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Schattensturm

Schattensturm

Titel: Schattensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Saumweber
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zweiten Ring aus seiner Tasche. Sie nahm ihn an sich und steckte ihn zur Aufbewahrung an die andere Hand. »Wie soll ich Euch informieren?«
    »Telefoniere mit dem Sicheren Haus der Bretonen. Sie werden wissen, wie ich zu erreichen bin.« Derrien stand auf. »Pass gut darauf auf, vor allem, wenn du bei den Pikten bist! Sie sind gierig, wenn es um magische Artefakte geht.«
    »Sie werden bestimmt einige Zeit dazu brauchen, es zu entschlüsseln«, warf Keelin ein.
    »Ja. Trotzdem würde ich dir raten, es nicht aus den Augen zu lassen.« Er sah sich um. »Es wird Zeit, dass ich von hier fortkomme. Viel Glück, Keelin.«
    Er streckte ihr die Hand entgegen. Sie stand hastig auf und schüttelte sie. Der Schattenfeind wandte sich um und ging an den Reihen der Verwundeten vorbei nach draußen.
    Keelin sank mit einem Seufzer zurück auf die Liege und dachte nach. Wie kam es, dass ihr Leben immer dann, wenn sie glaubte, es in den Griff zu bekommen, noch komplizierter wurde als jemals zuvor?

WOLFGANG
     
    Schorfheide in Brandenburg, Deutschland
    Sonntag, 25. April 1999
    Die Außenwelt
     
     
    Der Übergang war wie immer ein Schock. In einem Moment befand sich Wolfgang in der Innenwelt, im nächsten in der Außenwelt, nur ein Lichtblitz lag dazwischen. Ein greller Lichtblitz, das musste man anerkennen, grell genug, ihm Tränen in die Augen zu treiben. Er wischte sich mit dem Ärmel über das Gesicht und wartete, bis die Falschfarben vor seinen Augen wieder verschwunden waren. Dann stand er auf.
    Er befand sich in einem lichten Birkenhain, in dem die Frühjahrsblumen blühten und Schmetterlinge und Bienen durch die Luft schwirrten. Der Runenstein aus rotem Granit ging beinahe unter im hochstehenden Gras. Über den Baumkronen strahlte der Himmel in schönstem Frühlingsblau, nur die Sonne war gerade hinter einer Wolke verborgen. Es war eine freundliche Frühjahrsidylle.
    Wolfgang verbeugte sich kurz vor dem Runenstein, bevor er sich umdrehte und zu dem efeubewachsenen Holzverschlag ging, der in etwa dreißig Metern Entfernung errichtet war. Er nahm sich eines der Fahrräder, steckte sich den Umhang in den Gürtel, um ihn nicht in die Speichen zu bekommen, und fuhr den schmalen Pfad entlang in Richtung des Lagers.
    Als er den Birkenhain hinter sich gelassen hatte, sah er etwas abseits im Wald eine Gruppe Männer mit Speeren und Bögen, die zwischen den Buchen und Eichen nach Wild suchten. Wolfgang reckte den Kopf, um ihren Ausbilder zu sehen, erkannte jedoch niemanden. Ein paar bemerkten ihn und grüßten ihn mit einer Handbewegung, als er vorbeiradelte, und er winkte zurück.
    Etwa eine Viertelstunde später erreichte er einen niedrigen Hügelkamm, von dem aus man das Lager gut überblicken konnte. Wie üblich herrschte ein reges Treiben, überall waren Leute draußen an der Sonne und gingen ihrer Arbeit nach. Verdammt, wenn er daran dachte, wie viele dieser Leute früher im Dreck der Großstadtstraßen gelebt hatten, dann hatten die Germanen ziemlich viel für sie erreicht! Sie hatten einen geregelten Tagesablauf, waren weg von Kriminalität, Drogen und Straßenstrich und besaßen außerdem eine Perspektive. Natürlich bestand so auch die Gefahr, im bevorstehenden Krieg ihr Leben zu verlieren, da musste man ehrlich sein, aber das Risiko zu sterben hatten sie auch auf der Straße.
    Er stieß sich mit dem Fuß ab und begann, den Hügel hinabzurollen. Es war Zufall, dass der Weg durch Gudruns Teil des Lagers führte, doch Wolfgang war das ganz recht. Er mochte das Mädchen, das früher Veronika geheißen hatte, ihre Ironie und besonders ihren Sarkasmus. Er hätte gegen ein Zufallstreffen nichts einzuwenden.
    Doch es sah nicht so aus, als ob es heute dazu kommen würde. Ganz im Gegensatz zum Rest war dieser Lagerabschnitt hier beinahe wie ausgestorben. Nirgendwo sah er Leute, nicht einmal die Alten, die sonst auf den Bänken saßen und sich die Sonne auf die Häupter scheinen ließen, nicht einmal die Kinder, die sich sonst zwischen den Zelten balgten und spielten. Auch war die Zeltstadt irgendwie viel aufgeräumter als sonst. Sonst freute er sich immer darüber, dass die Menschen hier ihre einstige Angst vor Diebstahl und Raub hinter sich gelassen hatten, wenn er Handwerkszeug und Ausrüstung zwischen den Zelten verstreut oder auf Arbeitsbänken liegen sah. Heute jedoch war alles weggeräumt. Irgendwie gefiel ihm das nicht.
    Wie auch immer …
Sein Auftrag war noch immer nicht zu Ende, und solange das nicht erledigt war, konnte er

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