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Schattensturm

Schattensturm

Titel: Schattensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Saumweber
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erkennen. Er fragte sich, ob sie so von dem Turm aus erkannt werden konnten. Er schnitt eine angewiderte Grimasse, während er mit der Linken sein noch immer schmerzendes Knie rieb. Es half nichts, darüber zu grübeln. Die Treppe war ihr einziger Zugangsweg. Trollstigen war von dieser Seite des Passes auf keine andere Weise zu erreichen, es sei denn, man wollte klettern.
Richtig
klettern. Bei Dunkelheit und Schnee grenzte ein solches Vorhaben an Selbstmord. Baturix ballte die rechte Hand zur Faust, um die Durchblutung anzuregen. Seit seiner Verwundung kühlte sie immer so schnell aus. Sie fühlte sich an wie ein Eisklotz.
    »Wie weit sind wir?«, fragte Robert MacRoberts hinter ihm. Der Waldläufer hatte die Stimme weit genug gedämpft, dass er wohl nicht von den Mauern über ihnen gehört werden konnte, aber nicht so weit, dass Baturix nicht die Verachtung heraushören konnte.
    Er antwortete nicht.
    »Ich habe etwas gefragt, Baturix. Hast du mich nicht gehört?«
    Baturix verdrehte die Augen.
Du hast gefragt, ich habe nicht geantwortet, ist das denn so schwer zu verstehen?
Das wäre die Antwort gewesen, die er gerne gegeben hätte, doch er wusste, dass sie weitere Worte nach sich ziehen würde, Worte, die ihm nichts als Ärger bereiten würden. »Ich weiß es nicht«, gab er deshalb zurück.
    Robert schnaubte.
    Die Treppe wand sich weiter hinauf zum Pass. Der Wind vomMeer frischte auf, und es wurde eisig kalt. Baturix trug bereits sämtliche Kleidung, die er besaß, und wünschte sich mehr. Und das, obwohl er am besten von allen ausgerüstet war. Vor allem seinen Schotten mangelte es an Winterkleidern. Nur Robert MacRoberts, in seiner Funktion als Sprecher der Waldläufer, besaß einen kompletten Satz Wollzeug.
Schade eigentlich
, dachte Baturix.
Dich hätte ich gerne frieren sehen

    Es war dunkel genug, dass er einige Zeit brauchte, den einsetzenden Schneefall zu bemerken. Er betete darum, dass sie bald an der Festung sein würden – denn wenn der Schnee hoch genug fiel,
bevor
sie dort waren, würden sie frische Spuren hinterlassen, Spuren, die die Männer der Garnison am nächsten Morgen nicht übersehen konnten. Zwar machten sie auch jetzt Spuren, doch sie waren bei weitem nicht die Ersten, die auf der bestehenden Schneedecke die Treppe hochgestiegen waren, so dass es im Moment kaum auffiel.
    »Ruhig!«, zischte plötzlich der Bretone vor ihm und blieb stehen.
    Baturix erstarrte, während Robert die Warnung weiter nach hinten gab.
    Abgesehen vom sanften Sausen des Winds herrschte absolute Stille, in der sein Atem und das Pochen in seinen Ohren unnatürlich laut wirkten. Er hatte keine Ahnung, was den Mann zu seiner Warnung bewegt hatte. Vorsichtig setzte er einen Fuß auf die nächste Stufe und ging zwei Schritte weiter, wo der Bretone am Boden kauerte.
    Baturix ging neben ihm in die Knie. »Was?«, flüsterte er.
    »Stimmen«, hauchte der Bretone. »Über uns.«
    Baturix legte seinen Kopf in den Nacken, doch er sah nichts als Schnee und Schwärze.
    »Können wir weiter?«, zischte Robert von hinten.
    In diesem Moment hörte er plötzlich Geräusche über sich, die er einen Moment später als Sprache identifizierte. Im ersten Moment hielt er die Worte für norwegisch, doch er täuschte sich. Es musste sich um Altnordisch handeln.
    Norrøn. Die Sprache der Wikinger.
    Seine Hand ging langsam zu den Schnallen, mit der seine Armbrust auf seinem Rücken befestigt war. Ansonsten rührte er sich nicht. Erneut herrschte Stille. Vergeblich wartete er darauf, Schritte zu hören. Dafür hörte er kurz darauf etwas schlagen, sechs- oder siebenmal hintereinander, das typische Geräusch, das ein Feuerstein verursachte, wenn er auf ein Stück Stahl geschlagen wurde.
    Es rann ihm eiskalt den Rücken hinab. Er wollte seinen Leuten befehlen, sich zu verstecken, doch wo sollten sie hin? Wahrscheinlich gab es um sie herum Büsche oder Schneeverwehungen, aber wie sollten sie sie in der Dunkelheit rechtzeitig finden, ohne abzustürzen und vor allem ohne Geräusche zu machen, die die Männer dort oben hören konnten? Hastig nahm er die Armbrust von der Schulter, ohne recht zu wissen, wie sie ihm helfen würde. Selbst wenn es ihm gelang, einen Wachposten von der Mauer zu schießen, würde das ihre Anwesenheit verraten!
    Langsam drückte er den Hebel nach unten, mit dem die Sehne der Armbrust gespannt wurde, unendlich langsam, um das Knarren zu unterdrücken, das die Waffe sonst von sich gab. Mit einem leisen Klicken rastete sie

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