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Schattensturm

Schattensturm

Titel: Schattensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Saumweber
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seinem Gesicht, das bei jedem anderen einfach nur idiotisch aussehen würde, bei ihm aber …
O Gott! Was ist das für ein Moment, um sich zu verlieben!
Sie bemerkte, wie Ugo Rolf mit dem Ellenbogen stieß und in seine Richtung deutete, sie bemerkte sogar das Zwinkern, das Rolf zurückgab, doch es war ihr plötzlich egal, während sie mit hochrotem Kopf darauf wartete, dass er endlich bei ihr ankam.
    Das tat er schließlich, und Veronika fühlte sich bescheuert. Ihr Kopf glühte wie eine rote Ampel, sie wusste, dass sie ihn anstarrte, doch sie war betrunken und schaffte es nicht, zur Seite zu sehen. Und was war das? Stand etwa auch noch ihr Mund offen?
Hallo? Du hast in deinem Leben schon einmal einen attraktiven Mann gesehen, oder, Veronika? Könntest du bitte aufhören, so zu tun, als ob nicht?
    Wolfgang klopfte mit der Faust auf den Tisch. »Die Herren Hauptmänner …« Er nickte ihnen zu. Die Männer wollten schon aufspringen, doch der Jarl machte eine zurückhaltende Geste. »Bleibt sitzen, bleibt sitzen! Ich bin eigentlich eher wegen eurer Herrin hier.«
    Bitte, Gott der Erde oder wer für so etwas zuständig ist, bitte mach, dass sich der Boden unter mir öffnet und mich verschlingt, jetzt und sofort, bevor etwas
wirklich
Peinliches passiert!
    Doch es geschah nichts. Offenbar gab es keinen Erdgott. Das germanische Götterpantheon hatte sie noch nicht ganz verinnerlicht. Ob es wohl Thor war, der mit seinem Hammer die Erde erzittern lassen konnte? Ob er wohl auch für das Im-Boden-Versinken zuständig war? Viel zu verspätet stellte sie fest, dass sie immer noch Wolfgang anstarrte!
    »Hallo, Gudrun!«, rief er, das Grinsen noch breiter als zuvor. Wenn jetzt etwas passierte, das ihn noch einen halben Zentimeter breiter grinsen ließ, würde die obere Hälfte seines Gesichts davonrutschen …
    Veronika musste kichern bei der Vorstellung. Wolfgang, der seinen Kopf verlor … Das war auch noch doppeldeutig … Wobei der Anblick eines halben Kopfes bestimmt ekelhaft war … »Hallo, Wolfgang«, gluckste sie verspätet.
Ich bin ja so besoffen …
    »Ich habe mir gedacht«, erklärte Wolfgang, »nachdem ich hier schon so viele Leute beim Tanzen gesehen habe –«
    O nein, du forderst mich jetzt nicht zum Tanzen auf, tu mir das nicht an, ich bin sturzbetrunken, wenn ich jetzt tanzen gehe, dann passiert ein ganz ganz großes Unglück!
    »- vielleicht könnte ich
dich
ja zum Tanzen auffordern! Was hältst du davon, Gudrun? Willst du mit mir tanzen?«
    JAAA! ,
schrie eine Stimme in ihr,
BLOß NICHT! ,
eine andere. Veronika wartete auf eine dritte Meinung, aber die kam nicht.
    »Ämmm …«, stellte sie ihre brillante Redegewandtheit unter Beweis, »ich weiß nicht, ich glaube, ich bin betrunken …« Eine kleine Veronika in ihrem Kopf tappte ungeduldig mit dem Fuß auf den Boden und knurrte:
Thor! Der Boden! Schnell! Bevor ich
noch
mehr Unsinn verzapfen kann!
    »Hier sind
alle
betrunken!«, erwiderte Wolfgang, obwohl er selbst kaum danach aussah. »Komm schon, lass dich doch nicht anbetteln!«
    Tu es nicht! ,
zischte die kleine Veronika in ihrem Kopf. Doch in diesem Moment begann Ugo, mit seinem Krug auf den Tisch zu klopfen. »GUD-RUN! GUD-RUN! GUD-RUN!« Und natürlich blieb er nicht der Einzige. Binnen weniger Sekunden schrie die ganze Versammlung ihren Namen.
    So viel dazu.
Sie
konnte
jetzt schon gar nicht mehr Nein sagen … Mit wackeligen Knien stand sie auf. »Wolfgang, ich bin betrunken«, murmelte sie. Vielleicht hatte er ja ein Einsehen mit ihr.
    Doch seine Antwort war nur ein lapidares »Ich weiß«.
    »Woher weißt du das?«, fragte sie ihn überrascht.
    »Weil du es gerade eben schon einmal gesagt hast. Und weil
ich
für den Schnaps in deinem Krug verantwortlich bin.« Er zwinkerte ihr zu. »Das war nur als kleine Revanche für heute Nachmittag gedacht.«
    »Wenn ich wieder nüchtern bin, töte ich dich!«, presste Veronika durch ihre Zähne.
Gleich nach Ugo …
    »Ich freue mich schon darauf!«, erwiderte Wolfgang süffisant.
    Damit betraten sie die Tanzfläche.

BATURIX
     
    Nördlich des Osterfjords, nahe Bergen, Norwegen
    Montag, 26. April 1999
    Die Innenwelt
     
     
    Es war ein düsterer Abend. Dunkle Wolken flossen zwischen den Bergen den Fjord entlang nach Osten, angetrieben von einem böigen, ungemütlichen Wind. Es war kalt und grau, und es regnete und regnete und regnete. Baturix tat, was bei einem solchen Wetter das einzig Vernünftige war: Er lag in seinen Schlafsack eingehüllt mit sieben

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