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Schattenstürmer

Schattenstürmer

Titel: Schattenstürmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
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der andere war bei ihm.«
    Herr Risus war nicht sehr groß, hatte schwarzes, glänzendes Haar und tief liegende graue Augen. Der schmallippige Mund und die gerade Nase von idealer Form wiesen ihn als einen Mann aus, der nicht geneigt war, etwas auf das Urteil Dritter zu geben. Die ungesunde gelbe Gesichtsfarbe ließ an die Pest denken. Er verströmte einen strengen Geruch nach Pferdeschweiß, seine prachtvolle Kleidung war zerknittert und verdreckt. Risus musste die Nacht durchgeritten sein, um meine Person in Augenschein zu nehmen.
    »Ich habe zwei Fragen an euch.« Die Stimme klang überraschend tief und voll. »Von euern Antworten hängt euer Leben ab. Genauer, euer Tod. Antwortet, und ihr werdet einen schnellen Tod sterben. Wenn ihr euch widersetzt, nagen die Gholen euch die Knochen ab.«
    Aal warf Herrn Risus einen beredten Blick zu, sagte jedoch kein Wort.
    »Lasst mich ihnen die Sache erklären, Herr Risus«, mischte sich Schandmaul ein. »Das spart uns viel Zeit.«
    Der Mann sah Schandmaul aufmerksam an, nickte dann widerwillig und brachte hervor: »Aber rasch! Du hast zehn Minuten, während ich mein Reisegewand wechsle.«
    Risus öffnete die Schnalle an seinem Umhang, legte diesen penibel auf den Boden, warf einige Wurzeln, offenbar magische Ingredienzien, darauf und verließ die Zelle. Während ich den sich entfernenden Schritten nachlauschte, flehte ich innerlich, weder Lilanase noch Schandmaul möchten das Geräusch hören, das der Ling verursachte, der immer noch meine Fesseln durchnagte.
    Bei Sagoth! Wo blieben bloß unsere Retter?
    »Freunde …«, fing Schandmaul an.
    »Dein Freund ist der Unaussprechliche«, fuhr ich ihn an.
    »Sicher«, erwiderte der Verräter. »Falls ihr es noch nicht begriffen habt, Herr Risus ist Schamane, und zwar ein sehr guter, das kann ich reinen Gewissens sagen. Er ist eigens nach Ranneng gekommen, um den Schlüssel für den Unaussprechlichen an sich zu nehmen. Ihr werdet euch sicher vorstellen können, wie enttäuscht er war, als er erfuhr, dass wir den Schlüssel nicht haben.«
    »Wahrscheinlich hat er vor lauter Kummer Hämorrhoiden bekommen«, bemerkte Aal.
    Lilanase lachte, doch als er Schandmauls Blick auffing, verstummte er.
    »Von euch braucht Herr Risus nur zwei einfache Antworten auf zwei sehr einfache Fragen«, fuhr Schandmaul ungerührt fort. »Gebt ihr sie ihm, dann bringe ich euch eigenhändig um, das schwöre ich. Schnell und schmerzlos. Und ich werde dafür sorgen, dass ihr eine angemessene Bestattung erhaltet.«
    »Was sind das für Fragen?«
    Ich wollte möglichst viel Zeit herausschinden, damit der Ling meine Fesseln vollständig durchnagen konnte.
    »Mit Dieben kann man reden, das wusste ich immer«, brachte Schandmaul zufrieden heraus. »Die erste Frage: Wer hat die Schamanen umgebracht, die den Angriff auf unsere Einheit vorbereiteten?«
    »Du warst doch dabei!«, rief ich. »Du weißt doch genau, dass Egrassa und Kater den Hinterhalt aufgedeckt haben!«
    »Das werde ich nie vergessen«, sagte Schandmaul. »Elfenpfeile! Elfenpfeile töteten meine Brüder! Aber die meine ich nicht. Ich meine die Schamanen, die den Hauptschlag auf uns ausführen sollten! Wer hat sie ermordet?!«
    »Woher sollen wir das wissen?« Ich zuckte die Achseln. »Offenbar haben sich da ein paar nette Menschen gefunden.«
    »Nette Menschen sind nicht imstande, sechs der besten Schamanen des Unaussprechlichen zu töten!«, blaffte Schandmaul. »Jetzt ist Herr Risus der einzige Hohe Schamane in Vagliostrien.«
    »Schandmaul, dein Risus ist verrückt! Wir haben auf der Harganer Heide gekämpft. Woher sollen wir wissen, wer seine ach so kostbaren Zauberkünstler zehn Leagues entfernt überwältigt hat? Nachdem sie uns die purpurrote Wolke auf den Hals gehetzt hatten …«
    »Das waren nicht sie, Garrett.«
    »Nicht?«, fragte ich ziemlich begriffsstutzig zurück.
    »Eben. Zu der Zeit waren sie schon lange tot.«
    »Wer hat dann diesen Zauber gewirkt?«
    »Damit kommen wir zur ersten Frage zurück: Wer hat unsere Schamanen ermordet?«
    Mir fiel wieder ein, was Kli-Kli erzählt hatte: Nachdem Kater und Egrassa die Schamanen ausgeschaltet hatten, die gerade einen Zauber wirken wollten, hatte Kater gespürt, dass in der Nähe ein weiterer, noch mächtigerer Zauber gewirkt wurde. Kater, möge er im Licht weilen, hatte sich bestimmt nicht geirrt, und ich war mir sicher, dass er eben diese sechs Schamanen gespürt hatte. Doch weder Egrassa noch er konnten die neue Gefahr ausmachen, da sie

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