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Schattenstürmer

Schattenstürmer

Titel: Schattenstürmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
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Hundesohn lief hier Patrouille! Ich kann übereifrige Wachtposten nicht ausstehen, die bereiten einem nur Kopfschmerzen. Und dieser Kerl gehörte fraglos zu dieser Sorte.
    Also setzte ich mich wieder auf den Boden und zählte die Schritte des Postens. Sechs … zehn … fünfzehn … fünf … elf … zweiundzwanzig …
    Ich hatte nur wenig Zeit, im Grunde gar keine, doch das Risiko musste ich eingehen. Ich wartete, bis mir der Mann den Rücken zukehrte, dann huschte ich auf den Balkon hinaus.
    Zwei …
    Ich schwang mich über die Brüstung, hielt mich mit beiden Händen am Seil fest und sprang.
    Acht …
    Ich glaube, so schnell habe ich mich noch nie im Leben abgeseilt. Ohne Handschuhe hätte ich mir mit Sicherheit das Fleisch aufgerissen, und selbst mit ihnen brannten meine Hände noch wie Feuer.
    Zehn …
    Ich zog am Seil, es löste sich vom Balkon, fiel auf mich und rollte sich sofort auf.
    Dreizehn …
    Ich huschte zu einem Apfelbaum hin, wo es besonders finster war.
    Fünfzehn …
    Der Wachmann machte kehrt und kam auf mich zu. Nur weiter, mein Guter, du siehst mich nicht! Als der Posten abermals umdrehte, überwand ich mit kurzen Läufen von Schatten zu Schatten die Strecke zwischen uns. Schließlich fand ich mich unmittelbar hinter dem unermüdlichen Patrouillengänger (die reinste mechanische Puppe) und zog ihm mit dem Messergriff eins über. Krächzend knickte er weg. Ich fing ihn auf und bettete ihn ins Gras, mit dem Rücken gegen einen Baumstamm. Die Armbrust entlud ich, die Bolzen warf ich in den Springbrunnen und schickte ihnen auch die Tasche mit den neun Reservebolzen hinterher. Die Armbrust legte ich dem Kerl aufs Knie, dann trat ich einen Schritt zurück, um mein Werk zu begutachten. Bestens. Fast sah es aus, als schliefe er. Und ich hoffte sehr, dass dieser Wachmann auch bis morgen früh durchschlafen möge.
    Binnen einer Minute hatte ich mit dem magischen Seil einen Balkon erklommen. Die Tür war nur angelehnt, um den Schutzzauber brauchte ich mich also nicht zu kümmern. Ein leichter Windhauch spielte mit den weißen Gardinen. Ich tat einen Schritt ins Zimmer hinein und wartete, bis sich meine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten.
    Jemand war im Zimmer – woher kam denn sonst dieses friedliche Schnaufen? Nach und nach schälte sich an der gegenüberliegenden Wand das Bett aus der Dunkelheit. Um das Zimmer zu verlassen, musste ich an diesem Bett vorbei. Ich hatte die Tür schon fast erreicht, als unter mir eine Diele knarrte. Ich verzog das Gesicht, als hätte ich Zahnschmerzen. Der Mann drehte sich auf die andere Seite und schnaufte weiter. Ich machte den nächsten Schritt – und wieder knarrte eine Diele.
    Prompt bellte es im Bett. Ein Hund? Im Bett? Wie zur Antwort erschallte das Bellen noch einmal.
    »Was hast du denn, Tobbyander?«, fragte eine verschlafene Stimme.
    Die Gräfin Ranter!
    »Waff? Waff!«
    »Sind da etwa Ratten?«
    Die Gräfin setzte sich auf, sah blind ins Dunkel, verließ das Bett jedoch nicht. Zu meinem Glück zeichnete sich auch ihre verdammte Töle nicht gerade durch Mut aus und verschonte mich mit ihren Zähnen.
    »Dieser elende Graf! Ich hab ihm doch gesagt, dass ich Angst vor Ratten habe! Und dann werden wir in dieses Loch gesteckt! Mit knarrenden Dielen und Ratten!«
    »Waff!«, bestätigte Tobbyander.
    »Schlaf jetzt, mein Liebling! Diese gemeinen Ratten können uns gar nichts anhaben!«
    Um das völlig auszuschließen, bellte Tobbyander noch einmal, dann gab er Ruhe. Nach einer Ewigkeit vernahm ich auch das Schnaufen der Gräfin wieder.
    Ich versuchte, das Zimmer so leise wie möglich zu verlassen, trat in den Gang hinaus, bei dem es sich um eine genaue Kopie jenes Ganges im Westflügel handelte. Auch hier gab es einen Teppich, Licht und Leere.
    Ich durchquerte ihn, blieb jedoch alle zwei Yard stehen, um in die Stille zu lauschen. Rechter Hand war eine Tür nur angelehnt.
    »Wer ist sie überhaupt?«
    »Das brauchst du nicht zu wissen. Manche Fragen können einen nämlich ins Grab bringen.«
    Bleichling!
    »Aber ich wollte doch nur wissen …«
    »Und ich wollte dir nur einen Rat geben. Außerdem weiß ich auch nicht, wer sie ist. Ich sollte sie abholen, das habe ich getan, der Rest geht mich nichts an.«
    »Schon gut, Rolio, vergessen wir das! Noch einen Schluck Wein?«
    »Nein. Und hör auf, diesen Mist zu rauchen, mir ist schon ganz schwindlig!«
    »Du hast heute aber auch an allem was auszusetzen!« Die Stimme des Mannes klang beleidigt.
    »Dieses

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