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Schattensturm

Schattensturm

Titel: Schattensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Saumweber
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Geschichte einzugehen, missfiel ihm.
    Aber er war noch nie einer gewesen, der sich von gesellschaftlichen Normen davon abhalten ließ, das Richtige zu tun. Und das hier war das Richtige. Zumindest glaubte er das.
    »Ich biete dir Trollstigen«, erklärte er, als er das Glas wieder abgesetzt hatte.
    »Trollstigen«, wiederholte Rushai nach einer kurzen Pause.
    Derrien nickte.
    Rushai drehte mit einer Hand sein Weinglas auf der Stelle, doch sein Auge hielt ihn intensiv fixiert. Er antwortete mit nur einem Wort: »Wie?«
    »Die exakte Methode bleibt natürlich mein Geheimnis. Aber es ist hilfreich, dass sich meine Männer der Festung nähern können, ohne ihre alten Wachzauber zu aktivieren.« Ein Nain, der Trollstigen auf tausend Schritte nahe kam, würde die Verteidiger warnen – Zeit genug,
Andraste
zu läuten und Verstärkung herbeizuholen. Und
Andraste
selbst war aus der Ferne nicht zu stören.
    Rushai lehnte sich zurück. »Was willst du dafür?«
    »Mein Schwert.«
    Der Schwarze Baum nickte. »Das habe ich erwartet. Was noch?«
    »Einen Bogenschützen.«
    Die Tatsache, dass Rushai nicht ablenkte und so tat, als ob er nicht wüsste, von wem Derrien sprach, ließ ihn in seinem Ansehen steigen. Natürlich änderte das nichts an seinem Hass, aber er begann sich zu fragen, was der Schwarze Baum wohl für ein Mann wäre, wäre er ein Mensch und kein Schatten.
    »Den Schützen von Espeland?«, vergewisserte sich Rushai nach einer langen Pause.
    Derrien nickte langsam.
    »Warum?«
    »Er hat meinen Bruder getötet.«
    »Hmmm.« Rushai versank wieder in Gedanken. Schließlich meinte er: »Und weiter?«
    »Meine letzte Forderung passiert beinahe automatisch. Die Anführerin der Burg, eine Frau namens Gudrun. Ich will ihren Kopf.«
    »Warum sie?«
    »Der gleiche Grund. Mein Neffe.«
    »Hmmm.« Rushai nippte an seinem Weinglas, während er nachdachte. Dann kratzte er sich kurz am Anfang der Narbe auf seiner rechten Wange. »Du forderst viel. Die Frau ist kein Problem. Aber der Schütze ist ein mächtiger Schatten, fast schon ein Lord. Ich kann ihn nicht ohne weiteres liefern. Und dazu noch das Schwert …«
    Derrien zuckte mit den Schultern. »Das ist nicht viel. Du
willst
Trollstigen. Gewinnst du Trollstigen, gehört dir der Romsdalsfjord. Dort findest du mindestens fünftausend Mann, mit denen du weiter Krieg führen kannst.« Fünftausend Kelten, um genau zu sein. Bretonen. Derriens eigener Stamm. Aber solange die Kelten sie nicht zurückeroberten, waren sie so gut wie entwurzelt und praktisch schon Germanen. Und wie die Dinge standen, würden die Kelten über lange Zeit nicht in der Lage sein, sie zurückzuerobern. Er schüttelte den Kopf. Sein Volk war bereits verloren. »Und für das Schwert gewinnst du ein anderes. Die Frau trägt selbst eine magische Klinge, möglicherweise eine der germanischen Großen.«
    Falls das Rushais Gier erweckte, verbarg er es gut. Kein Muskel zuckte in seinem Gesicht, während er ein weiteres Mal darüber nachdachte. Derrien trank weiter an seinem Bier.
    »In Ordnung«, meinte Rushai schließlich. »Ich gehe darauf ein.«
    »Gut«, erklärte Derrien mit klopfendem Herzen. »Den Schützenund das Schwert will ich, bevor ich Trollstigen lahmlege. Den Kopf kannst du mir später nachliefern.«
    Rushai schüttelte den Kopf, womit Derrien bereits gerechnet hatte. »So weit traue ich dir nicht, Derrien. Das Schwert zuerst. Den Schützen später.«
    »Ich vertraue dir nicht weiter.« Aber er hatte darüber nachgedacht und wusste eine Lösung des Problems. »Den Schützen zuerst. Das Schwert nach der Schlacht. Ich werde ein paar Waldläufer auf der Treppe positionieren, um Boten abzufangen, die die Stadt warnen wollen. Ihnen kannst du das Schwert geben. Gibst du es ihnen nicht, bläst der oberste sein Horn und warnt den untersten, der dann zur Stadt reitet.«
    Rushai grübelte kurz darüber. »Und wenn deine Männer trotzdem die Stadt warnen«, grübelte er laut, »töte ich sie und kriege dein Schwert wieder … Einverstanden.«
    »Gut. Ich kontaktiere dich noch wegen der Übergabe des Schützen. Wann werden deine Männer Trollstigen erreichen?«
    »Ich habe den Angriff für den einunddreißigsten Oktober geplant.« Er lächelte dabei hart.
    Es überraschte Derrien, dass der Schwarze Baum bereits ein so festes Datum für seinen Angriff kannte. Das bedeutete, dass sich seine Armee bereits in der Nähe befinden musste, im Meierdal höchstwahrscheinlich. Rushai hatte offenbar akzeptiert, die Festung

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