Schattentänzer
großer Höhe herabstürzt. Von der Quelle dieses unerklärlichen Geräuschs schienen mich noch etliche Yard zu trennen. Auch die Brücke hatte noch immer kein Ende.
Irgendwann stolperte ich förmlich über einen Soldaten von Balistan Pargaide. Sein Blut bildete eine Lache auf der Brücke. Der Tote war enthauptet worden, ich konnte den Kopf aber nirgendwo entdecken, er musste in die Tiefe gefallen sein. Lange zu überlegen, wie der Mann seinen Kopf eingebüßt haben mochte, brauchte ich nicht. Mit Sicherheit hatte der Graf den aufmüpfigen Burschen abgestraft. Obwohl: Das war eigentlich nicht Pargaides Stil. Also hatte wahrscheinlich mein guter, alter Freund Bleichling die Finger im Spiel.
Ich verzog das Gesicht, als litte ich unter Zahnschmerz, und stieg über den Toten hinweg, wobei ich zwangsläufig ins Blut treten musste. Wenn ich jetzt bloß Wasser fand, um meine Stiefel zu säubern! Viele Untiere wittern das liebliche Aroma selbst aus der Entfernung von über einer League, und ich wollte ihre Aufmerksamkeit nicht leichtfertig auf mich ziehen.
Ich warf einen letzten Blick auf den Toten – und erstarrte. Was für eine Klinge hatte den Unglücklichen um seinen Kopf gebracht? Wenn das ein Schwert gewesen war, dann musste es sich um das stumpfeste Schwert des Universums gehandelt haben. Der Schnitt war ausgefranst, die Haut hing in Fetzen herab, das Fleisch war an manchen Stellen herausgerupft … Alles sah danach aus, als habe jemand diesem Mann den Kopf kurzerhand abgerissen. Ich beugte mich über den Körper und hielt das »Feuer« an ihn, um mir die Wunde genauer zu besehen.
Genau das rettete mich.
Aus dem Dunkel sprang etwas heran, pfiff über mich hinweg und verschwand dann wieder in der Finsternis. Vor Schreck wäre ich beinahe von der Brücke gestürzt. Ich richtete mich auf und hielt verängstigt das »Feuer« bald zur einen, bald zur anderen Seite, um die Finsternis zu vertreiben.
Diesmal hörte ich das Klatschen von Flügeln und duckte mich rechtzeitig weg. Schreckliche Klauen, die mir den Kopf abreißen wollten, pflügten durch die Luft. Das Wesen stieß ein enttäuschtes Knurren aus und verschwand wieder im Dunkeln. Ich legte das »Feuer« auf die Brücke, kauerte mich hin und riss mit flatternden Fingern die Armbrust von der Schulter. Aber wenn sogar Lathressas Magie nicht alle Männer hatte retten können, was sollte dann meine Armbrust ausrichten?
Schon hielt das Wesen mit einem Triumphschrei im Sturzflug auf mich zu. Ich wich seitlich aus und wäre dabei erneut fast in der Tiefe gelandet. Das Wesen versuchte mit verzweifelten Flügelschlägen abzubremsen, um nicht auf der Brücke aufzuschlagen. Derweil feuerte ich den ersten Schluss ab. Natürlich schlug er fehl.
Unterdessen tauchte bereits ein zweites Untier im Lichtkreis auf. Ich musste nach vorn springen, um nicht Bekanntschaft mit seinen Klauen zu schließen. Wieder erklang das enttäuschte Knurren. Mit einer akrobatischen Höchstleistung schaffte ich es, mir das »Feuer« zu schnappen, den Flugungeheuern auszuweichen und die Brücke hinunterzupreschen. Ich hoffte inständig, die Biester abzuschütteln.
Vergeblich.
Das Schlagen der Flügel hinter mir setzte mich davon in Kenntnis, dass sich meine Verfolger näherten. Ich strauchelte, das erste Monster sauste über mich hinweg und rührte dabei die Luft auf. Noch bevor es aus dem Lichtkreis wieder herausfliegen konnte, bohrte sich der zweite Bolzen, der noch in der Armbrust steckte, in seinen Körper. Das Wesen stieß ein Gurgeln aus, krachte auf die Brücke und schlug in seinem Todeskampf mit den hautartigen Flügeln.
Daraufhin vergaß mich das zweite Monster völlig, fiel über seinen Artgenossen her und riss ihm gewaltige Fleischstücke aus dem Körper. Sofort packte ich die Gelegenheit beim Schopfe, legte zwei Bolzen ein, zog den Hebel, der die Sehne spannte, zielte und jagte die Geschosse in den Kopf des Untiers. Dieses hauchte unverzüglich sein Leben aus – was Sagoth meinen heißen Dank eintrug.
Bei näherer Betrachtung wirkten die Flugungeheuer gar nicht mehr so riesig. Irgendwie erinnerten sie mit den überlangen Flügeln, den winzigen Körpern, dem Kopf mit der hufeisenförmigen Nase, den großen Ohren und den riesigen schwarzen Augen an Fledermäuse – nur dass die Krallen ihrer Hinterpfoten die Größe von Dolchen hatten.
Das Erstaunlichste an diesen hundsgroßen Fledermäusen war jedoch, dass es sich um Lebewesen handelte, in denen kein Fünkchen Magie steckte. Was
Weitere Kostenlose Bücher