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Schattensturm

Schattensturm

Titel: Schattensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Saumweber
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Ruhetag im
Heart’s Dancing Club
.
    Das einzige Licht innerhalb des großen Clubraums schien an der Theke, wo ein paar heruntergekommene Gestalten eingehüllt von einer Wolke aus Zigarettenrauch am Tresen lehnten. Aus verborgenen Lautsprechern war das leise Gedudel eines lokalen Popsenders zu hören. Für diese Auswahl war Jackson verantwortlich, der Barkeeper, der aufgedunsen und gelangweilt hinter seiner Theke lehnte.
    Eine Ratte, die Popmusik hört, was für eine Schande!
Mickey schüttelte den Kopf, als er den Clubraum betrat. Jacksons harte Tage waren schon lange vorbei.
    Müde kletterte er auf einen Barhocker. »Whisky«, befahl er, »aber ganz schnell!« Er fummelte seine Zigaretten aus der Tasche und steckte sich eine an. Als ihm Jackson das Glas vor die Nase stellte, kippte er seinen Inhalt mit einem Zug hinunter und bestellte das nächste, während sich der Alkohol beißend seine Kehle hinunterbrannte.
    Armstrong, ein mit einem Meter achtzig geradezu
riesiger
Rattenmenschmit der Figur eines Bodybuilders, blies eine Qualmwolke in seine Richtung. »Wie sieht’s aus?« Die Anspannung der letzten Tage hatte tiefe Augenringe in sein unrasiertes Gesicht gezeichnet.
    »Wie soll es schon aussehen«, erwiderte Mickey ruppig.
» Beschis
sen
sieht es aus!« Er griff nach dem zweiten Whisky und stürzte ihn dem ersten hinterher. Als er endlich spürte, wie sich die Wärme in seinem Körper ausbreitete, lehnte er sich mit einem langen Seufzer zurück. »Aaaahhh. Das hab’ ich gebraucht. Jackson, gibt’s hier auch was zu essen?«
    »Klar. Sobald du Armstrongs Frage beantwortest hast.« Der Barkeeper wartete seine Antwort jedoch gar nicht ab, sondern verschwand gemächlichen Schrittes in der Küche.
    Die Neugier seiner Rudelbrüder drängte ungebremst in sein Bewusstsein. Sie hatten gespürt, dass er vor Jackson nicht sprechen wollte, doch nun brannten sie auf seine Neuigkeiten. Er seufzte erneut, dieses Mal jedoch aus Unwohlsein. Die Neuigkeiten, die er von der Versammlung der Rudelanführer mitbrachte, waren nicht gut.
    »Wir haben mehr als dreißig Tote«, erklärte er schließlich mit Grabesstimme. Trauer und Wut des Rudels erfassten ihn, in einer Intensität, die ihm das Weitersprechen schwierig machte. »Die Schatten«, zwang er sich, »hat es kaum besser erwischt. Von ihnen wurden ungefähr zwanzig vernichtet. Im Gegenzug haben wir ganze
drei
Hexer getötet.« Er nahm die Zigarette zum Mund und inhalierte tief.
    Für einen Moment herrschte fassungslose Stille. Jeder hier wusste von gefallenen Freunden und Bekannten, und keiner hatte sich vorgemacht, dass der Krieg zwischen ihnen und den Schatten auf der einen Seite und den Renegaten und Hexern auf der anderen zu ihren Gunsten verlief. Doch dass es
so
schlimm stand, damit hatte niemand gerechnet.
    Sheffield, ein erfahrener Mann mit Nickelbrille, langen braunen Haaren und frischrasiertem Kinn fasste schließlich zusammen,was alle dachten: »Das ist die Hälfte des Clans …« Er nahm sich die Brille aus dem Gesicht und rieb sich die Augen.
    Mickey ließ nachdenklich den Rauch aus seiner Nase entweichen. »Ja«, meinte er schließlich. »Wir sitzen gewaltig in der Scheiße.«
    Eine Weile schwiegen sie sich an. »Was ist mit den Portalen?«, fragte schließlich White. Er war der jüngste Rattenmensch in Mickeys Rudel, kaum fünfzehn, hellblonde Haare, blaue Augen: ein Bilderbuch-Norweger, wäre er etwas größer als einssechzig.
    »Das Hafenportal ist gestern Nacht in unsere Hände gefallen. Snowmans Rudel hat den Angriff angeführt. Snowman ist tot, die Hexer haben sich zurückgezogen. Damit haben wir wieder alle Stadtportale unter Kontrolle.«
    »Und wie geht’s weiter?«, wollte Sheffield wissen.
    »Ashkaruna glaubt, Derrien Schattenfeind ist zurück bei seinen Waldläufern in der Innenwelt. Er hat Rushai zurückgeholt, um ihn dort anzugreifen. Der Schattenfeind wird überrascht sein und versuchen, über die Portale zu entkommen. Unsere Aufgabe ist es, die Portale so dicht zu halten, dass ihm die Flucht nicht gelingt.«
    »Und was ist, wenn der Schattenfeind
nicht
in der Innenwelt ist?« Diese Frage hatte kommen müssen, und wie immer war es Spider, der den Schwachpunkt in der Argumentation entdeckte. Spider war so groß wie Armstrong, aber dürr wie ein Schilfrohr und blass wie der Vollmond. Er war ein Albino, mit weißen Haaren und roten Augen.
    Mickey zuckte mit den Schultern. »Dann hängt der Schattenfeind jetzt bei uns in der Außenwelt fest.

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