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Schattentänzer

Schattentänzer

Titel: Schattentänzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
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blickte auf den Boden des Kastens.
    Möglichst ohne auf die Knochen der toten Elfen zu treten, näherte ich mich dem Sarkophag. Die Elfen waren vermutlich hinterrücks angegriffen worden, die Träger hatten daraufhin den Sarg fallen lassen, so dass der Deckel heruntergerutscht war.
    Die dunklen Elfen hatten den Toten um den Preis ihres eigenen Lebens verteidigt. Aus Sicht der meisten Menschen war dergleichen höchst dumm, die Artgenossen Egrassas sahen das jedoch anders. Für die Fangzähne bedeutete das Haus mehr als das eigene Leben.
    Der Sargdeckel lag einen Yard entfernt, der Tote war zur Hälfte aus seiner letzten Ruhestätte geglitten. Ob sein Geist wohl beobachtet hatte, wie seine Verteidiger starben?
    Auf dem Kopf des Elfen saß eine Krone. Ein Platinreif mit schwarzen Brillanten, die sich mit kunstvoll gearbeiteten Rosen aus dunkel angelaufenem Silber abwechselten. Vor mir lag das Oberhaupt eines der dunklen Elfenhäuser.
    Mein Blick huschte über die Rüstung des links von mir liegenden Elfen, auf dessen Brustplatte eine Schwarze Rose eingraviert war. In einem der Bücher aus der Königlichen Bibliothek hatte ich eine kurze Geschichte über den Versuch gelesen, den man vor vierzig Jahren unternommen hatte, das Oberhaupt aus dem Hause der Schwarzen Rose in der zwölften Terrasse zu bestatten. Damals waren die dunklen Elfen gescheitert und hatten den Toten in der vierten Terrasse zurücklassen müssen.
    Sagoth weiß, was mich anfiel, doch nun ließ ich mich zu einer wirklich dummen Tat hinreißen (selbst nach meinen Maßstäben). Ich trat an die Gebeine heran und schob sie behutsam in den Sarg hinein, den ich anschließend richtig aufstellte.
    Bei der Plackerei fiel die Krone, die sich über vierzig Jahre auf dem Haupt des Toten gehalten hatte, mit widerlichem Scheppern zu Boden. Ich hob sie auf. Im Licht des »Feuers« erwachten die Brillanten zum Leben.
    Mir entfuhr ein Aufschrei der Verzückung. Bei Sagoth! Was für eine Schönheit! Und wie diese Steinchen erst im Sonnenlicht funkeln würden! Die Krone in der zweiten Terrasse, die der rosafarbene Strahl aus der Decke geschmolzen hatte, musste im Vergleich zu dieser hier geradezu als Tand gelten. Als Pferdescheiße gegenüber dem Nektar der Götter.
    Eine ganze Weile stand ich stocksteif da und kämpfte gegen mich selbst. Ein Teil von mir wollte das wertvolle Stück an sich nehmen, schließlich brauchte der Tote es ja nicht mehr, während es mir Unsummen einbrächte. Ein anderer Teil mahnte mich jedoch zur Vernunft und erinnerte mich daran, dass es noch nie jemandem gelungen sei, einen Elfen aus einem der Herrscherhäuser zu bestehlen, mochte er nun leben oder tot sein.
    Diesmal gab meine Gier Ruhe. Soll doch Sagoth mit diesen Klunkern glücklich werden! Elfen waren über den Tod hinaus rachsüchtig. Deshalb setzte ich dem Toten den schwarzen Reif lieber wieder auf den Kopf. Weile im Licht, König, und verzeih, dass ich deine Ruhe gestört habe!
    Da fiel mein Blick auf den S’kasch mit dem Nephritgriff, der zu meinen Füßen lag. Ich nahm die Klinge auf. Sie war eines Herrschers würdig. Als ich sie dem Elfen auf die Brust legte, stieg mir ein hauchzarter Duft wilder Rosen in die Nase. Ich bettete die Hände auf den Schwertgriff, erst die linke, dann die rechte. Plötzlich packte die rechte Hand des Toten die meine. Kälte rieselte mir über die Haut. Doch noch bevor ich meine Hand verängstigt wegziehen konnte, fiel die des Elfen wieder auf sein Schwert.
    Ängstlich wich ich von dem Sarg zurück. Meine Hand hatte ich fest zur Faust geballt – denn am Rande meines Bewusstseins hatte ich gemerkt, dass mir der Tote etwas zugesteckt hatte. Voller Furcht, mir spränge gleich ein Feuerskorpion ins Gesicht, öffnete ich die Faust.
    Eine Sternschnuppe!
    Die allerdings leise klirrte, als sie zu Boden fiel. Ich bückte mich, um den gefallenen Stern aufzunehmen, der schon nicht mehr kalt war, sondern eine sanfte Wärme ausstrahlte. Da entfuhr mir ein zweiter Ausruf des Entzückens.
    Auf meinem Handteller funkelte ein Fingerring, der in seiner Eleganz der Krone des Oberhaupts aus dem Hause der Schwarzen Rose in nichts nachstand. Zwei verschlungene Fäden aus schwarzem Silber und Platin, in der Mitte ein schwarzer Brillant. In seinen Seiten, die im Licht des »Feuers« lebendig schienen, tanzten alle Farben des Regenbogens. Ob der Stein magisch aufgeladen war? Na gut, er würde nicht so viel einbringen wie die Krone – aber er stand doch für acht sorglose Jahre in

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