Schattensturm
Bescheid, dass ein Informant auf dem Pfad war, und schickte sie los. Sie wussten, was zu tun war.
Es verging etwa eine halbe Stunde, die Baturix damit verbrachte, an Alanna und Tertius zu denken. Wie es ihnen wohl ging? Ob Cintorix ihnen Ärger machte, weil sie, ohne ihn zu fragen,von Allobroga weggezogen waren? Ob Sebatrix sie gut behandelte? Nachdenklich öffnete und schloss er die rechte Hand. Wie so oft grübelte er darüber, ob er Alanna jemals wieder sehen würde. Wie es dann wohl sein würde?
Schließlich jedoch hörte er die Schritte seiner Leute im überfrorenen Schnee knirschen. Der Mann, den sie bei sich hatten, trug seine Armbinde – ein Stück schwarzgefärbtes Tuch – mittlerweile über den Augen, obwohl sich Baturix beim besten Willen nicht vorstellen konnte, wozu das gut sein sollte. Wer auch immer ihn finden wollte, würde einfach den Spuren im Schnee folgen. Selbst im Wald war es den unerfahrenen Waldläufern bei all dem Schnee kaum möglich, sich spurlos fortzubewegen. Doch es war Roberts Idee von einem geheimen Treffen. Baturix akzeptierte es stillschweigend.
Während Robert dem Mann die Binde von den Augen zog, stand Baturix von dem Baumstamm auf und fragte den Mann: »Etwas Branntwein?«
»Sehr … sehr gerne«, stammelte der Bretone verschüchtert. Offenbar war es Robert einmal mehr gelungen, einem Verbündeten Angst einzujagen.
Baturix seufzte und zog die lederne Flasche aus der Tasche an seinem Gürtel und reichte sie dem Mann. Er war jung, noch keine zwanzig, mit fettigen glatten braunen Haaren, die er sich nach hinten gekämmt hatte, und einem schmalen Oberlippenbart. Seine Augen waren klein und dunkel, alles in allem vermittelte er irgendwie den Eindruck eines Mäusegesichts. Er nahm mit dankbarem Blick die Flasche an und trank zwei kurze Schlucke. »Danke, Herr«, meinte er dann.
»Wie heißt du?«, fragte Baturix, während er die Flasche zurücknahm und in seine Gürteltasche steckte. Insgeheim reichte er den Dank weiter an die Bauernfamilie, die ihm die leere Flasche wieder aufgefüllt hatten.
»Magnus, Herr.«
»Magnus? Das ist ein gallischer Name.«
»Gallisch oder norwegisch, Herr.« Der Mann schwenkte plötzlich ins Gallische. »Mein Vater war Gallier, meine Mutter eine norwegische Fomorerin. Sie war Kriegsgefangene bei den Bretonen hier am Fjord, und mein Vater konnte nicht für sie bezahlen. Der Fürst Nerin beschloss, wenn er sie heiraten wollte, müsste er sich am Romsdalsfjord ansiedeln. Und das hat er getan.«
»Nun, wie du bereits gehört hast, bin ich ein Helvetier. Das macht uns beinahe zu Stammesbrüdern. Mein Name ist Baturix. Ich will dich nicht länger als nötig hier aufhalten, bevor dich noch jemand vermisst. Du hast Informationen?«
»Ja, Herr. Ein Mann aus der Stadt war heute Mittag auf dem Hof. Er hat davon erzählt, dass die Herrin Gudrun zurückgekehrt ist, vor zwei oder drei Tagen.«
Baturix zog die Augenbrauen nach oben. »Das ist eine wichtige Neuigkeit.«
Die erste wichtige Neuigkeit seit Wochen.
»Ja, Herr. Er hat auch davon berichtet, dass sie zur Festung Trollstigen weitergereist ist. Heute Morgen ist dann der Jarl Eirik mit seiner gesamten Garnisonsbesatzung von der Festung zurückgekehrt und hat eine neue Garnison nach oben geschickt.«
»Mit einem neuen Kommandanten?«
»Nein, Herr. Es heißt, dass die Herrin Gudrun für den nächsten Monat auf der Festung bleibt.«
Baturix nickte. »Der Dank der Waldläufer sei dir gewiss. Du hast uns einen großen Dienst erwiesen. Hast du sonst noch Neuigkeiten?«
Der Mann schüttelte den Kopf. »Nun, Herr, das dritte Langschiff ist noch immer nicht zurückgekehrt, also muss die Herrin Gudrun wohl den Landweg gewählt haben. Aber das wisst Ihr vermutlich bereits, Herr. Sonst weiß ich nichts. Aber ich habe Euch etwas Essen mitgebracht, das uns der Mann aus der Stadt gebracht hat.« Er schlüpfte aus der Tasche, die über seiner Schulter hing, und reichte sie Baturix.
»Das war mehr als ich die ganzen letzten Wochen erfahren habe.« Baturix scheute sich nicht, das zuzugeben. Der Mann warfür die Kälte nur spärlich bekleidet, deutlich schlechter als Baturix selbst, und die Nahrung war in der Hungersnot ein echtes Opfer. Vielleicht würde ihm das Wissen, den Waldläufern einen großen Dienst erwiesen zu haben, etwas Stolz geben. »Hab Dank, Magnus, auch für das Essen.« Er gab die Tasche an einen der Männer weiter, der sich sogleich daran machte, sie auszupacken. Baturix reichte Magnus die Hand
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