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Schattenstürmer

Schattenstürmer

Titel: Schattenstürmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
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war schwer! Ich wog den Knochen in der Hand und fühlte mich sofort sicherer. Falls etwas passieren sollte – doch das mochte Sagoth verhindern! –, hätte ich jetzt immerhin eine Waffe, um mich zu verteidigen. Ich schob den Knochen hinter den Gürtel und spähte vorsichtig aus der Zelle in den Gang.
    Nichts und niemand. Nur Dunkel und Finsternis.
    Das Licht der Laterne war nirgendwo zu sehen, der Alte musste die Treppe hochgegangen sein. Oder er hatte die Laterne gelöscht und wartete jetzt, bis ich mein Nest verließ.
    Abermals vertrieb ich diese hässlichen Gedanken aus meinem Kopf und trat, verzweifelt auf jedes Geräusch lauschend, aus meinem Versteck heraus. Nach dem betäubenden Gestank in der Zelle schien mir die stickige und abgestandene Luft im Gang geradezu frischer Gottesnektar zu sein.
    Doch ich wurde die Erinnerung an diese verdammten schwarzen Augen einfach nicht los. Die würden mich bis in alle Ewigkeiten in meinen Albträumen heimsuchen! Wenn doch bloß Aal bei mir wäre!
    Aal!
    Unversehens lüftete sich der Schleier des Vergessens, und mir fiel alles wieder ein. Alles, was sich an diesem Morgen abgespielt hatte. Zuerst der Ausflug zu dem Anwesen des uns unbekannten Dieners des Herrn, dann der Überfall der Büttel des Unaussprechlichen, unsere wahnwitzige Flucht in dem Karren, der Zusammenstoß mit der Hauswand, die Gefangennahme und schließlich meine Ohnmacht. Aufgewacht war ich bereits in den Gängen des unterirdischen Gefängnisses. Aber wenn ich hier war – wo hatten diese Kerle dann Aal hingebracht? Und warum hatten sie mich nicht wie alle anderen Gefangenen in eine Zelle gesperrt? Und noch eine Sache konnte ich mir nicht erklären: Ich fühlte mich überhaupt nicht, als wäre ich in voller Fahrt gegen die Wand dieses vermaledeiten Hauses geknallt. Arme und Beine waren unverletzt, mein Kopf dröhnte nicht, meine Seite schmerzte nicht. Wenn ich wollte, könnte ich ohne Weiteres zu einem Wettrennen über hundert Yard gegen die Wache antreten.
    Ich musste an einem seltsamen, einem höchst seltsamen Ort gelandet sein. Ob der Unaussprechliche – oder genauer gesagt seine Handlanger – tatsächlich ein riesiges Gefängnis unterhielten? Mitten im Herzen Vagliostriens? Oder befand ich mich an einem ganz anderen Ort? Immerhin hatte ich das Branden des Meeres gehört, doch Ranneng lag nicht am Meer. Das schwor ich bei Kli-Klis Kopf. Das nächstgelegene Meer war eben das Meer der Stürme – und bis dorthin brauchte man zu Pferd eine Woche. Wenn ich jedoch nicht mehr in der Stadt Ranneng, sondern in der Nähe des Meeres der Stürme war, dann musste ich wahrlich sehr – sehr! – lange ohnmächtig gewesen sein!
    Verdammt! Was zerbrach ich mir darüber den Kopf? Besser wäre, ich versuchte, so schnell wie möglich aus diesem Gemäuer herauszukommen und Aal zu befreien. Bestimmt saß er in einer der Zellen in diesem Gang!
    Dann brauchte ich ihn ja bloß noch zu finden! Würde ich jedoch auf gut Glück an jede Tür klopfen, könnte mich das gut und gern ein ganzes Jahr kosten – und mir obendrein die schönsten Schwierigkeiten einbrocken. Denn wenn ich die falsche Tür öffnete, dann: gute Nacht. Wer weiß, was für Verrückte hinter all diesen Türen hockten! Also musste ich mich erst in den Wachraum schleichen und im Buch nachsehen, wo Aal saß. So etwas gab es doch sicher auch in einem Gefängnis, in dem nur Alte mit schwarzen Höhlen anstelle von Augen Dienst taten.
    Ich ging den Gang in Richtung Treppe hinunter, blieb jedoch nach noch nicht einmal zehn Schritt stehen. Die Gefangenen! Wieso hatte ich nicht gleich an diese Frauen gedacht?! Sie mussten doch wissen, was das hier für ein Gefängnis war. Außerdem wäre es kein feiner Zug, sie der Herzensgüte dieses Alten zu überlassen. Immerhin trug ich meine Nachschlüssel bei mir, vielleicht würde es mir ja gelingen, sie zu befreien.
    Sofort brach ein Streit in meinem Kopf los.
    Garrett, du bist kein Ritter auf einem Schimmel aus einem albernen Kindermärchen , flüsterte es in meinem Kopf mit zynischem Unterton. Nimm die Beine in die Hand und sieh zu, dass du von hier verschwindest! Du wirst diese Frauen ohnehin nicht retten.
    Und ob ich sie retten werde , widersprach eine andere Stimme. Wärest du tatsächlich imstande, einen Menschen in dieser Finsternis verfaulen zu lassen, wenn auch nur die geringste Aussicht auf seine Rettung bestünde?
    Selbstverständlich , antwortete die erste Stimme. Mit ein paar halb verhungerten Weibsbildern durch

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