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Schattensturm

Schattensturm

Titel: Schattensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Saumweber
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Fischen ließen, die eine solche Rune trugen, aus Angst davor, weitere Männer an den Dämon zu verlieren. Offenbar konnten die Runen sie auf irgendeine Art und Weise beschützen.
    Sie herzustellen war offenbar nicht einfach. Als ihn die Waldläufer-Druiden nach dem missglückten Hinterhalt auf diese Germanenfürstin Ende Juni auf Spähposten geschickt hatten, war für mehr als einen Monat lang kein einziges Boot auf dem Fjord zu sehen gewesen. Erst im August war das erste aufgetaucht, die weiteren waren ungefähr im Zweiwochentakt gefolgt. Entweder war der Runenschmied der Germanen noch anderweitig schwer eingespannt, oder aber er brauchte geschlagene zwei Wochen für eine Rune. Nachdem in den gesamten Siedlungen um den Romsdalsfjordherum Hunger herrschte und sie die Erträge ihrer Fischer dringend benötigten, vermutete Baturix eher zweiteres.
    Der eisige Wind blies ihm ein paar Schneeflocken ins Gesicht und ließ seine Augen tränen. Er fröstelte und zog das Wollzeug aus der Umhängetasche an seiner Seite. Er hatte es von der freundlichen Bretonenfamilie geschenkt bekommen, bei denen er vor ein paar Nächten untergekrochen war. Er verspürte große Dankbarkeit, als er sich den Schal um den Hals band und die Mütze über die Ohren zog. Sofort wurde es wärmer. Er öffnete und schloss die rechte Faust ein paar Mal, um etwas Durchblutung in seine drei verbliebenen Finger zu bekommen, dann steckte er sie zurück unter seinen Umhang.
    Er seufzte. Mit den geschenkten Wollsachen hatte er eine Bitte erhalten, eine Bitte an die Waldläufer, den Frieden am Fjord nicht zu stören. Baturix hatte zuerst geglaubt, sich verhört zu haben. Doch der Bauer hatte es tatsächlich ernst gemeint. Zum ersten Mal war Baturix aufgefallen, dass es für die einfachen Kelten keinen großen Unterschied machte, ob sie nun frei oder unfrei waren. Sie mussten Tag für Tag den Feldern ihren Lebensunterhalt abtrotzen, ob nun ein Germane oder ein Kelte über sie wachte, und ihre Abgaben waren seit dem Hunger und dem Dämon schon unter keltischer Herrschaft sehr hoch gewesen. Zwar bedeutete Unfreiheit zusätzlich, dass die Germanen sie nach Lust und Laune umsiedeln oder verheiraten konnten, doch das schien ihnen im Moment das kleinere Übel zu sein. Der Stamm der Bretonen war kriegsmüde, noch mehr als die anderen Keltenstämme. Erst vor zehn Jahren waren sie auf Trollstigen blutig zur Ader gelassen worden, die Schlacht von Espeland hatte sie ebenso gekostet wie der Überfall der Schatten auf ihre Hauptstadt, und nun sorgte der Dämon für zusätzliche Unruhe und Angst. Baturix konnte es ihnen nicht verübeln.
    Im Dämmerlicht der Küste unter ihm stieg ein ganzer Schwarm krächzender Möwen auf. Baturix richtete seinen Blick darauf und bemerkte einen einzelnen Wanderer, der den Küstenpfad entlangging.Er konnte keine Einzelheiten erkennen, sah jedoch, wie der Mann auf einen schmalen Pfad die Hangweide empor zum Wald bog. Baturix kniff die Augen zusammen.
    »Er trägt die Armbinde«, meinte Robert.
    Baturix sah kurz zu ihm auf. Seit dem Hinterhalt war der Schotte der inoffizielle Sprecher seiner kleinen Truppe, ein sehniger, kräftiger Mann von vielleicht fünfundzwanzig Jahren, mit rotbraunem Haar und einem ebensolchen Bart. Seine braunen Augen waren oft zusammengekniffen, doch sein Augenlicht war gut – sehr gut, um genau zu sein. Er gehörte einfach zu einer Art Mensch, die gerne die Augen zusammenkniff.
    »Ich kann nichts erkennen«, erwiderte Baturix.
    »Das kommt davon, weil du blind bist!« Die Verachtung in Roberts Stimme war nicht zu verkennen. Der Mann war seit dem Hinterhalt unausstehlich. Er hatte im Kampf einen von Gudruns Leibwächtern getötet – angeblich einen Berserker, obwohl ihm das Baturix nicht glaubte – und hasste ihn, weil es Baturix nicht geschafft hatte, mit der Armbrust die Fürstin zu treffen. Baturix hatte gar nicht erst versucht, ihm zu erklären, dass dort Magie im Spiel gewesen war. Alle erinnerten sich noch daran, dass der Druide Ryan sie als gewöhnlichen Menschen beschrieben hatte. Baturix’ Versagen auf Magie zu schieben würde ihn in Roberts Augen nur noch schwächer erscheinen lassen.
    »In Ordnung«, seufzte Baturix. »Dann sehen wir ihn uns mal an.«
    Gemeinsam kletterten sie vom Felsen und eilten, wieder von den Fichten des Bergwaldes verdeckt, zu den anderen. Acht Mann waren Baturix übrig geblieben, fünf davon Schotten, die drei anderen Bretonen, die ihm von Sekken gefolgt waren. Er gab ihnen kurz

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