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Schattenstunde

Schattenstunde

Titel: Schattenstunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
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Mühe machen.«
    »Eine Ausrede?« Ein bitteres Lachen. Dann trat er langsam zurück, als müsse er sich dazu zwingen. »Du hast meine Akte gelesen, stimmt’s?«
    »Ich …«
    »Ich weiß, dass du sie gelesen hast. In der Nacht, als ihr so getan habt, als wolltet ihr die Küche plündern, du und Rae.«
    »Bloß wegen dem, was du getan hattest. Ich habe einfach wissen müssen …«
    »Wie gefährlich ich bin. Ich kann’s dir nicht übelnehmen. Aber du hast deine Antwort ja gekriegt, richtig? Jetzt weißt du genau, wie gefährlich ich bin.«
    Ich schluckte. »Ich …«
    »Du weißt, was ich getan habe, und jetzt bist du der Meinung, ich sollte draußen auf der Straße rumlaufen?« Seine Lippen kräuselten sich. »Ich bin genau da, wo ich hingehöre.«
    Etwas in seinen Augen, seiner Stimme, seinem Gesicht verursachte mir weit hinten in der Kehle Schmerzen. Ich sah zur Duschkabine hinüber und beobachtete, wie das Wasser die Scheiben sprenkelte, während das harte Rauschen unser Schweigen füllte.
    Einen Moment später sah ich wieder zu ihm hin. »Du musst einen Grund dafür gehabt haben.«
    »Muss ich?« Als ich den Blick wieder abzuwenden versuchte, tat er einen Schritt zur Seite und hielt ihn fest. »Ist es das, was du willst, Chloe? Meine Gründe hören? Meine Entschuldigung? Dass der Typ mich mit einer Schusswaffe bedroht hat, und ich jetzt tot wäre, wenn ich ihn nicht gegen die Wand geworfen hätte? Ja nun, so war das aber nicht. Es gibt da einen Jungen, der nie wieder gehen wird, und ich habe keine Entschuldigung. Es ist meine Schuld. Das
alles
ist meine Schuld. Dass unser Dad verschwunden ist. Dass sie Simon hier eingesperrt haben. Ich …«
    Er schloss abrupt den Mund, und seine Hände verschwanden wieder in den Taschen. Er starrte über meinen Kopf hinweg, und ich sah, wie seine Kiefermuskeln arbeiteten.
    Nach einem weiteren Moment des Schweigens sagte er: »Yeah, ich will, dass Simon hier rauskommt, und ich tue alles, damit er hier rauskommt. Aber es ist nicht so, dass ich dich in Gefahr bringe. Du profitierst ja schließlich auch davon. Du hast keinen Grund, dich zu beschweren.«
    Ich konnte ihn nur anstarren. Mein Eindruck, dass ich ihn jetzt möglicherweise verstanden hatte, verflog, wie er es noch jedes Mal getan hatte. Ich meinte, unter all dem irgendetwas zu sehen, aber er riss es so schnell wieder fort, dass es Schrammen hinterließ und ich mir dumm vorkam, weil ich auf mehr gehofft hatte.
    »Keine Gefahr?«, fragte ich langsam. »Ich laufe weg. Aus dem Heim. Von meiner Familie. Meinem
Leben

    »Du wirst mit Simon zusammen sein. Tu doch nicht so, als wäre das eine Zumutung für dich.«
    »Was?«
    »Du weißt, was ich meine. Ein paar Tage allein mit Simon? Das wird wirklich hart. Und es bedeutet ihm eine Menge. Eine
Menge
. Weglaufen, um ihm bei der Suche nach seinem Dad zu helfen? Das wird er dir nie vergessen.«
    Ich riss die Augen auf. »O mein Gott, glaubst du wirklich? Wirklich? Das ist ja so cool. Ich wette, er fragt mich, ob ich mit ihm zusammen sein will und all das. Wir können uns von seinem Jugendgefängnis zu meinem Liebesbriefe schreiben, und vielleicht dürfen wir uns bei den gemeinsamen Veranstaltungen sogar sehen.«
    Er starrte wütend auf mich herunter.
    »Du hältst mich wirklich für einen Trottel, stimmt’s?«, fragte ich und hob dann hastig die Hand. »Nein, beantworte das lieber nicht. Bitte. Kleines Update für dich: Einen Freund zu finden steht nicht bei jedem Mädchen ganz oben auf der Liste. Auf meiner steht es im Moment so weit unten, wie man überhaupt stehen kann. Weit unter solchem unwichtigen Kleinkram wie mein Leben wieder auf die Reihe zu bringen.«
    »Okay …«
    »Wenn das hier vorbei ist, würde ich mich nicht wundern, wenn Simon mich nie wieder sehen wollte. Es einfach hinter sich lassen. Und weißt du was? Ich hätte kein Problem damit. Weil ich nämlich rausfinden muss, was mit Liz passiert ist. Und ich will Simon helfen, weil das nur richtig ist, nicht weil ich ihn ja sooo niedlich finde. Ich bin vielleicht kein Genie so wie du …«
    Das Stirnrunzeln war wieder da. »Ich bin kein …«
    »Aber ich bin immer noch intelligent genug, um zu wissen, dass das hier kein großes romantisches Abenteuer wird. Ich laufe weg. Ich werde auf der Straße leben. Und selbst wenn wir deinen Dad finden, ich bin mir nicht so sicher, ob der in der Lage sein wird, mein Leben wieder auf die Reihe zu bringen.« Ich dachte an Tante Lauren und spürte einen Stich der

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