Schattenstürmer
Schar zu uns. Es war Graf Balistan Pargaide höchstselbst. Die Nachtigall wirkte übernächtigt und aufgebracht, das spöttische Lächeln war verschwunden. Ich erkannte noch zwei Gefährten des Grafen. Der erste war der Mann, der uns am Eingang empfangen hatte, Maylow Trug, wenn ich mich recht erinnerte. Er trug ein schwarzes Seidenhemd und eine Lederjacke, aber keinen Panzer. Und er hatte einen Birgrisen, genau wie Mumr. Auf dem schwarzen Griff der Klinge prangte ein goldenes Eichenblatt. Was hatte Kli-Kli gesagt? Maylow sei ein Meister des Langschwerts. Der andere Mann war mein guter, alter Freund Bleichling. Er hatte sich überhaupt nicht verändert, sein Gesicht zeigte allerdings noch immer Spuren der magischen Verbrennung. Rolio starrte mich mit einem derart finsteren Blick an, als schulde ich ihm hundert Goldmünzen. Mit einem honigsüßen Lächeln wollte ich ihn reizen, doch dieser Versuch scheiterte.
Die anderen Soldaten kannte ich nicht. Mit unsagbarer Erleichterung stellte ich fest, dass Lathressa nicht unter ihnen war.
»Bei meinem Schwert! Jetzt kriegen wir aber was geboten«, brummte Habsbarg, bevor er sich an Pargaide wandte: »Ein kleiner Ausritt zum Vergnügen, Graf?«
»Baron, ich bin froh, Euch getroffen zu haben. Verhaftet diese Leute!«
»Wie lautet die Anklage?«, fragte Alistan Markhouse.
»Ihr gehört auch zu dieser Bande, Mylord? Was wohl der König dazu sagt, wenn er erfährt, dass sein Mann ein Dieb ist?«
»Gemach, Graf, sonst müssen die Klingen sprechen«, wies ihn Alistan in seine Schranken und legte die Hand auf den Schwertgriff. »Tragt Eure Anschuldigungen vor.«
»Meine Anschuldigungen? Bitte! Ich klage diese Männer an, sich unter falschem Namen in mein Haus eingeschlichen zu haben! Ich klage sie des Diebstahls und des Mordes an meinen Leuten an! Verhaftet sie, Baron!« Balistan Pargaides Stimme klang triumphierend.
»Tut mir leid, Mylord«, erwiderte Oro Habsbarg grinsend. »Ich habe hier nicht den Befehl und kann Euch darum nicht helfen.«
»Was beim Dunkel spielt das schon für eine Rolle? Seid Ihr der Kommandant dieser Einheit, Leutnant? Gut! Verhaftet diese Leute und übergebt sie mir! Oder haltet Euch raus, wenn meine Männer das erledigen!«
»Bedaure«, sagte Alia Dally, »aber diese Männer stehen unter meinem Schutz. Was auch immer sie getan haben mögen, ich kann sie nicht verhaften. Genauso wenig wie ich die Absicht habe, sie Euren Grünschnäbeln zu überlassen, Graf.«
»Wie kannst du es wagen?! Ich bin Graf Pargaide! Ich beuge mich doch nicht den Worten eines kleinen Leutnants!« Balistan Pargaide lief puterrot an.
»Und ich bin Gräfin Alia Dally, Mylord!« Sie nahm den Helm ab und sah den verblüfften Pargaide mit vor Wut funkelnden Augen an. »Ihr seid hier nicht bei Euch zu Hause! Ihr befindet Euch in meinem Land! Und Ihr habt mich beleidigt! Ich verlange eine Entschuldigung, Graf!«
Obwohl es Balistan Pargaide eine ungeheure Überwindung kostete, entschuldigte er sich. Ich glaube nicht, dass die Angst ihn dazu trieb. Wie hatte Mylord Alistan gesagt, der Graf verstand sein Schwert zu führen. Doch es hätte nichts geholfen, den Streit zu schüren – nicht wenn ihn derart viele Krieger umzingelten.
»Damit wäre das geklärt«, sagte Alia. »Und nun will ich Euch nicht länger aufhalten, Graf. Gehabt Euch wohl!«
»Aber diese Leute haben mich tödlich beleidigt! Dafür müssen sie zur Rechenschaft gezogen werden!«
»Jedoch nicht, solange sie unter meinem Schutz stehen, Graf. Lebt wohl!« Alia wendete ihr Pferd und gab damit zu verstehen, das Gespräch sei für sie beendet.
»Diese Menschen haben meinen Herrn beleidigt«, mischte sich Maylow Trug da ein. »In seinem Namen verlange ich das Gericht der Sagra! Im Namen von Stahl, Feuer, Blut und im Namen des göttlichen Willens!«
Die Worte hingen bedeutungsschwer in der Luft. Mylord Alistan knirschte sogar mit den Zähnen.
»Ich habe deine Worte vernommen, Soldat«, sagte Lady Alia. »Klagst du einen bestimmten Mann an oder … alle?«
Die Andeutung eines Lächelns huschte über Maylows Lippen. Doch ehe er antworten konnte, kam ihm Balistan Pargaide zuvor. »Alle! Er klagt alle an!«
Das Lächeln kroch aus Maylows Gesicht. Offenbar hatte der Graf unwissentlich eine Dummheit begangen.
»Ich habe es gehört«, beeilte sich Alia festzustellen. »Du erhältst Gelegenheit, die Wahrheit deiner Worte unter Beweis zu stellen, Soldat.«
»Dann lasst uns dies gleich hier und jetzt erledigen!«, mischte
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