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Schattentänzer

Schattentänzer

Titel: Schattentänzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
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Seufzer des Bedauerns auf, strich mir die Krümel von den Händen, nahm meine Flasche und betrat einen breiten Gang, an dessen Wänden Fackeln Rußflecke hinterlassen hatten. Ich fuhr mit dem Fingernagel darüber. Die waren frisch. Von wem sollten die wohl stammen, wenn nicht von Lathressa? Sie musste sich Flügel gezaubert haben – und ich würde sie nie einholen.
    Die Wände in den Sälen, durch die ich nun zog, wurden von Ornamenten geziert, die sich zu einer Art Chronik fügten. Vor mir entfalteten sich auch noch die unbedeutendsten Ereignisse aus der Geschichte Sialas, die weiß der Unaussprechliche wie viele Jahrtausende zurücklagen. Doch die Kunstwerke der Orks und Elfen genauer zu betrachten, dazu fehlte mir die Zeit. Und auch der Wunsch.
    Der Boden bestand aus einem roten Mineral und bildete eine Art Spiegel. Damit gingen nun gleich zwei Garretts durch die Säle. Da die Fliesen aus irgendeinem Grund rutschig waren, gab ich einem kindlichen Verlangen nach, holte Anlauf und schlitterte, als läge eine Eisbahn unter mir.
    Nach gut einer Stunde traf ich vor dem Eingang zum nächsten Saal auf zwei Statuen von vier Yard Höhe, rechts einen Ork, links einen Elfen. Beide trugen lockere Gewänder, die von einem Gürtel oder einer Kette gehalten wurden, beide führten ein Langschwert mit welliger Klinge, wie es sonst keine der beiden Rassen bevorzugte. Der Elf und der Ork hielten sich die Ohren zu. Da wusste ich, was gleich kam.
    Wumm! WumM! WuMM! WUMM !!!
    Das dröhnende Echo meiner Schritte hätte mich beinahe ertauben lassen! Das Dröhnen schwoll an, ging in das Tosen eines Wasserfalls über, verwandelte sich in das erzürnte Gebrüll der Götter und verebbte spurlos.
    »Ganz ruhig!«, flüsterte ich, und das Echo nahm meine Worte sofort auf, um sie durch Hrad Spine zu tragen.
    Ruhig! RuhiG! RuhIG! RuHIG! RUHIG !!!
    Ich verzog das Gesicht, als litte ich unter Zahnschmerzen. Wer der ganzen Welt seine Anwesenheit verkünden wollte, der bräuchte in den Sälen des Schlummernden Echos bloß seinen Namen auszuposaunen. Noch das leiseste Geräusch zog ein Echo nach sich, das die Toten in einem Umkreis von einer League aus ihren Gräbern holte.
    Ich versuchte, meine Füße lautlos zu setzen. Doch vergeblich. Wohl oder übel zog ich die Stiefel auf und lief barfuß weiter. Zum Glück erwies sich diese Maßnahme als hilfreich, sodass ich nicht länger zu befürchten brauchte, auf einer anderen Terrasse Hrad Spines gehört zu werden. Wenn der vermaledeite Spiegel nur nicht ganz so kalt gewesen wäre …
    Schon kurz darauf, als meine Zehen bereits halb abgestorben waren, brachte mich mein Weg an einen unterirdischen Fluss, der von marmornen Ufern gebändigt wurde. Das schwarze Band glatten Wassers kam aus einem Loch in der Bernsteinwand geflossen und verschwand wieder in einem Loch in der gegenüberliegenden Wand.
    Damit versperrte mir der Fluss in formvollendeter Manier den Weg. Früher hatte es eine Brücke gegeben, doch von ihr war nur ein steinerner Stumpf geblieben, der nicht mehr als ein Viertel Yard maß. Immerhin bot sich mir die Möglichkeit, meine Flasche aufzufüllen – was ich denn auch sogleich tat.
    Der Fluss war zwar nur drei oder dreieinhalb Yard breit, der Boden jedoch derart rutschig, dass ich fürchtete, nicht recht Anlauf nehmen zu können. Ich zog die Stiefel wieder an und wagte es dennoch. Was blieb mir auch anderes übrig? Für den Bruchteil einer Sekunde stockte mir das Herz, da ich glaubte, doch noch im Wasser zu landen. Aber dann setzten meine Füße auch schon auf dem gegenüberliegenden Ufer auf. Natürlich fand ich keinen Halt, fiel hin und schlitterte mindestens zehn Yard der Länge nach ausgestreckt weiter über den Boden. Wie schon gesagt: Das war die reinste Eisbahn!
    »Beim Dunkel aber auch!«, schimpfte ich – und begriff erst jetzt, dass das Echo meine Worte nicht mehr wiederholte.
    Die Säle des Schlummernden Echos lagen hinter mir.
    Das Labyrinth der fünften Hand, so hieß der Ort, an den es mich nun verschlagen hatte. Eine Reihe schmaler und geschlängelter Gänge und Säle mit einer unüberschaubaren Zahl von Ein- und Ausgängen. Ein falscher Schritt, eine falsche Abzweigung – und ich würde für immer in ihnen umherirren und den rettenden Ausgang nicht finden, auch wenn er sich keine fünf Yard entfernt befand. Es war ein schrecklicher Ort. Und ein so trister, als habe es sich im Herbst eingeregnet. Wenigstens spendeten auch hier magische Fackeln Licht.
    Die Fünfte Hand laugte

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