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Schattensturm

Schattensturm

Titel: Schattensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Saumweber
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genug, sein gespieltes Erstaunen zu entlarven! Manchmal fragte er sich, ob Herwarth nicht doch irgendwelche Seherkräfte besaß. »Äh, ja. Nichts Schlimmes, ist nur ein Kratzer. Eine Ratte war etwas aufdringlich. In ein paar Tagen ist das wieder verheilt.«
Blöde Rattenmenschen mit ihren halbmagischen Krallen!
Sie hatten die Pforte bewacht, durch die Wolfgang im Zentrum Berlins nach Utgard 3 gewechselt hatte, und blöderweise hatten sie ihn auch noch dabei bemerkt. Aufmerksame Biester, diese Ratten, das musste man anerkennen.
    »Eine Ratte?«, fragte Herwarth stutzig. »Wieso eine Ratte? Bist du Wahnsinniger etwa durch eine ihrer Pforten gegangen?«
    »Aber Fürst –«, setzte Wolfgang zu einer Antwort an, doch Herwarth schnitt ihm das Wort ab.
    »Keine Ausflüchte! Sag mir, ob du durch eine Pforte gegangen bist!«
    »So etwas würde ich
nie
tun!« Wolfgang hob beide Hände abwehrend zu seinen Schultern, die Handflächen nach außen.
    »Gut, das will ich dir auch geraten haben!«, brummte Herwarth mit entspannterer Stimme.
Puh …
Dann jedoch sah der Fürst plötzlich misstrauisch auf und starrte ihm in die Augen. »Was meinst du damit, das würdest du nie tun? Nie durch eine Pforte gehen? Oder mir so etwas nie sagen?«
    Verdammt!
, fluchte Wolfgang innerlich.
Ertappt!
»Äh … Letzteres, nein, ich meine, Ersteres, also vielleicht …«
    Doch weiter kam er nicht, denn plötzlich öffnete sich die Tür, und ein Junge von acht oder neun Jahren lief herein, verschwitzt und heftig schnaufend. Er trug eine einfache Hose und ein Hemd aus ungefärbtem Leinen und er hatte strohblondes Haar und blaue Augen. Ihm dicht auf den Fersen waren die zwei Wachen von der Tür, die ihn bei den Schultern packten und ihn zurück zur Tür zerrten. »Verzeiht, Fürst, verzeiht!«, rief der eine, der gleichzeitig versuchte, sich vor Herwarth zu verbeugen und den Jungen festzuhalten. »Dieser Racker ist einfach an uns vorbeigerannt …«
    »Dann lasst ihn auch sprechen«, erwiderte Fürst Herwarth, »wenn er schon so schlau war, an euch Idioten vorbeizukommen!«
    »Jawohl, Fürst.« Peinlich berührt und mit hochrotem Kopf richtete sich der Mann auf und ließ den Jungen los.
    »Und seht zu, dass ihr diese Tür ein bisschen besser bewacht! Ist ja nicht gerade toll um meine Sicherheit bestellt, wenn sogar ein
Kind
an euch vorbeikommt!«
    »Jawohl, Fürst!« Der Mann verstand den Wink mit dem Zaunpfahl und eilte aus dem Raum, nicht ohne vorher seinem begriffsstutzigen Kollegen klarzumachen, was von ihm erwartet wurde.
    Der Fürst wandte sich dem Jungen zu. »So, und jetzt erzähl mal, was dich zu mir führt. Wie heißt du eigentlich?«
    »Sigvard«, meinte der Junge noch immer außer Atem. »Sigvard, Sohn des Sigmund.«
    »Und was hat dich dazu gebracht, hier einzudringen, Sigvard?« Dabei zwinkerte Fürst Herwarth ihm zu.
    »Herr Fürst, ich soll Euch sagen«, brachte Sigvard zwischen zwei Atemzügen hervor, »dass die Herrin Gudrun vorhat, ihre Männer kämpfen zu lassen.«
    Herwarth warf Wolfgang einen kurzen Blick zu. »Das ist doch nichts Ungewöhnliches. Jeder hier im Lager muss das. Jeder Germane muss kämpfen können.«
    »Ja, aber … Aber mein Vater sagt, dass sie mit
echten Waffen
kämpfen müssen! Er hat mich geschickt, um jemanden zu holen, der sie stoppen kann.«
    Oh, oh,
dachte Wolfgang.
    Herwarths buschige Augenbrauen zogen sich nach unten. »Er zähl mir, was passiert ist, Sigvard!«
    »Jawohl, Herr Fürst! Wir sind gestern los, die Herrin Gudrun und alle ihre Männer und viele ihrer Frauen und Kinder. Wir sind in den Wald gegangen bis zu einer großen Lichtung. Dort hat sie dann erklärt, dass die Männer sich zur Übung in zwei Gruppen einteilen sollen. Und dann hat sie gesagt, dass sie am nächsten Tag kämpfen würden, die eine Gruppe gegen die andere, um Leben und Tod. Mein Vater wäre am liebsten weggelaufen, aber sie hat Wächter dabei, die nicht kämpfen müssen und die die Leute bewachen. Herr Fürst, ich will nicht, dass mein Vater heute stirbt!« Und damit brach er plötzlich in Tränen aus.
    Wolfgang musste zugeben, dass ihm diese Geschichte nicht gefiel. Sie gefiel ihm
überhaupt
nicht. Verdammt, wenn das wahr war, dann hatten sie ein Problem. Ein gewaltiges
.
Germanen kämpften gegen Germanen? Und das auf Gudruns Veranlassung, des kleinen blonden Mädchens, das von sich behauptet hatte, eine Pazifistin zu sein? Es klang völlig unglaubwürdig, doch der Junge wirkte zuverstört, als dass es sich dabei um einen

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