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Schattenstürmer

Schattenstürmer

Titel: Schattenstürmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
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tot sein und sich nicht in meine Angelegenheiten einmischen. (Solange der See still ruht, jedenfalls nicht.) Es macht einem nämlich verdammt zu schaffen, sich an Dinge zu erinnern, die einem nie im Leben passiert sind. Obwohl ich ohne den Erzmagier wirklich schon längst den Würmern zum Opfer gefallen wäre, das stimmt.
    »Das Dunkel sei mit dir!«, zischte ich. »Von mir aus kannst du schweigen, bis du schwarz wirst!«
    Doch die Entscheidung, was ich tun sollte, traf am Ende wirklich jemand anders für mich – und zwar in nicht gerade angenehmer Weise.
    Von der Treppe her näherten sich Geräusche. Jemand kam sicheren Schrittes auf mich zu. Offenbar verspürten heute alle Gefängniswärter den sehnlichen Wunsch, durch die Gänge zu spazieren. For hatte mir immer gepredigt, mich vor denjenigen zu hüten, die an Orten herumstampfen, an denen man nur auf Zehenspitzen schleichen sollte. Wer lärmt, fürchtet nichts. Wer nichts fürchtet, ist gefährlich. Wer gefährlich ist, sollte unter allen Umständen gemieden werden.
    Diese Weisheit meines alten Lehrers hatte ich stets befolgt, weshalb ich mich bis auf den heutigen Tag bester Gesundheit erfreute. Und auch jetzt wollte ich mich an den Rat halten.
    Ich zog den Nachschlüssel aus dem Schloss und huschte in die dunkle Zelle mit der ausgeschlagenen Tür, die mir inzwischen bereits vertraut war. Der Gestank stieg mir erneut in die Nase, doch gewöhnte ich mich diesmal weit schneller daran. Ich stellte mich so hin, dass ich den Gang und die Tür zur Zelle der Frauen, die die schwarzen Augen des Alten nicht fürchteten, im Auge hatte und lauschte auf die näher kommenden Schritte.
    Bisher konnte ich im Gang kein Licht erkennen. Entweder musste der ungebetene Gast also eine besondere Lampe haben, deren Licht nur in größter Nähe zu erkennen war, oder – und diese Variante beunruhigte mich weit mehr – er brauchte gar kein Licht. Wenn Letzteres der Fall war, hatte der Kerl allerdings nichts mit einem Menschen gemein. Dann könnte er mich durchaus entdeckt haben, als ich noch am Schloss herumhantierte.
    Die Schritte waren nur noch fünf Yard von mir entfernt. Noch drei … zwei …
    Der Unbekannte besaß wirklich eine besondere Lampe, in der Dunkelheit war eine schmale orangefarbene Lichtsichel zu erkennen, die keinen Rundblick ermöglichte. Zumindest für mich nicht. Ich nahm lediglich eine schwarze Kontur wahr, einen dunklen Schatten vor dem Hintergrund der kaum zurückweichenden Dunkelheit.
    Der Mann blieb vor der Tür stehen, das Schloss klickte, und die Tür ging auf. Hmm. Irgendwie hatte ich nicht gehört, wie er einen Schlüssel ins Schloss gesteckt hatte.
    Die Tür quietschte erbärmlich. War heute im Gefängnis eigentlich Tag der offenen Tür? Das war bereits der zweite Besucher in der letzten halben Stunde. Ich riss die Augen auf, vermochte jedoch nicht mehr zu erkennen als die Silhouette des ungebetenen Gastes. Also galt es, die Ohren zu spitzen.
    Der Unbekannte betrat die Zelle, ich hörte, wie abermals die Kette rasselte.
    »Sei gegrüßt.« Diesmal sprach die zweite Frau zuerst.
    »Immer auf Höflichkeit bedacht, was, Lathressa?«, erwiderte der Mann amüsiert. Als ich seine Stimme hörte, wünschte ich mich auf der Stelle tausend Leagues weit weg.
    Beim Dunkel! Bei H’san’kor und tausend Dämonen! Sollen mir doch die Füße in der Pfanne geröstet werden! Soll mir doch für den Rest meines Lebens jeder kleine Diebstahl missglücken! Ich saß in der Tinte! Bis über beide Ohren!
    Diese Stimme kannte ich. Bisher hatte ich sie erst zweimal gehört, und jedes Mal hatte ich mich weit weg von ihrem Besitzer gewünscht. Das war er, der treue Hund des Herrn, der Sendbote. Ich hatte sehr, geradezu inständig hatte ich gehofft, diese Stimme nie wieder hören zu müssen, ihrem Besitzer niemals wieder begegnen zu müssen. Und jetzt das! Ausgerechnet hier musste er mir über den Weg laufen!
    »Was bleibt mir denn, wenn nicht die Höflichkeit?« In der Stimme der Frau schwang Bitternis mit. »Oder glaubst du etwa, ich würde dich anflehen, mein Leben zu schonen?«
    »Dein Leben kann ohnehin nur der Herr schonen«, erwiderte der Kerl kalt. »Ich bin lediglich sein Sendbote, das Werkzeug seines Willens. Aber wenn du glaubst, du würdest mich nicht anflehen … da irrst du dich! Wenn ich will, wirst du mich anflehen. Und wie, Lathressa!«
    Die Frau sagte kein Wort.
    »Gut«, bemerkte der Sendbote schließlich und stieß ein fast menschliches Schnauben aus. »Blag

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