, der Kianga unterstützte? Es war wohl kaum ein Zufall, dass er ausgerechnet hier auf jemanden stieß, der möglicherweise eine Bedrohung für seine Pläne darstellte, nachdem er Kianga die Pistole auf die Brust gesetzt hatte.
Nun gut. Um diese Person würde er sich als Nächstes kümmern und sie ausschalten, bevor sie zu einem Problem wurde. Andererseits hatte der oder die Unbekannte nicht wissen können, wo Louis als Nächstes zuschlagen wü r de. Er musste also rein zufällig dort gewesen sein. Demnach bestand die Möglichkeit, dass er gar nichts mit Kianga zu tun hatte. Egal. Selbst wenn, er würde Louis nicht aufhalten können. Da er sich nicht leisten konnte, seine Kraft zu vergeuden, indem er jemanden unschädlich machte, der mit der ganzen Sache vielleicht gar nichts zu tun hatte und nur zufällig vor Ort gew e sen war, würde er weitermachen wie geplant. Sollte er dem U n bekannten noch einmal begegnen, war es immer noch früh genug, sich um ihn zu kü m mern.
Aber es konnte nicht schaden, sich darauf schon mal gründlich vorzubere i ten.
*
Kia hatte gewartet, bis Charlie nach dem Frühstück zur Arbeit gegangen war, ehe sie sich in Trance versetzte und nach dem Artefakt suchte. Verge b lich. Offenbar war sie zu weit von ihm entfernt, um es aufspüren zu können. Sie musste zum Fluss. Das Wasser würde ihr sagen, wo Großmutter das Ding versteckt hatte. Sie war sich bewusst, dass das gefährlich war, denn sie konnte nur allzu leicht dem FBI oder Louis über den Weg laufen. Wobei das FBI das größere Übel wäre. Mit Louis würde sie fertig werden. Er benötigte ihre K o operation und wusste, dass es keinen Zweck hätte, sie zu irgendwas zu zwi n gen. Wenn sie ihm sagte, dass sie nachgäbe und später zu ihm kommen wü r de, vorher aber noch was zu erledigen hätte, würde er sie gehen lassen. Die Seele ihrer Großmutter in seiner Gewalt war ein viel zu starkes Druckmittel, als dass sie es sich hätte leisten können, ihn nicht aufzusuchen. Trotzdem betete sie, dass sie ihm nicht begegnete.
Sie fuhr mit dem Bus in Richtung Fluss und stieg an einer Haltestelle aus, die nicht weit vom Wasser entfernt war. Sie setzte sich an einer ruhigen Stelle ans Ufer und lauschte dem Fluss, wie ihre Großmutter es immer tat. Anfangs hörte sie nur das Rauschen und Gurgeln des Wassers, vermischt mit den Geräuschen der Umwelt, dem Lärm der Autos hinter ihr und den Gerä u schen der Schiffe vor ihr, die den Fluss befuhren. Aber auch die Motoreng e räusche besaßen eine gewisse Monotonie. Das half ihr, den Zustand der Trance zu erreichen, in dem sie die Dinge wahrnahm, die nicht für die no r malen Sinne sicht- und hörbar waren.
Kaum hatte sie die Umwelt weitgehend ausgeblendet, spürte sie es. Die Energie, die das Artefakt ausstrahlte, wies ihr den Weg flussaufwärts. Kia ging am Ufer entlang, soweit das möglich war, denn meistens war das Ufer im Stadtbereich verbaut und viele der begehbaren Uferflächen endeten an Ka i mauern, bis ans Ufer wachsenden Büschen oder anderen Hindernissen. Sie war sich aber darüber im Klaren, dass das Artefakt nicht allzu weit vom L a den ihrer Großmutter entfernt sein konnte, denn die hasste lange Wege; selbst wenn sie die mit dem Bus oder einem Taxi zurücklegen konnte. Die Loas wiesen ihr den Weg zu einem grasbewachsenen Uferstück.
Eine alte Weide streckte ihre Zweige über
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