Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schattentänzer

Schattentänzer

Titel: Schattentänzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
Vom Netzwerk:
Feenfeld
    Es schien der blanke Wahnsinn, eine Fortsetzung meines Albtraums, der nun Wirklichkeit geworden war.
    Selbst zwei Tage nachdem wir Hals über Kopf aus Ranneng aufgebrochen waren, vermochte keiner von uns zu glauben, dass der legendäre Einsame Riese – also die sicherste Burg der Nordlande – zerstört, vernichtet und gefallen war. Dass die Armee des Unaussprechlichen sie vom Antlitz der Erde getilgt hatte.
    Wir alle waren davon ausgegangen, dass der Unaussprechliche seine Nase nicht hinter den Nadeln des Frosts hervorstrecken würde, solange das Horn des Regenbogens seine Kräfte noch nicht vollends eingebüßt hatte. Wir alle hatten gehofft, vor Mitte des Frühlings keinen Gedanken an ihn verschwenden zu müssen. Wer würde es schon wagen, sich winters durch die Öden Lande zu schlagen? Das war doch der blanke Wahnsinn!
    Doch der Unaussprechliche hatte es gewagt und uns einen schmerzlichen Schlag zugefügt. Der Orden fand sich vor vollendete Tatsachen gestellt. Und da alle Kräfte im Süden mit den Orks beschäftigt waren, hatte die Armee des Unaussprechlichen vor den Einsamen Riesen ziehen können, ohne auf Widerstand zu stoßen. Die Wilden Herzen waren ebenfalls nicht auf diesen Angriff vorbereitet, hielten den Feind aber dennoch vier Tage lang vor den Mauern. Sie kämpften so lange, bis ihre Kräfte versagten. Im Land gingen die schlimmsten Gerüchte um. Mal hieß es, alle Wilden Herzen seien gefallen, mal, ein Teil der Soldaten habe fliehen können. Hier wusste jemand zu berichten, die Mauern der Festung seien vom Kronk-a-mor zerstört worden, dort, der Unaussprechliche habe selbst unter den Wilden Herzen seine Anhänger und diese hätten ihm zu gegebener Zeit das Tor geöffnet.
    Ohne die Pferde zu schonen, jagten wir nach Awendum. Noch war nichts verloren, wir bräuchten ja nur Arziwus das Horn des Regenbogens zu übergeben, dann würde der Rat des Ordens es mit neuer Kraft aufladen. Ohne seine Magie war der Unaussprechliche ein Nichts – und mit seiner Armee würden wir schon fertig werden. Das müssten wir einfach.
    Der Unaussprechliche hatte den Zeitpunkt für den Angriff auf unser Land klug gewählt. Unsere Streitkräfte lagen im Süden, der Norden war verletzlich. Würde der König überhaupt genug Soldaten aufbieten können, wenn es zur entscheidenden Schlacht kommen sollte?
    Auf der Straße nach Awendum gab es kaum ein Durchkommen. Wenn nach dem Überfall der Orks alle gen Norden geflohen waren, dann zogen die Menschen nun zu Hunderten in den Süden oder nach Westen, immer in der Hoffnung, der Unaussprechliche möge diese Gebiete nicht heimsuchen. Sie waren zu Fuß und zu Pferde, mit Wagen, Karren und Schlitten, zuweilen auch in Kutschen unterwegs. Und sie alle träumten davon, den Ort, an dem bald ein Krieg ausbrechen würde, so weit wie möglich hinter sich zu lassen. Jedem einzelnen Gesicht war das Siegel der Angst eingeprägt.
    Egrassa sprengte ungeachtet der Schreie und Flüche durch diese Menge. Wir anderen versuchten, mit ihm mitzuhalten. Wir nahmen an einem Wettlauf teil, dessen Preis der Sieg im Krieg sein sollte. Es war eine irrsinnige Hatz, in der die Ausdauer der Menschen und der Pferde auf eine harte Probe gestellt wurde.
    Das erste Pferd stürzte am zweiten Tag. Es war Aals Tier. Der Garraker hatte noch rechtzeitig abspringen können und damit verhindert, dass er sich etwas brach. Den weiteren Weg setzte der Krieger auf Kli-Klis Pferd fort, wobei die Koboldin hinter ihm hockte. Am Abend vermochten unsere Pferde kaum noch ein Bein vor das andere zu setzen. Wenn wir sie jetzt weitertrieben, dürften wir die verbleibende Strecke nach Awendum auch zu Fuß zurücklegen.
    Am Rand eines großen und reichen Dorfes ließ Egrassa uns anhalten. »Wir übernachten hier. Ich hoffe, in einer Schenke wird sich ein Plätzchen finden.«
    »Ich bin bereit, unter freiem Himmel zu schlafen, wenn wir nur frische Pferde auftreiben«, erklärte Aal.
    Wir hielten auf ein Holzhaus zu, an dem ein Blechschild mit dem Zeichen der Gilde der Schankwirte und dem Namen der Schenke hing. Er lautete Y .
    »Was für ein ausgefallener Name!«, spottete Kli-Kli. »Wenn der Wirt ebenso originell ist, fürchte ich für meinen Bauch.«
    »Dann schlaf doch in einer Schneewehe«, schlug ich vor. »Wir wecken dich morgen früh.«
    »Was für ein lieber Junge du bist, Garrett!«, parierte die Koboldin. »Die reinste Wonne.«
    Am Ende war die Schenke gar nicht so schlecht. Vor allem war sie sauber. Und es gab kaum

Weitere Kostenlose Bücher